Ein wichtiges Werk von P. Christoph Vogt ist die 1702–1706 erbaute Wallfahrtskirche von Eldern bei Ottobeuren. Die Wandpfeiler-Emporenkirche mit zentralem Querschiff wird 1806, nach dem von Bayern verfügten Verbot der Wallfahrt, abgebrochen.
Bildausschnitt aus einem Ölgemälde des 18. Jahrhunderts in Ottobeuren.

P. Christoph Vogt OSB (1648–1725)

Liebhaberarchitekt, Orgelbauer und Pater OSB in der Abtei Ottobeuren 1669–1723

Christoph Vogt im Zeugnis seiner Zeitgenossen [1]
Geboren am 25. März 1648 in der Fuggerherrschaft Dietenheim an der Iller, legt er mit 21 Jahren Profess in der Benediktinerabtei Ottobeuren ab. Hier hat er schon die Schulen besucht. Zum Studium geht er an die Benediktineruniversität Salzburg. Primiz feiert er 1674. Nach seiner Rückkehr werden ihm die Ämter des Confessarius in den Benediktinerinnenklöstern Holzen und Wald übertragen, er wird als Prior in der Benediktinerabtei Fultenbach eingesetzt, die von der Benediktinerkongregation reformiert wird, und ist in Ottobeuren Stiftsökonom, Prior und Subprior. Er ist ein barocker Universalmensch, geschult in Theologie und bestens erfahren in allen Fächern der angewandten Mathematik und der Architektur. Nach seinen Plänen werden die Klöster Ottobeuren, Holzen, Wald bei Ottobeuren und die Kirchen Maria Eldern, Niederdorf, Edelstetten, Ummendorf, Oberopfingen, Lachen bei Memmingen sowie die Buschelkapelle bei Ottobeuren neu gebaut. Er entwirft auch die grosse Vierflügelanlage des Meierhofes in Benediktbeuern.
Er ist ein guter Musiker und Orgelbauer. So baut er neue Orgeln in Ottobeuren, im Oberhospital Memmingen, in Holzen und Eldern. In anderen Klöstern wie Weissenau, Kühbach und Zwiefalten repariert er die Orgelwerke.
Soweit die uns bekannten Zeugnisse seiner Mitbrüder und von späteren Chronisten.
P. Christoph Vogt stirbt am 10. Februar 1725 im Alter von 77 Jahren in Ottobeuren.

«Architectus praeclarus»
Als hervorragender, berühmter Architekt wird P. Christoph Vogt schon zu Lebzeiten bezeichnet. Die von seinen Chronisten erwähnten Bauten sind keine abschliessende Aufzählung, es sind die Bauten, die ihn berühmt gemacht haben. Er ist kein Bauunternehmer. Die Ausführungen seiner detailliert geplanten Kloster- und Kirchenneubauten lässt er immer im Akkord an ihm bekannte Baumeister übertragen. Er überwacht sie anschliessend in der Ausführung und liefert vielfach auch die Pläne für den Innenausbau und die Ausstattung. In diesem Sinne ist er einer der ersten Architekten im modernen Sinn. Er setzt Ende des 17. Jahrhunderts die Reihe der in Architekturtheorie und Architekturplanung geschulten Ordensleute fort. Wir können über seine Ausbildung nur spekulieren. Sicher verfolgt er das zeitgenössische Bauen seit seinem Aufenthalt in Salzburg, er kennt auch die dortigen neuen Bauten und bildet sich praktisch im Kontakt mit Vorarlberger Baumeistern weiter. Die Beziehungen Ottobeurens zu den anderen Klöstern der niederschwäbischen Kongregation, insbesondere zu Füssen und Fultenbach, müssen ihn mehrfach mit Johann Jakob Herkommer, dem Füssener Baumeister, zusammengeführt haben. Vieles in den Planungen von P. Christoph Vogt verweist auf diese Kontakte. Von seiner Tätigkeit als Architekt hören wir das erste Mal 1695. Er ist jetzt 48 Jahre alt und seit einem Jahr Confessarius[2] in der Benediktinerinnenabtei Holzen. Für die Planung des Neubaus zieht ihn die Äbtissin auf Anraten des Bischofs bei, «da er sich auf das Bauen über alle Masse verstehe», wahrscheinlich aber eher, weil ihn der Ottobeurer Abt wegen der bekannten Neubauabsichten der Äbtissin[3] mit klaren Weisungen nach Holzen versetzt.

Holzen
Das Kloster verdingt 1696 den Neubau an Franz Beer, nach «dem gemachten Riss». Kunsthistoriker nehmen noch heute an, dass dieser Riss selbstverständlich auch von Beer stamme, obwohl die zeitgenössischen Quellen klar P. Christoph Vogt als Planer bezeichnen.[4] P. Christoph Vogt, der 1695 die Neubaupläne beim Augsburger Bischof erläutert und genehmigen lässt, hat die Oberaufsicht über die Baumeisterarbeiten des Franz Beer. Der Neubautypus, eine Vierflügelanlage mit vorgestellter Kirche, ist Vogt nicht nur aus der Literatur,[5] sondern auch von Kempten und Obermarchtal bekannt. Er wendet diesen Typ nachher auf alle seine Klosterbauten an, auch auf Ottobeuren.

Maria Eldern
Die Wallfahrt zum Gnadenbild in Eldern bei Ottobeuren wird 1803 verboten. 1806 lässt die Regierung das Kloster der Franziskanerinnen und die Wallfahrtskirche abbrechen. Während das heute verschwundene Kloster schon 1685 neu gebaut wird, ist das neue Kirchenschiff von 1702–1706 ein Werk von P. Christoph Vogt. Die Bauausführung besorgt der Vorarlberger Klosterbaumeister Jodok Zünd. Hier kann der Mesnersohn Karl Riepp nach 1712 seine ersten Orgellektionen an der ebenfalls von Vogt geplanten Orgel nehmen. Die Kirche zeigt im Grundriss ein fünfjochiges Schiff, das mit seinem ausgeprägten Querschiff eine Kreuzform bildet. Im Gegensatz zum vermutlichen Vorbild, der Wettenhausener Stiftskirche (1670–1687 von Michael Thumb), fügt Vogt Emporen mit Wandpfeilern ein.

Planungen für andere Klöster
Sein Ruf als planender Architekt führt um 1700 zu Planungsaufträgen in anderen Abteien der Bayrischen Kongregation und in befreundeten oder unterstellten Frauenklöstern. In Benediktbeuern ist es der grosse Ökonomiehof. Für das Adelige Damenstift Edelstetten plant er die Stiftskirche, die dann vom jungen einheimischen Baumeister Simpert Kramer 1709-1712 erbaut und stuckiert wird. Für die Abtei Ochsenhausen sind es Neubauten von Pfarrkirchen der Ochsenhausener Herrschaft in Ummendorf und Oberopfingen. In Ummendorf ist, wie bei den meisten Bauten der Abtei Ochsenhausen, wieder Franz Beer I der ausführende Baumeister.

Ottobeuren
Am meisten ist P. Christoph Vogt für seine eigene Abtei beschäftigt. Nebst Eldern errichtet er auch den Neubau des Benediktinerinnenklosters Kloster-Wald. Auf dem Burschel[6] bei Ottobeuren baut er den Zentralbau der Michaelskapelle. Für Niederdorf und Lachen baut er neue Kirchen. Die grossartigste Leistung ist aber die Planung und Leitung der neuen Klosteranlage von Ottobeuren, die ihm Abt Rupert Ness sofort nach seiner Wahl überträgt. Grundsteinlegung ist 1711. Vorangegangen sind heute nicht mehr vorhandene Konkurrenzentwürfe von Vorarlbergern und von Johann Jakob Herkomer. Von ihnen übernimmt P. Christoph Vogt mit Sicherheit vieles. Aber auch in Ottobeuren zeigt sich, dass nur kollektivistisches Planen in der Barockzeit zu Grossem führen kann. Wie in Einsiedeln Br. Caspar Moosbrugger, ist in Ottobeuren P. Christoph Vogt derjenige, der aus einer Summe von Vorschlägen die entscheidende Planung erstellt und durchsetzt. Selbst die den Konventflügeln vorgestellte Kirche hat er 1711 in nach dem Vorbild der Salzburger Kollegienkirche bereits geplant. Er erlebt noch die weitgehende Fertigstellung der grossen Anlage, nachdem bereits 1715 ein Teilbezug erfolgen kann.

Der Orgelbauer [7]
Sein erstes Orgelwerk baut er 1682 in die Stiftskirche von Ottobeuren. In Holzen disponiert und leitet er 1704 den Bau der Orgel und entwirft auch den Prospekt. Den Sohn des Klosterschreiners, Johann Georg Hofer, bildet er zum Orgelbauer aus und holt ihn dann 1710 nach Ottobeuren. Mit ihm baut er 1712 auch die Orgel der Wallfahrtskirche Eldern. Der später berühmte Orgelbauer Karl Riepp (1710–1775) aus Eldern ist Lehrling bei Johann Georg Hofer. Christoph Vogt spielt im Leben von Riepp eine grosse Rolle, seine ersten Orgellektionen nimmt er an der Vogt-Orgel in Eldern. Auch wenn er Pater Christoph vielleicht nicht mehr persönlich kennenlernt, wird er ihm später mit dem Bau der grossen Orgeln in Ottobeuren seine Ehre erweisen.

Pius Bieri 2010

Benutzte Literatur:

Lindner, Pirmin: Album Ottoburanum, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg, Band 30–31, Augsburg 1903 und 1904.
Meyer, Hermann: Orgeln und Orgelbauer in Oberschwaben, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg Bd. 54, Augsburg 1941.


[1] Die einzige Quelle ist Pirmin Lindner (1903), der sich vor allem auf die verlässliche Chronik von P. Theodori Schylz (1678–1735) abstützt.

[2] Auch: «Beichtiger», Beichtvater, als Theologe zuständig für alle kirchlichen Belange im Frauenkloster, er ist vom Visitator delegiert, der von der Kongregation bestimmt ist. Der Abt von Ottobeuren ist Visitator von Holzen.

[3] Sie macht 1693–1694 eine Bettelreise bis an den Kaiserhof.

[4] Der Kurzschluss, dass ein Baumeisterakkord auch automatisch die Planung beinhalte, dürfte spätestens seit den Jesuitenbauten nicht mehr stattfinden. Pater Christoph Vogt begnügt sich bei keinem Bau nur mit der Rolle des Detailplaners. Er muss Holzen wie alle seine Bauten vor der Auftragserteilung selbst oder im Kollektiv geplant haben. Der Beschrieb im «Dehio» (Schwaben) ist bezeichnend für unüberlegte Aussagen. Holzen ist hier ein «Klostergebäude. 1696 ff nach Plan von Franz Beer durch Pater Christoph Vogt erbaut; 1710 geweiht.» Ein Pater als ausführender Baumeister? Warum dann ein Akkordvertrag mit Franz Beer? Für eine Planung schliesst man im 18. Jahrhundert keinen Akkord. Weiter steht im «Dehio» (Schwaben): «Bauleiter war Pater Christoph Vogt». Was heisst denn dies anders, als dass er den an einen Akkordunternehmer verdingten Bau im Auftrag des Bauherrn überwacht, also wie dies heute ein Architekt macht.

[5] «Grundriss des vorgedachten Frawen Klosters» in: Furttenbach 1628, Kupferblatt N. 37.

[6] Buschel oder Burschel bezeichnet eine alte Burgstelle.

[7] Über ihn als Orgelbauer schreibt P. Albert Krez OSB (1643–1713) im Jahre 1700: «P. Christoph Vogt, Confessarius in Holzen excellens artifex Organorum pneumaticorum pluriumque operum ex mathematicae et architectonicae principiis pendentium ac, quod caput est. religiosus pacatissimi spiritus»

 

Werkverzeichnis

Bauwerke von Pater Christoph Vogt gemäss zeitgenössischen Dokumenten.
Jahr Ort und Bauwerk Beschrieb
1693–1695 Fultenbach. Benediktinerabtei. Neubau des Kremsmünsterflügels. Bauherr ist Abt Bonifatius Daniel, dem P. Christoph Vogt als Prior zugeteilt wird. Leitender Baumeister ist Valerian Brenner. Bauaufsicht durch P. Christoph Vogt.
1696–1704 Holzen (Allmannshofen). Benediktinerinnenkloster. Neubau von Kloster und Kirche. Bauherr ist die Äbtissin von Holzen. Planung und Bauaufsicht durch Christoph Vogt. Akkordvertrag mit Franz Beer I für Ausführung.
1702–1706 Maria Eldern (Ottobeuren). Wallfahrtskirche. Neubau durch Abtei Ottobeuren. Planung und Bauleitung Christoph Vogt. Ausführung Jodok Zünd. 1803 Wallfahrtsverbot und 1806 Gebäudeabbruch durch Landesdirektion.
1708 Benediktbeuern, Ökonomiehof der Benediktinerabtei. Neubau. Entwurf Christoph Vogt. Planer und Bauleiter ist Michael Ötschmann.
1709 Niederdorf (Wolfertschwenden). Pfarrkirche St. Cyriakus. Neubau. Neubau durch die Abtei Ottobeuren. Planung Christoph Vogt. Ausführung Jodok Zünd.
1709-1712 Edelstetten (Neuburg an der Kammel). Adeliges Damenstift. Kirchenneubau. Bauherr ist das Damenstift. Planung Christoph Vogt. Ausführung Simpert Kramer.
1711–1725 Ottobeuren. Benediktinerabtei. Klosterneubau. Entwurf und Ausführungsplanung durch Christoph Vogt. Ausführung 1712–1715 durch Johannes Brenner, ab 1715 durch Simpert Kramer.
1713–1715 Theinselberg (bei Memmingen). Pfarrkirche St. Afra. Neubau des Rundbaus durch Abtei Ottobeuren. 1723 Langhaus. Baumeister ist Simpert Kraemer. Die Kirche brennt 1746 aus und wird nach Lachen verlegt.
1714-1729 Kapelle St. Michael auf dem Buschel (Fröhlins bei Ottobeuren). Neubau durch Abtei Ottobeuren. Planung und Bauleitung Christoph Vogt. Ausführung Jodok Zünd. Umbau 1808 zu einem Jagdschloss. 1852 restituiert und 1975 restauriert.
1714–1729 Wald (Ottobeuren). Benediktinerinnen-Kloster. Neubau von Kloster und Kirche. Bauherr ist die Abtei Ottobeuren. Planung und Bauaufsicht Christoph Vogt.
1716–1719 Ummendorf (Biberach). Pfarrkirche St. Johannes. Neubau. Neubau durch die Abtei Ochsenhausen. Planung Christoph Vogt. Ausführung Franz Beer I.
1721 Oberopfingen (Kirchdorf an der Iller). Pfarrkirche St. Vincentius. Neubau. Bauherr ist die Abtei Ochsenhausen. Planung Christoph Vogt.

 

 

 

  P. Christoph Vogt OSB (1648–1725)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  25. März 1648 Dietenheim an der Iller     Baden-Württemberg D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Herrschaft Fugger (Brandenburg)     Konstanz  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  10. Februar 1725 Ottobeuren     Bayern D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Klosterherrschaft Ottobeuren     Augsburg  
  Kurzbiografie        
  Pater Christoph Vogt aus Ottobeuren ist ein begnadeter Liebhaberarchitekt. Genügend Dokumente belegen, dass er nicht nur für die grosse Anlage der Benediktinerabtei Ottobeuren und für viele weitere Kirchen der eigentliche Architekt nach heutigem Berufsverständnis ist. Trotzdem nennen noch heute viele Kunsthistoriker, in einer säkularen Welt grossgeworden, als Autor der Klosterkirche Holzen einen bewährten Vorarlberger und nicht den eigentlich planenden und bauleitenden Schwarzrock aus Ottobeuren. Das Hauptwerk von P. Christoph Vogt ist das Kloster Ottobeuren. Es ist  das Musterbeispiel eines funktionsgerechten barocken Reichsstiftes. Nur Ordensleute, geschult in Mathematik und Baukunst, sind um 1700 zu solchem fähig.

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