Johann Michael Fischer (1692–1766)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  26. Februar 1692 Burglengenfeld     Oberpfalz, Bayern D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Herzogtum Neuburg     Regensburg  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  7. Mai 1766 München     Bayern D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Kurfürstentum Bayern     Freising  
  Kurzbiografie        
  Johann Michael Fischer ist der letzte grosse Baumeister des süddeutschen Spätbarock, der seine Bauwerke nicht nur plant, sondern auch eigenverantwortlich ausführt. Dies unterscheidet ihn vom Altersgenossen in würzburgischen Hofdiensten, dem ebenfalls grossen Baumeister-Architekten Balthasar Neumann. Die böhmischen Wurzeln der Architektur sind bei beiden unverkennbar. Mit den beiden Hauptwerken Zwiefalten und Ottobeuren gelingt Fischer eine Schlusssynthese der Wandpfeiler-Emporenbauweise.
Seine Hauptwerke
Klosterkirchen in Diessen am Ammersee, Ingolstadt, Fürstenzell, Zwiefalten, Ottobeuren, Rott am Inn und Altomünster.
Kirchen St. Anna im Lehel und Berg am Laim in München.
    FischerDiessen  
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Ausgeführte Werke von Johann Michael Fischer:
Die  Werkliste nach Gabriele Dischinger. Aufgeführt sind nur unter der Leitung Fischers ausgeführte und gesicherte Werke, ohne Zuschreibungen. Daten entsprechen der Zeitspanne von Fischers Engagement ab Ausführungsplanung.

Jahr Ort Werk Ort (heute)
1718−1720 Schlehdorf. Augustiner-Chorherrenstift. Ausführung Klosterneubau als Palier von Johann Mair. Schlehdorf (Bad Tölz, Oberbayern).
1721 Lichtenberg. Kurfürstlich-bayrisches Jagdschloss. Pferdestallungen. Ausführung als Palier von Johann Mair auf Grundlage von Plänen Enrico Zuccallis. Scheuring (Landsberg am Lech, Oberbayern).
1723−1726 Niederalteich. Benediktinerabtei. Stiftskirche St. Mauritius. Fischer baut nach der Entlassung des ursprünglichen Baumeisters Perwanger den Chor neu. Niederalteich (Deggendorf, Niederbayern).
1723−1726 Schärding (Kurbayern). Pfarrkirche St. Georg. Beginn des Neubaus durch Jakob Pawanger, dann 1722 Weiterführung durch Johann Baptist Gunetzrhainer, der an Fischer übergibt. Schärding (Oberösterreich).
1723−1727 Deggendorf. Wallfahrtskirche zum heiligen Grab. Ausführung des Turmneubaus nach Planung von Johann Baptist Gunetzrhainer. Deggendorf (Deggendorf, Niederbayern).
1725−1726 Kirchham. Pfarrkirche St. Martin. Langhausneubau und Chorumbau.
1914 durch Brand zerstört.
Kirchham
(Passau, Niederbayern).
1726−1729 Osterhofen. Prämonstratenserabtei. Stiftskirche St. Margaretha. Neubau unter Beibehaltung der romanischen Westtürme. Osterhofen-Altenmarkt (Deggendorf, Niederbayern).
1726−1734 München. Hieronymitanerkloster im Lehel. Kloster und Kirche St. Anna. Neubau. Baubeginn Kirche 1726. Einweihung 1737. Baubeginn Kloster 1729. Zerstörung 1944. 1950−1971 Rekonstruktion. München
(München, Oberbayern).
1727−1728 Rinchnach. Propstei der Benediktinerabtei Niederalteich. Stiftskirche St. Johannes Baptist. Neubau Langhaus innerhalb alter Umfassungsmauern. Gewölbe in Langhaus und Chor. Rinchnach
(Regen, Niederbayern).
1728−1731 Seefeld. Schloss der Grafen Törring-Seefeld. Wirtschaftshof.. Neubauten von Bräuhaus und Remise, 1739 auch des Torhauses. Seefeld (Starnberg, Oberbayern).
1728−1741 Diessen am Ammersee. Augustiner-Chorherren-Propstei. Stiftskirche Mariä Himmelfahrt. Neubau der Stiftskirche auf schon 1720 begonnenen Fundamenten. Baubeginn 1732, Einweihung 1739. Klosterabbruch 1803. Turmrekonstruktion 1986. Diessen (Landsberg am Lech, Oberbayern).
1730−1732 Unering. Filialkirche St. Martin in der gräflich Törringischen Herrschaft Seefeld. Neubau. Baubeginn 1731. 1836 Veränderung durch Anbau eines neugotischen Turmes. Unering (Starnberg, Oberbayern).
1730−1737 Niederalteich. Benediktinerabtei. Türme der Stiftskirche St. Mauritius. Neubau der Obergeschosse der beiden Westtürme. 1813 neue Turmhelme anstelle der barocken Kuppeln. Niederalteich (Deggendorf, Niederbayern).
1731−1733 Niederviehbach. Kloster der Augustiner-Eremitinnen. Klosterneubauplanung und Teilausführung (Nordflügel). Als Palier wird Martin Wöger genannt. Niederviehbach (Dingolfing-Landau, Niederbayern).
1731−1738 Bergkirchen. Pfarrkirche St. Johann Baptist. Neubau unter Einbeziehung des alten Turms. Fresken von Johann Zick werden 1884 abgeschlagen, 1921 der Innenraum verändert. Bergkirchen
(Dachau, Oberbayern).
1732−1733 München. Haus des Hammerschmieds Stögmüller. Ausbau und Erneuerung des Hauses. 1840 Abbruch für den Bau der Feldherrenhalle. München
(München, Oberbayern).
1734−1735 Aicha vorm Wald. Pfarrkirche St. Peter und Paul. Umbau. Fertigstellung einer unvollendeten Barockisierung Aicha vorm Wald (Passau, Niederbayern).
1734−1735 Pleinting. Pfarrhof. Neubau, auf Grundlage von Plänen Jakob Pawangers. Abbruch 1973. Vilshofen
(Passau, Niederbayern)
1734−1740 Ingolstadt. Kloster der Augustiner-Eremiten. Stifts- und Wallfahrts-kirche Unserer Lieben Frau. Neubau. Baubeginn 1736. Bedeutendster Zentralbau Fischers. Teilzerstörung durch Sprengbomben 1945. Abbruch 1950. Ingolstadt
(Ingolstadt, Oberbayern).
1735−1739 Aufhausen. Oratorianer- Stifts- und Wallfahrtskirche Maria Schnee. Neubau, ohne den ebenfalls geplanten Klosterbau. Kriegsbedingter Unterbruch 1742. Turm 1762. Aufhausen
(Regensburg, Oberpfalz).
1737−1744 München. Bruderschaftskirche St. Michael in Berg am Laim. Bauherr: Kurkölnische Erzbruderschaft. Neubau. Nach einem Projekt Fischers wird 1738 dem Palier Cuvilliés,  Köglsperger, die Ausführung übertragen. Fischer wehrt sich und kann den Bau 1739 übernehmen. Einweihung 1751. München
(München, Oberbayern).
1740 Ochsenhausen. Benediktiner-Reichsabtei. Ostflügel. Mittelrisalit im Ostflügel, als Überarbeitung der Planung von Christian Wiedemann. Ochsenhausen (Biberach, Tübingen).
1739−1744 Fürstenzell. Zisterzienserabtei. Stiftskirche Mariä Himmelfahrt. Neubau auf Fundamenten und begonnenen Mauern eines entlassenen Vorgängers. Einweihung 1748. Fürstenzell
(Passau, Niederbayern).
1741−1750 Zwiefalten. Benediktiner-Reichsabtei. Stiftskirche (Münster) Unserer Lieben Frau. Neubau, mit Berücksichtigung bereits begonnener Bauteile. Palier Martin Wöger. Zwiefalten (Reutlingen, Tübingen).
1745−1746 Polling. Augustiner-Chorherrenstift.
Märzenbier-Keller.
Neubau des mächtigen Ökonomie-gebäudes mit Kellergewölben. Polling (Weilheim-Schongau, Oberbayern.
1745−1749 Unterapfeldorf. Pfarrhof.
Bauherr: Augustiner-Chorherrenstift Polling.
Neubau. Baubeginn 1747. Unterapfeldorf (Landsberg am Lech, Oberbayern).
1747 Aufkirchen. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Kirchturm. Neubau nach Planung Fischers. Einsturz 1783. Aufkirchen (Starnberg, Oberbayern).
1748−1757 Ottobeuren. Benediktiner-Reichsabtei. Stiftskirche St. Theodor und Alexander. Neubau, auf Grundlage bereits begonnener Fundationen im Turmbereich Nord. Palier ist Martin Wöger. Einweihung 1766. Ottobeuren
(Unterallgäu, Schwaben).
1749−1750 Benediktbeuern. Benediktinerabtei. Anastasiakapelle. Neubau der Kapelle an der Klosterkirche. Einweihung 1758. Benediktbeuern
(Bad Tölz, Oberbayern).
1750−1753 Bichl. Pfarrkirche St. Georg. Bauherr Abtei Benediktbeuern. Neubau unter Einbezug des bestehenden Turms. Einweihung 1758. Bichl
(Bad Tölz, Oberbayern).
1750−1758 Wiblingen. Benediktinerabtei. Ostflügel. Neuplanung des Ost- und Südflügels mit Umplanung Kirche, deshalb Verlängerung des Ostflügels durch Fischer. Ausführung nur Ostflügel. Palier Simon Frey. Ulm-Wiblingen
(Ulm, Tübingen).
1751−1755 Schäftlarn. Prämonstratenser-Abteikirche St. Dionysius und Juliana. Ausführung des Neubaus nach Plänen von Johann Baptist Gunetzrhainer, nachdem dieser den von François Cuvilliés 1733 begonnen Neubau nochmals plant. Einweihung 1760. Schäftlarn
(München, Oberbayern).
1754 München. Sommerhaus Knöbl. Neubau. Abbruch bei Überbauung der Maxvorstadt im 19. Jahrhundert. München
(München, Oberbayern).
1754 Sigmertshausen. Hofmark- und Wallfahrtskirche St. Vitalis. Bauleitung des Neubaus nach Plänen von Johann Baptist Gunetzrhainer. Röhrmoos (Dachau, Oberbayern).
1755 München. Sommerhaus für das Hofwaisenhaus. Neubau. Abbruch bei Bau der Schwanthalerstrasse im 19. Jahrhundert. München
(München, Oberbayern).
1755 Strasslach. Filialkirche St. Peter und Paul des Klosters Schäftlarn. Turmneubau. Strasslach (München, Oberbayern).
1755−1756 Aibling. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Neuwölbung und Verlängerung Langhaus. Bad Aibling (Rosenheim, Oberbayern).
1755−1756 Endlhausen. Pfarrkirche
St. Valentin. Bauherr: Abtei Schäftlarn.
Langhausvergrösserung und Turmerneuerung. 1866 durch Umbau verändert. Egling
(Bad Tölz, Oberbayern).
1756 München. Pötschnersches Benefiziantenhaus. Neubau an der Sendlinger Strasse. Abbruch 1825. München
(München, Oberbayern).
1756 München. Sommerhaus Solaty. Neubau. Abbruch bei Bau des Kaufhofes. München
(München, Oberbayern).
1757−1759 München. Gartenschloss des Herzogs Clemens Franz von Pauli. Neubau. Die Gesamtanlage wird erst bis 1771 ausgeführt. Abbruch 1896. München
(München, Oberbayern).
1758−1762 Rott am Inn. Benediktinerabtei. Stiftskirche St. Marianus und Anianus. Neubau. Baubeginn 1759. Einweihung 1763. Rott am Inn (Rosenheim, Oberbayern).
1759−1760 Babenhausen. Rechbergbau im Schloss der Grafen Fugger-Boos. Umbau. Babenhausen (Unterallgäu, Schwaben).
1763−1765 Altomünster. Birgitten-Klosterkirche St. Alto. Neubau unter Einbeziehung des alten Mönchchors und des alten Turmuntergeschosses. Altomünster
(Dachau, Oberbayern).

 

Vom damals erfolgreichsten Baumeister Süddeutschlands existiert kein Porträt. Im Hauptfresko von Diessen schauen an einer Balustradenbrüstung drei offensichtlich als Künstler porträtierte Personen dem Treiben zu. Der mittlere Mann ohne Kopfbedeckung soll der zu diesem Zeitpunkt 44-jährige Johann Michael Fischer sein.
Bildquelle: Andreas Praefcke in Wikipedia.

Johann Michael Fischer (1692–1766)

«Bürger und Maurermeister in München»
Baumeister des Spätbarock in Bayern und Schwaben

Burglengenfeld, Gesellenjahre, Palier und Maurermeister in München

Johann Michael Fischer wird am 26. Februar 1692 in Burglengenfeld geboren. Er ist der erste Sohn des gleichnamigen Maurermeisters und seiner Ehefrau Elisabeth Grassenhiller.[1] Sein Vater stammt aus dem kurbayrischen Nabburg in der Oberpfalz, das wie Burglengenfeld an der Naab liegt. Burglengenfeld ist damals noch Hauptort des nördlichen Teils des Herzogtums Neuburg. Johann Michael erlernt wahrscheinlich bei seinem Vater das Handwerk und zieht als Geselle um 1712−1717 durch Mähren und Böhmen. Er kommt hier in Kontakt mit der damals eigenständigsten Barockarchitektur Europas, die auf eine ganz spezifische Weise die Bauten der italienischen Barockbaumeister Borromini und Guarini umsetzt. Die Prager Baumeister Christoph Dientzenhofer und Johann Santini Aichel, aber auch der Wiener Johann Lucas von Hildebrandt, sind die führenden Vertreter dieser neuen Schule.[2] Johann Michael Fischer kann die böhmischen Wurzeln in all seinen späteren Bauten nie verleugnen. Er verfolgt die Entwicklung in Böhmen auch nach der Wanderschaft und nimmt auch Anregungen von Bauten Kilian Ignaz Dientzenhofers auf.[3]
1718 ist er in München. Hier ist sein Onkel Johann Kaspar Fischer als kurfürstlicher Mundbeck tätig.[4] Johann Michael wird Palier des Stadtmaurermeisters Johann Mayr.[5] Trotz dessen Protektion kann er sich erst 1723 in die Maurerzunft einkaufen und erhält 1724 die Anerkennung als Maurermeister. Er ist jetzt Bürger und Maurermeister in München. Inzwischen hat ihm der Stiefsohn des Stadtmaurermeisters, der Hofunterbaumeister Johann Baptist Gunetzrhainer,[6] mit dem Weiterbau des Langhauses der Pfarrkirche von Schärding den ersten eigenen Bauauftrag vermittelt. Fischer arbeitet nach Plänen Gunetzrhainers. 1724 vermittelt dieser auch den Neubau des Kirchturms von Deggendorf. Fischer erwirbt sich bei der Lösung bautechnischer Problem schnell einen guten Namen. Die Benediktinerabtei Niederalteich zieht ihn für den Chor der Stiftskirche bei, den der Passauer Baumeister Jakob Pawanger mit ungenügender Fundierung begonnen hat.[7] Der Chor wird 1724 vom Trupp Fischer abgebrochen und bis 1726 neu erstellt.

Familie

Der jetzt völlig selbstständige und schon als «Paumeister» bezeichnete Johann Michael Fischer heiratet 1725 die Tochter seines ersten Arbeitgebers in München, Maria Regina Mayr.[8] Ihr Stiefbruder ist Johann Baptist Gunetzrhainer. Die Verschwägerung mit der Baumeistersippe Gunetzrhainer eröffnet für Fischer ideale Kontakte zur Berufskollegenschaft, zum Hofbauamt und zu potenten adeligen und geistlichen Bauherrschaften. So sind der Propst Herculan Karg von Diessen und weitere spätere Bauherren ehemalige Klassenkameraden des Schwagers. Fischer gründet seinen Hausstand im Anwesen des Schwiegervaters, zieht 1726 ein erstes Mal um und kauft 1736 am heutigen Frauenplatz als endgültige Heimstatt ein grosses Wohnhaus für die Familie und das Baubüro. Bis 1745 hat das Ehepaar Fischer 18 Kinder, davon erreichen nur zwei Söhne und drei Töchter das Erwachsenenalter. Der 1725 geborene Sohn Johann Ferdinand tritt als Pater Maurus ins Benediktinerkloster Weihenstephan ein, der 1733 geborene Franz Xaver Johann Nepomuk muss schon früh gestorben sein. Die drei Schwiegersöhne sind nicht vom Baufach, sodass nach dem Tod des Baumeisters Fischer nicht nur das Geschlecht, sondern auch das Unternehmen erlischt.

Erste Schaffensperiode 1725 bis 1734

Die ersten Bauwerke in Schärding, Deggendorf und Niederalteich, zu denen sich 1725 die Pfarrkirche von Kirchham als neuer Auftrag gesellt, sind für den Geistlichen Rat in München genügend Referenzen, um Fischer dem Prämonstratenserabtei Osterhofen für den Neubau der Stiftskirche zu empfehlen.[9] Er löst hier den Misoxer Klosterbaumeister Antonio Rizzi ab.[10] Im Frühwerk Osterhofen, das er 1726−1729 baut, gelingt Fischer eine Verschmelzung der traditionellen Wandpfeilerbauweise der Vorarlberger mit der kurvierten böhmischen Architektur in der Tradition von Borromini und Guarini.[11] Er verwendet aber die Kurvierung nur in der Gestaltung der Abseiten und in den freischwingenden, vorgewölbten Emporen, die an Theaterlogen erinnern. Das Gewölbe ist ein einfaches, aber gemauertes Tonnengewölbe, ohne die bei böhmischen Baumeistern sogar sphärisch gekurvten Gurtbögen.[12] Die Kirche ist eine geniale Gestaltungsleistung Fischers. Vollendet wird sie bis 1731 mit der Stuck- und Freskenausstattung von Egid Quirin und Cosmas Damian Asam. In der allgemeinen Wertschätzung gilt Osterhofen deshalb als typische Asamkirche.
Gleichzeitig mit Osterhofen plant und baut Fischer für die kleine Gemeinschaft der nach München gezogenen Hieronymitaner-Eremiten Kloster und Klosterkirche im Vorort Lehel. 1726−1729 baut er die Kirche St. Anna im Lehel, 1729−1733 das anschliessende Kloster. Wieder erstellen die Brüder Asam Stuck, Fresken und Ausstattung. Die Kirche ist der erste Zentralbau Fischers, eine völlig eigenständige Schöpfung, aber mit Wurzeln im böhmischen Smiřice und im bayrischen Freystadt.[13] Das Bauwerk brennt 1944 aus und wird nach dem Krieg rekonstruiert.
Einen weiteren grossen Sakralbauauftrag erhält Fischer 1728 vom Propst Herculan Karg in Diessen am Ammersee, einem ehemaligen Schulfreund des Schwagers Gunetzrhainer. 1732−1741 baut er die neue Stiftskirche des Augustiner-Chorherrenstifts. Sie ist ein Umbau eines schon begonnenen Neubaus. Fischer erbringt regelmässig Höchstleistungen, wenn er bestehende oder schon begonnene Bauteile in die Neuplanung einbeziehen muss, so auch in Diessen. Sie ist eine reine Wandpfeilerkirche. Im Langhaus setzt Fischer das steil ansteigende und überhöhte Tonnengewölbe nur im Vorjoch zur Chorkuppel und im Emporenjoch durch Gurtbögen ab. Damit schafft er für die Deckenfresken Johann Georg Bergmüllers beste Voraussetzungen. Diessen ist eine Spitzenleistung spätbarocker Architektur und in Verbindung mit der Ausstattung, «der bedeutendsten unter allen südbayrischen Abteikirchen»,[14] ein Gesamtkunstwerk von festlich heiterer Vornehmheit. Dazu trägt auch der mit Fischer eng zusammenarbeitende und die Ausstattung entwerfende Hofarchitekt François Cuvilliés bei.

1735 bis 1739: Ingolstadt, Aufhausen, Berg am Laim

In Schaffensperiode von 1735 bis 1739 baut Fischer drei Meisterwerke europäischer Sakralbaukunst. Es sind die Kirchen in Ingolstadt, Aufhausen und München-Berg am Laim. Alle drei sind Zentralräume auf dem Grundriss eines ungleichschenkligen Oktogons. Eine der breiteren Hauptachsen wird mit Chor und Eingangszone verlängert. So hat schon 1700 Viscardi seine Mariahilfkirche in Freystadt geplant. Sie ist eines der Vorbilder für den daraus resultierenden Acht-Arkaden-Raum, den Fischer immer wieder verwendet, zuletzt in Rott am Inn und in Altomünster. Ingolstadt ist der erste dieser beindruckenden Räume Fischers. In der Kurvierung und Modellierung sind noch böhmische Einflüsse zu spüren. Die reich ausgestattete Kirche, «im Werke Fischers einer der besten»,[15] wird 1945 durch Sprengbombentreffer zerstört.
Gleichzeitig mit Ingolstadt baut er die Stiftskirche Aufhausen. Auch hier bildet ein Oktogon das Zentrum. Aber nichts mehr erinnert an die böhmische Geschmeidigkeit und Bewegung. Der Innenraum von Aufhausen ist scharf artikuliert und wirkt klassisch, ausgewogen, reduziert auf die reine Architektur. Die aus Kostengründen sehr sparsam aufgetragenen Stuckaturen verstärken diesen Eindruck.
Die Kirche von Berg am Laim in München knüpft wieder an Ingolstadt an. Als Kirche der kurkölnischen Erzbruderschaft St. Michael sind die Ansprüche bedeutend höher. Dies zeigt sich auch in der Baugeschichte. Nach einem Projekt Fischers geht 1738 der Auftrag an den einem Palier Cuvilliés, Philipp Jakob Köglsperger,  der den Bau beginnt.[16] Fischer wehrt sich und erhält die weitere Ausführung 1739 wieder zurück. Der Bau wird nun als Teamarbeit von Fischer mit François Cuvilliés und den Hofkünstlern Johann Baptist Zimmermann sowie Johann Baptist Straub fortgeführt. Der Hofbaumeister Cuvilliés ist der eigentliche konzeptionelle Leiter für die Ausstattung. Obwohl die Ausstattung in die Rokokozeit fällt, ist der Begriff «Hauptwerk des süddeutschen Rokoko» eine unverdiente Abwertung für das spätbarocke Bauwerk.[17]

1740−1749: Grossaufträge Zwiefalten und Ottobeuren

Fischer ist inzwischen berühmter Kirchenbau-Spezialist. Er wird nun auch ausserhalb Kurbayerns von Benediktineräbten für ihre Kloster- und Kirchenneubauten beigezogen. Seine Hauptwerke dieser Periode sind die Stiftskirchen von Zwiefalten und Ottobeuren. Bei beiden Bauwerken findet er, wie schon in Diessen oder noch 1739 in Fürstenzell, einen begonnenen Neubau vor. Bezeichnend ist der Beizug Fischers in Zwiefalten. Die örtlichen Baumeister wollen ein Holzgewölbe bauen, weil sie den Gewölbebau nicht beherrschen, worauf der Abt 1741 den Bau an Fischer überträgt. Fischers grosse Leistung in Zwiefalten ist die Verwandlung eines langen Innenraumes, der ohne die Vorhalle 80 Meter Innenlänge hat, in einen weit wirkenden Festsaal. Eine Parade von Doppelsäulen an den Wandpfeilern des Langhauses empfängt den eintretenden Besucher. Das Thema der Säule steigert sich in der Vierung und trägt raffiniert zur optischen Verkürzung des Mönchschores bei. Die Seitenemporen im Langhaus schwingen aus und verleihen dem Raum Bewegtheit und Eleganz. Das einfache Halbtonnengewölbe im Längsschiff und in den Querschiffarmen wird nur durch die «vertruckhte cupula», die in den Dachraum eingeschriebene Vierungskuppel, unterbrochen. Chor und Altarraum erhalten Muldenkuppeln. «Der Bau stellt eine Schlusssynthese der gesamten Wandpfeilerbauweise dar. Diese Bauweise ist hier mit einer Mannigfaltigkeit und mit einem Reichtum der Motive vorgetragen wie nie zuvor.»[18]
Noch bevor in Zwiefalten die nun eindeutig dem Rokoko verpflichtete Ausstattungsphase beginnt, ist Fischer 1748 in der Reichsabtei Ottobeuren tätig. Hier wird schon seit zehn Jahren nach den Plänen des Klosterbaumeisters Simpert Kramer gebaut. Die Vorgaben Kramers sind kein Unglück, denn Fischer wird dadurch wieder zu Höchstleistungen angespornt. Wesentliche Merkmale seiner Umplanung sind die Vergrösserung der Vierung und der definitive Verzicht auf die hochbarocke Tambourkuppel zugunsten einer Abfolge von Flachkuppeln. Indem er diese Gewölbe direkt auf Rund- und Wandpfeilermassive lagert, überspielt er den Basilikaquerschnitt und schafft anstelle der langstreckten Kuppelbasilika einen ausgewogenen spätbarocken Raumprospekt, dessen Architektur eine «Festlichkeit, Einheitlichkeit und Harmonie wie wohl bei keinem anderen Bau des bayrischen Barock» ermöglicht.[19]

1750 bis 1758: Benediktbeuern, Wiblingen, Schäftlarn

Der Kirchenbau in Ottobeuren beschäftigt Fischer noch bis 1757. Dann überlässt er die Baustelle seinem dortigen Palier Martin Wöger. In der Zwischenzeit sind derartige Grossaufträge eine Seltenheit. Zwei kleinere Sakralbauten für die Abtei Benediktbeuern, die Anastasiakapelle und die Pfarrkirche von Bichl, zeugen vom ungebrochenen Willen Fischers, auch für solche Aufgaben baukünstlerisch hochstehende Gebäude zu bauen. 1750 zieht ihn ein letztes Mal eine Benediktinerabtei ausserhalb Bayerns für die Vollendung ihres Klosterneubaus bei. Für die Abtei Wiblingen kann er den von Christian Wiedemann begonnenen Neubau mit dem Ostflügel fortsetzen. Er verlängert den Flügel allerdings nicht, weil nun plötzlich die alte Stiftskirche integral erhalten werden soll, sondern weil er oder einer seiner Mitarbeiter die Wiedemann-Planung der neuen Kirche überarbeitet und damit die Achse nach Süden verschiebt.[20] Diese Kirchenplanung Fischers von 1750, nur noch in späteren und schwachen Neuinterpretationen erhalten, wird neuestens in Frage gestellt.[21]
Für die Prämonstratenserabtei Schäftlarn baut er 1751 die begonnene Stiftskirche weiter. Hier ist er allerdings nur leitender Baumeister, die Planung stammt von seinem Schwager Johann Baptist Gunetzrhainer.

1759 bis 1766: Rott am Inn und Altomünster

In seinen letzten Lebensjahren kann Fischer nochmals zwei Klosterkirchen nach eigenen Entwürfen bauen: 1758 erhält er den Auftrag für die Benediktinerstiftskirche Rott am Inn und 1763 für die Birgitten-Klosterkirche Altomünster. In beiden Spätwerken führt er den Raumtypus seines schon in Aufhausen ausgeprägt gebauten Arkaden-Oktogon zu reichen und differenzierten Raumfolgen. «Rott am Inn bildet im vollendeten Zusammenklang von Raumkomposition, Lichtführung und konstruktivem System den Höhepunkt von Fischers architektonischen Schöpfungen», und «Altomünster ist das komplizierteste Raumgebilde, das Fischer je ersonnen hat – in konsequenter baulicher Umsetzung schwierigster funktionaler und topografischer Voraussetzungen.»[22]

Tod und Nachruhm

Johann Michael Fischer stirbt am 6. Mai 1766 im Alter von 74 Jahren in München. Er wird im Friedhof an der Frauenkirche begraben. Sein Epitaph wird im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nur die Inschriftplatte, die ihn rühmt, dass er 32 Kirchen erbaut und für 23 Klöster tätig gewesen zu sein, ist noch an Ort vorhanden. Schnell geht er vergessen. In den Künstler-Lexika des 19. Jahrhunderts sind noch Cuvilliés und Gunetzrhainer verzeichnet, Fischer fehlt. Mit der erwachenden Bewunderung für die Ottobeurer Kirche Ende des 19. Jahrhunderts erwacht auch das Interesse am Planer des Bauwerkes. Heute können die auf dem Grabstein erwähnten «32 Gottshäuser» zugeordnet werden, obwohl solche Zahlen in der Regel nur Verwirrung stiften.[23] Vom damals erfolgreichsten Baumeister Süddeutschlands existiert kein Porträt. Im Hauptfresko von Diessen schauen an einer Balustradenbrüstung drei offensichtlich als Künstler porträtierte Personen dem Treiben zu. Der mittlere Mann ohne Kopfbedeckung soll der zu diesem Zeitpunkt 44-jährige Johann Michael Fischer sein.

Zur Arbeitsweise Johann Michael Fischers

Fischer erlernt die Baukunst als Maurer und Steinmetz. Als Maurermeister und Bauunternehmer ist er in die von der Zunft geprägte Arbeitsweise eingebunden. Er plant seine Bauten fast ausschliesslich selber. Er liefert Präsentations- und Ausführungspläne, baut die Ausführungsmodelle und berechnet die Ausführungskosten. Hier ist er mit dem modernen Architekten zu vergleichen. Im Gegensatz zu diesem und den am Hof tätigen Hofbaumeister, Kavaliers- und Liebhaberarchitekten organisiert er auch die für das Bauvorhaben notwendigen Arbeitskräfte, garantiert für die Ausführungsqualität und hat die Baustelle bis zum Beginn der künstlerischen Ausstattung unter eigener Kontrolle. Er muss aber kein Material oder Fuhrwerk bereitstellen. Dies ist Sache des Bauherrn. Selten, wie bei Rott am Inn, übernimmt Fischer den Bau nach genehmigter Planung im Akkord.[24] Meist erfolgt die Bezahlung an ihn und seinen Bautrupp als Aufwandentschädigung. Mit seinen Planungen und der Aufsicht verdient er wenig. So erhält für seinen Aufwand in Ottobeuren 300 Gulden im Jahr. Die dort von 1751−1756 bezahlten 1800 Gulden Honorar entsprechen knapp vier Promille der Kirchenbaukosten.[25] In Zwiefalten erhält er für die gleiche Leistung 150 Gulden im Jahr.[26]  Als Taglohn verrechnet er drei Gulden. Diese Honorare für Planungen und Dienstleistungen entsprechen dem im 18. Jahrhundert üblichen Entschädigungen. Die eigentliche Einnahmequelle ist das Gesellengeld von zwei Kreuzer pro Arbeitstag, das er für jeden seiner eingesetzten Baufachleute erhält.[27] Die Vielzahl der gleichzeitigen Baustellen und sein Organisationstalent als Unternehmer erlauben Fischer und seiner Familie ein Leben in bescheidenem bürgerlichen Wohlstand, der es ihm erlaubt, seinen Bauherren auch Darlehen zu geben.[28]  Die Ehrung auf der Grabtafel als «Ein Kunsterfahrn Arbeitsam Redlich und Aufrichtiger Mann» dürfte ihn daher gut charakterisieren.
Pius Bieri 2012

Literatur:

Franz, Heinrich Gerhard: Bauten und Baumeister der Barockzeit in Böhmen. Leipzig 1962.
Dischinger, Gabriele und Peter, Franz (Hrsg.): Johann Michael Fischer 1692−1766. Band I, Tübingen 1995.
Dischinger, Gabriele (Hrsg.): Johann Michael Fischer 1692−1766. Band II, Tübingen 1997.

Links:

http://www.deutsche-biographie.de/sfz23295.html


[1] Johann Michael Fischer (1661−1742), verheiratet 1688 in erster Ehe mit Elisabeth Grassenhiller (1670−1712). Ihnen werden zehn Kinder geboren. Er verheiratet sich 1716 eine zweites Mal und nochmals 1726. Diese weiteren Ehen bleiben kinderlos.

[2] Christoph Dientzenhofer (1655−1722). Johann Santini Aichel (1667−1723). Johann Lucas von Hildebrandt (1668−1745).

[3] Kilian Ignaz Dientzenhofer (1689−1751), Sohn von Christoph Dientzenhofer. Seine Zentralbauten, wie die Prager Kirche St. Nikolaus in der Altstadt, sind Fischer bekannt, wie die im Krieg zerstörte Augustinerkirche von Ingolstadt zeigt.

[4] Johann Kaspar Fischer (1668−1736). Er geht 1704 mit dem Kurfürsten Max Emanuel ins französische Exil. Rückkehr 1715. Seine Beziehungen am Hof ebnen dem jungen Johann Michael Fischer den Weg.

[5] Johann Mayr (1667−1731). Sein Stiefsohn Johann Baptist Gunetzrhainer (1692−1763) ist ab 1721 kurfürstlicher Hofunterbaumeister. Hofbaumeister ist seit 1715 Joseph Effner (1687−1745), ein in Paris ausgebildeter Vertreter der französischen Gartenbaukunst und der dortigen Lustschlossarchitektur.

[6] Johann Baptist Gunetzrhainer (1692−1763), später Oberhofbaumeister in München.

[7] Jakob Pawanger (1680−1743), Domkapitelmaurermeister von Passau. Er beginnt 1720 mit dem Neubau in Schärding. Der Bau wird ihm nach einem Wandpfeilereinsturz entzogen. Pawanger wird sofort in Haft genommen und der Weiterbau an Gunetzrhainer übertragen. Dieser vermittelt den Auftrag an Johann Michael Fischer. Auch in Niederalteich wird Pawanger nach Feststellung der ungenügenden Chorfundation entlassen. Hier wird Fischer direkt beauftragt.

[8] Maria Regina Mayr (1702−1782), Tochter von Johann Mayr III, Stadtmaurermeister in München (1667−1731) und von Maria Wörner, verwitwete Gunetzrhainer (um 1670−1733).

[9] Die zentralisierte Bauaufsicht der kurbayrischen Klöster durch den Geistlichen Rat in München ist für den in München gut eingeführten Fischer in den ersten Jahren von grossem Vorteil.

[10] Antonio Rizzi (1671−1725) von San Vittore, Stuckateur und Baumeister. Er erstellt in Osterhofen zwischen 1709 und 1721 den Neubau der Konventgebäude. Er plant auch den Neubau der baufälligen Kirche, seine Pläne werden vor 1725 dem Geistlichen Rat zugestellt. Ein 1721 erstelltes Gutachten des Paliers von Rizzi, Andreas Huber, befürchtet einen Einsturz der 1701 ausgebrannten Kirche.

[11] Eine der Fischer bekannten Kirchen dürfte St. Niklas auf der Prager Kleinseite (1703−1711 von Christoph Dientzenhofer) sein. «Ohne die Anregung des Prager Baus wäre die Osterhofener Kirche sowenig wie die Kirche in Diessen zu denken», schreibt Heinrich Gerhard Franz.

[12] Johann Michael Fischer und Balthasar Neumann sind nicht nur Altersgenossen, sie sind auch gute Gewölbebauer. Beide bevorzugen Massivgewölbe aus Ziegelsteinen, Fischer gelegentlich auch aus Massivholzbohlen, selbsttragend und losgelöst vom Dachstuhl. Damit stehen sie in Einklang mit den nun immer weniger in Deutschland wirkenden «Italienern» und den Vorarlbergern, aber auch mit den Erfahrungen der Äbte aus Klosterbränden. Deshalb sind Klosterkirchen meist massiv mit Ziegelsteinen gewölbt. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert geht das Wissen im Gewölbebau bei den meisten Baumeistern verloren. Selbst Fischer kann die vernünftigen selbsttragenden Gewölbe schon in Aufhausen (1737) und  Ingolstadt (1738) nicht mehr durchsetzen. Die hier von einheimischen Zimmerleuten an den Dachstuhl gehängten Gipslattenkonstruktionen entsprechen zwar dem nun üblichen Standard, sind aber tatsächlich minderwertige Scheingewölbe. Auch Dominikus Zimmermann hängt seine Gipslattenkonstruktionen schon nach 1732 nur noch an die Dachtragwerke. Meist ist der Grund, wie bei Zimmermann, mangelnde Erfahrung im Gewölbebau, oder die im Rokoko üblichen Flachmulden fordern eine Aufhängung am Dachstuhl. Entsprechende Schäden durch Alterung (Neresheim, Wies) oder Totalzerstörungen durch Feuer sind die Folgen. Ob Ingolstadt mit Massivgewölben der Totalzerstörung im Zweiten Weltkrieg entgangen wäre, ist zwar fraglich. Bei der Würzburger Residenz sind die Tiepolo-Fresken aber nur dank den Neumann-Gewölben (und einer schnell erfolgten provisorischen Deckung auf Anordnung eines amerikanischen Offiziers) noch erhalten.

[13] Die Kunsthistoriker tun sich schwer mit der künstlerischen Herkunft von St. Anna im Lehel. Nebst der Ableitung aus der böhmischen Schlosskirche von Smiřice (1707−1713, von Christoph Dientzenhofer) und aus der Kirche Maria-Hilf von Freystadt (1700−1710 von Giovanni Antonio Viscardi) wird auch auf eine Nähe zur Weltenburger Klosterkirche der Brüder Adam (1716−1718) hingewiesen. Unzählige weitere Vergleichsbauten zu St. Anna im Lehel belegen aber nur, dass der junge Fischer hier eine völlig eigenständige Schöpfung mit Aufnahme von Anregungen im Umfeld des von Böhmen geprägten kirchlichen Hochbarocks vorweist.

[14] Zitat Dehio.

[15] Zitat Bernhard Schütz in: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben, München 2000.

[16] Der 1707 geborene Hofmaurerpalier Köglsperger ist um diese Zeit noch Palier von François Cuvilliés und soll 1727−1730 bei Kilian Ignaz Dientzenhofer in Prag als Geselle gearbeitet haben. Er ist aber nicht Maurermeister, da ihm noch 1738 die städtische Zunft jede selbstständige Bautätigkeit verbieten will.

[17] Robert Stalla in: Berg am Laim, Weissenhorn 1989. Die Anwendung dieses Begriffes auf die Architektur Fischers ist abwegig.

[18] Zitat Bernhard Schütz in: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben, München 2000.

[19] Zitat Bernhard Schütz. Korrekt wäre allerdings: «wie wohl bei keinem anderen Bau des Barock im heutigen Bayern». Denn Ottobeuren wird erst 1803 bayrisch.

[20] Fischer verlängert den Ostflügel von 123 auf 135 Meter. Der Bauablauf (Nordtrakt – Ostflügel – neue Kirche – Abbruch der alten Kirche – Süd- und Westflügel des Südtrakts) wird sich seit 1714 nie verändert haben. Wie oben geschildert, ist die Kirchenplanung im Umfeld von Johann Michael Fischer Auslöser dieser Verlängerung. Oder kann sich ein Architekturhistoriker vorstellen, dass Fischer eine neue Achse ohne den entsprechenden Grundrissnachweis für die nun notwendige Kirchenverbreiterung festlegt?

[21] Die «Regensburger Risse» werden 1997 von Gabriele Dischinger als schlechte Fischer-Nachahmung disqualifiziert, könnten aber durchaus den Fischer-Grundriss von 1750 als Grundlage haben. Fischers Achsverschiebung einem Erhalt der alten Stiftskirche bis nach dem Bau des Südflügels zuzuschreiben, setzt ein Umkrempeln des von Wiedemann und dem Bauherrn beabsichtigten Bauprogramms voraus und hätte trotzdem eine gleichzeitige neue Kirchenplanung vorausgesetzt.

[22] Beide Zitate nach Franz Peter in: Johann Michael Fischer, Salzburg 2002.

[23] «Gottshäuser» hier im Sinn von Kirchen. Die Zahl 32 wird von den Biographen Fischers ernst genommen und könnte, wenn auf Sakralbauten bezogen, sogar stimmen.  Ein «Gottshaus» ist allerdings im schwäbisch-alemannischen Sprachbereich auch die Bezeichnung für eine Abtei oder ein Kloster. Vergleiche dazu die Verwirrung um die 32 Klöster des Franz Beer I.

[24] Die Planung von Rott am Inn wird mit 50 Gulden abgerechnet. Der darauf basierende Akkord lautet auf 13 000 Gulden.

[25] Baukosten 550 323 Gulden.

[26] Bedeutend besser als die Planer werden die Maler bezahlt. Für die 1749 erfolgte Ausmalung der Zwiefalter Vierungskuppel erhält Spiegler 2175 Gulden, für alle Arbeiten in der Kirche 6600 Gulden.

[27] Das Gesellengeld beträgt 1751 für eine Saison in Schäftlarn 116 Gulden. 1740-1742 sind es in Fürstenzell 222 Gulden. In Zwiefalten erhält er 1750 als Abfindung für das Gesellengeld 300 Gulden. Es beträgt bei St. Anna im Lehel für sechs Jahre 255 Gulden.

[28] Er hinterlässt seiner Frau nebst dem Haus auch ein Kapital von 3400 Gulden.