Die Meister des Bauwerks
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Franz Beer II (1660–1726) Au Vorarlberg ok   Baumeister 1694   1697
Johann Georg Brix (um 1665–1742) Oettingen, heute Bayern ok   Stuckateur und Baumeister 1697   1703
Johann Michael Feuchtmayer I (1666–1713) Wessobrunn Bayern     Maler und Freskant 1697   1702
Matthias Scharpf (ungefähr 1680–1742) Rottweil     Baumeister 1732   1738
Johannes Schütz (1704–1752) Wessobrunn Bayern     Stuckateur 1736   1738
Pontian Gigl (1681–1742) Wessobrunn Bayern     Stuckateur 1736   1738
Josef Ignaz Wegscheider (1704–1758) Riedlingen     Maler, Freskant 1737   1738
Joseph Anton Feuchtmayer (1696–1770) Linz (Wessobrunn) JosephAntonFeuchtmayer   Bildhauer und Stuckplastiker 1738   1761
Johann Georg Dirr (1723–1779) Weilheim Bayern     Bildhauer und Stuckplastiker 1738   1761
Hieronymus Spiegel (1699–1779) Rottenburg     Orgelbauer 1740   1742

Beuron

Ehemaliges Augustinerchorherrenstift und Kirche St. Maria und St. Martin
Seit 1868 Benediktinerabtei

«Beuroner Schule» und «Beuroner Kongregation»
Kunstkennern ist die «Beuroner Schule» bekannt. Künstler-Mönche unter der Leitung des Architekten, Malers und Bildhauers Pater Desiderius Lenz (1832–1928) befreien Ende des 19. Jahrhunderts die Sakralkunst von den herrschenden süsslich-frommen Kunstschöpfungen. Die «Beuroner Schule» bewirkt als erste moderne Richtung vor dem Jugendstil eine Erneuerung mit grosser Ausstrahlung. Ihre Schüler orientieren sich an altchristlicher, byzantinischer und ägyptischer Kunst. Fast gleichzeitig mit der «Beuroner Schule» entsteht die Beuroner Benediktiner-Kongregation. Die 1868 neu gegründete Benediktinerabtei Beuron wird Mutterkloster einer Kongregation, die sich das Ziel von Klosterneugründungen und Wiederbesiedlungen säkularisierter Abteien in benediktinischem Geist setzt. Mit grossem Erfolg kann die Kongregation vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts Neubesiedlungen durchführen. Noch heute ist Beuron Erzabtei von 20 Abteien und Priorate, davon die Hälfte Frauenklöster.

Benediktiner-Erzabtei am Ort des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes
Mit dem ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift im engen Donautal ob Sigmaringen hat die Benediktiner-Erzabtei den Ort gemeinsam. Das Chorherrenstift Beuron kommt 1802 als Entschädigung für Besitzesverluste ausserhalb des Reiches an die Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Der Konvent von 16 Mitgliedern wird aufgelöst, aber von den neuen Herren nicht ausgewiesen. 1835, nach dem Tod des letzten Konventualen, ist Kirche und Kloster verwaist. Aber schon 1862 ermöglicht das Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen mit einem Stiftungskapital von 33 000 Gulden eine Neubesiedlung der alten Klostergebäude durch deutsche Benediktiner aus der Abtei Sankt Paul vor den Mauern in Rom. Trotz einer durch die preussischen Kulturkampfgesetze verursachten erneuten Ausweisung von 1875–1887 entwickelt sich bis das kleine ehemalige Chorherrenstift in den 1920er-Jahren zu einer Benediktinerabtei von 300 Mönchen. Entsprechend entwickelt sich auch die Gebäudestruktur, die heute mehrheitlich von den südlich angefügten Gebäudevolumen des frühen 20. Jahrhunderts geprägt ist. Für den nun wieder auf 50 Mönche geschrumpften Konvent stellt denn auch die wirtschaftlich sinnvolle Gebäudenutzung nebst dem Nachwuchsproblem eine grosse Herausforderung dar.

Augustiner-Chorherrenstift an abgelegener Stelle
Der Ursprung des heutigen Grossklosters liegt in einem Regularkanoniker-Stift,[1] dessen Gründung um 1080 erfolgt. Das Stift übernimmt Anfang des 12. Jahrhundert die Augustinerregel und die Gewohnheiten des Stiftes Marbach im Elsass.[2] Der Ort im Talkessel des Donaudurchbruches ist damals sicher besser in die Region eingebunden, als dies die Lage vermuten lässt. Nur so lässt sich die Niederlassung von Kanonikern, die in der Regel nicht wie die Zisterzienser die Abgeschiedenheit suchen, erklären.[3] Der Ort «Purron» ist als Teilbesitz St. Gallens schon 861 aktenkundig. Ob er an der gleichen Stelle wie das heutige Kloster liegt, ist umstritten.[4] Das Chorherrenstift Beuron erlebt im Hochmittelalter eine kurze Blüte. Es ist landsässige Propstei, mit freier Wahl des Propstes und untersteht dem päpstlichen Stuhl, hat aber keine eigene Klosterherrschaft.[5] Die Grösse des Konvents ist im 13. und 14. Jahrhundert mit einem Propst und sechs Kanonikern an der untersten Grenze der Lebensfähigkeit. Im 15. Jahrhundert erfolgt der übliche Verfall der internen Klosterdisziplin, den auch die Visitatoren des Konstanzer Stiftes Kreuzlingen nicht aufhalten können. Über die Zeit des Bauernkriegs und der Reformation ist wenig bekannt. Die wenigen Beuroner retten sich 1525 auf die benachbarte Burg Wildenstein. Die nächsten 100 Jahre bringen keine Besserung, die Gebäude sind während Jahren verlassen und 1646 gehören Beuron noch zwei Kanoniker an. Das Chorherrenstift beginnt sich erst nach dem Dreissigjährigen Krieg wieder zu erholen. Der Besitz des Stiftes hat sich seit der Gründung, vor allem aber in der Zeit des Niedergangs, kontinuierlich vergrössert. Er liegt in der engeren Umgebung nordwestlich und südlich der Donau und umfasst auch Pfarreirechte in 12 Ortschaften. Zudem sorgen Schaffnereien in Freiburg, Mengen, Stafflangen, Mühlheim, Egesheim und Ebingen für Einkünfte, die aber sehr klein sind und im 17. Jahrhundert nur rund 5000 Gulden erreichen. Die Ausgaben liegen demgegenüber bei 7000 Gulden. Als das Stift Rottenbuch Sigismund Marbeck (1660–1682) für eine Reform als Probst nach Beuron entsendet, muss dieser zuerst mit dem Verkauf des Freiburger Besitzes Geldschulden abbauen. Er eröffnet 1669 die Wallfahrt zum Beuroner Gnadenbild und kann als Gründer des barocken Beurons betrachtet werden, auch wenn ihn seine sechs Chorherren 1681 im Zusammenspiel mit dem Visitator Kreuzlingen absetzen.

Der barocke Klosterneubau
Erst der neue Propst Georg Kurz aus Feldkirch (1682–1704), ein von Kreuzlingen entsandter Mönch, kann die Reformen ohne Widerstand beginnen. Er vergrössert den Konvent wieder auf 17 Mitglieder. Dank den Massnahmen seines Vorgängers ist das Stift nun auch finanziell wieder gesichert. 1687 werden dem Propst vom Papst die Pontifikalien verliehen. Beuron ist jetzt Abtei. Ein Gemälde und ein Stich zeigen die vorbarocke Anlage um 1685.[6] Stiftskirche und Konventgebäude zeigen um diese Zeit noch ihr mittelalterliches Kleid. An die romanische Basilika mit Querhaus schliesst sich südlich eine dreiflügelige, um einen Kreuzgang angeordnete Anlage an. Der Turm ist nördlich der Kirche vor dem Querhaus angeordnet. Wirtschaftshöfe und Ökonomiegebäude sind weiter im Süden vorgelagert. Die Klausurgebäude zeigen in den oberen Geschossen Fachwerk. Die Kirche wird durch eine romanische Vorhalle betreten. Das detailgetreue Gemälde zeigt eine gewachsene Klosterlandschaft, die den Dreissigjährigen Krieg vielleicht verwahrlost und verwüstet, aber nicht zerstört übersteht und zudem 1660–1672 mit einem Aufwand von 7000 Gulden repariert wird.[7] Abt Georg und die Chorherren entscheiden sich trotzdem für einen Neubau des Klosters. Entscheidend ist nebst dem grösseren Platzbedarf für den reformierten Konvent sicher auch der Wunsch nach rationaler und gebrauchsfähiger Architektur, so wie dies die Abtei Kreuzlingen bereits verwirklicht hat. Abt Georg hat den dortigen Neubau des Gästeflügels noch persönlich erlebt. Der Neubau ist 1671 an Jakob Sailer, dem Nachfolger von Michael I Beer, verdingt worden. Den 1666 verstorbenen Beer wird Abt Georg kaum mehr persönlich gekannt haben. Ob er nun 1694 wirklich mit dessem 34-jährigen Sohn, Franz Beer II, den Vertrag über den Neubau in Beuron abschliesst, oder nicht doch mit dem 35-jährigen Franz Beer I aus der zweiten Auer Baumeisterdynastie, ist umstritten.[8] Die Fakten sprechen heute eher für Franz Beer II. In Beuron geht er beim Bau sehr pragmatisch vor. Er lässt die alte Konventanlage mit Kirche vorerst stehen, um diese im Osten und Westen mit einer Zweiflügelanlage zu umstellen. Mit der neuen Kirche als dritten Flügel im Norden ergibt sich damit nach Abbruch des alten Klosters ein «Ehrenhof», eine völlig unklösterliche offene Bauform.[9] Der erste Verding von 1694 umfasst den Südflügel, den Beer innert zwei Jahren für 4000 Gulden zu erstellen hat. 1695, nach einem Streit um die Qualität der Architektur und der Konstruktion, kürzt der Abt dem Baumeister  die Vergütung. Mit der schlechten architektonischen Qualität hat der Abt sogar recht, denn was Beer 1697 in Salem beginnt, lässt die simple Beuroner Architektur förmlich im Regen stehen. In einem neuen Verding verpflichtet sich Beer unter finanziellem Druck zusätzlich für einen Teil des Ostflügels.[10] Der Südflügel ist 1696 fertig, wie das Wappen des Abtes Georg über dem Klostereingang zeigt. Nach Erstellung des 75 Fuss langen Ostflügel-Stumpfes 1697 zieht Beer seinen Trupp zum grösseren Teil ab.[11] Dann genügen die Geldquellen des Stiftes nur noch für den Ausbau.
Ab 1701 überträgt Abt Georg die Verlängerung des Ostflügels um 180 Fuss nach den Plänen Beers dem Stuckateur und späteren fürstenbergischen Hofbaumeister Johann Georg Brix (um 1665–1742) aus Messkirch. Der Verding lautet auf 3000 Gulden. Der jetzt 255 Fuss lange oder 77 Meter lange Ostflügel ist 1702 im Rohbau fertig. Der Stuckateur Brix erstellt hier sein erstes Werk als Bauunternehmer im Akkord. Er ist mit der Tochter seines Lehrmeisters, des Wessobrunner-Stuckateurs Matthias II Schmuzer, verheiratet und hat als Stuckateur schon 1697 im Südflügel gearbeitet. Ihm werden ab 1702 auch alle weiteren Stuckateurarbeiten übertragen. Im Innern der beiden neuen Flügel finden sich Räume mit fülligen Stuckaturen in retardierender Manier, besonders im Sommerrefektorium und in den Abteiräumen mit der Bücherei im Südflügel. Sie sind heute teilweise noch erhalten, weisen aber leere Spiegel auf. Hier sind die Fresken von Johann Michael Feuchtmayer I (1666–1713), die dieser 1697 und 1702 erstellt, nicht mehr vorhanden.

Der barocke Kirchenneubau
Erst Abt Rudolf II. von Strachwitz (1724–1738) setzt nach einem Unterbruch von fast 30 Jahren den Klosterneubau fort. Der Abt stammt aus Rottweil und beauftragt den dortigen «Unterbaumeister» Matthäus Scharpf, einen sonst nicht bekannten Baumeister, mit dem Neubau. 1715 hat dieser in Rottweil, nach Plänen des Vorarlbergers Stadtbaumeisters Joseph Feuerstein, die Votivkirche Ruhe Christi ausgeführt.[12] Die jetzt in Beuron von 1732–1738 erstellte Stiftskirche liegt in der Tradition dieses Vorarlberger Bauwerkes und weist unübersehbare Ähnlichkeit mit der 15 Jahre älteren, aber bedeutend genialeren Kirche von Weissenau auf.[13] Beuron ist eine einfache längsbetonte Wandpfeiler-Emporenkirche ohne Querschiff. Die Wandpfeiler sind wie in Weissenau bis über die Emporen ausgeschnitten, sodass die Kirche als Freipfeilerkirche wirkt. Dies wird durch die zurückgesetzten und leicht wirkenden, allerdings viel zu hoch angesetzten Emporen noch betont. Diese laufen beim Chor und auch bei seinem Polygonalabschluss durch. Die Architektur der Tonnengewölbe mit den ausgeprägten Stichkappen wird durch eine reiche Régence-Stuckierung überspielt. Die Gurten und Gratkappen werden zu Bilderrahmen verwandelt. Die Wessobrunner Johannes Schütz (1704–1752) und Pontian Gigl (1681–1742) sind Schöpfer dieses Meisterwerkes. Pontian Gigl bleibt in Beuron und stirbt hier. Die Deckenfresken erstellt der Riedlinger Maler Josef Ignaz Wegscheider (1704–1758). Die Kirche wird am 28. September 1738 geweiht. Abt Rudolf II. erlebt die Einweihung nicht mehr, er wird kurz vorher Opfer eines Unfalles auf der Baustelle.

Die Ausstattung
Abt Rudolf Reichel (1751-1790) verdingt 1759 die Bildhauer und Stuckateure Joseph Anton Feuchtmayer (1696–1770) und Johann Georg Dirr (1723–1779) aus Mimmenhausen für den neuen Hochaltar. Der Hochaltar wird als die beste Synthese von Architektur und Plastik im Werk Feuchtmayers bezeichnet. Eine freiplastische Himmelfahrt Mariens ist zentrales Bildwerk, ein Bezug zur bekannten Plastik von Aegid Quirin Asam im Chorherrenstift von Rohr ist unübersehbar.[14] Wir sind nur durch eine Fotografie und die Entwürfe Feuchtmayers über das Aussehen informiert, denn das gesamte plastische Werk wird 1872 durch die Benediktiner zerstört.[15] Die beiden Meister aus Mimmenhausen überarbeiten auch die Seitenaltäre, die sie schon 1738 erstellt heben. Die beiden Altäre erhalten im 19. Jahrhundert Altarblätter der «Beuroner Schule», der Rosenkranzaltar wird zum Benediktaltar, heute sind die Altarblätter wieder entfernt und ein Benedikt und Joseph, zwar barock, aber sicher nicht aus der Feuchtmayer-Werkstatt, stehen in den Nischen.
Original, um 1740 erstellt, sind hingegen das Chorgestühl und die Beichtstühle.
Der Orgelbauer Hieronymus Spiegel (1699–1779) aus Rottenburg erstellt 1740–1742 die Hauptorgel mit 24 Registern. Die mächtige Orgel befindet sich seit 1807 in der Stadtkirche Pfullendorf, das dortige jetzt 42 Register umfassende Werk mit drei Manualen ist allerdings nicht mehr ursprünglich. Die heutige  Beuroner Hauptorgel ist ein Werk von 1984. Der Prospekt hat keine Ähnlichkeit mit dem Original in Pfullendorf. 

Um- und Neubauten der Benediktiner im 19.  und 20. Jahrhundert
1862 ermöglicht das Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen mit einem Stiftungskapital von 33 000 Gulden eine Neubesiedlung der alten Klostergebäude durch Benediktiner. Der stark wachsende Konvent verlangt mehr Platz. Grosse Gebäudeerweiterungen werden an den Südflügel angehängt. Diese Bauten der zweiten Erweiterungsphase 1925 des Architekten Adolf Julius Lorenz prägen heute das Bild der Westfront. Die alten barocken Flügel bleiben im Wesentlichen bestehen. Die Stiftskirche der Augustinerchorherren hingegen kommt in die Kur der Beuroner Kunstschule. Es wird Gutes geschaffen, wie der Anbau der Gnadenkapelle 1898-1901. Es wird auch vieles zerstört, vor allem um 1870. Das Rokoko ist für die damaligen modernen Geister noch immer «lächerliche Zierart». So werden die Altäre von der Rokokoplastik gesäubert und mit braven Bildern versehen. Die Stuckaturen und der Innenraum kommen unter einen Anstrich in dunklem Blau zu liegen. Diese Eingriffe des 19. Jahrhunderts in den Barockraum werden, soweit sie reversibel sind, seit 1947 laufend rückgängig gemacht. Heute präsentiert sich der Innenraum, sieht man vom zerstörten Hochaltar ab, wieder fast im ursprünglichen barocken Kleid, jedenfalls ab der Eingangsvorhalle unter der Westempore. Diese, wie auch die Eingangs-Westfassade, sind ebenfalls das Ergebnis einer Erweiterung im Beuroner Stil von 1899.

Pius Bieri 2010

 

Benutzte Einzeldarstellungen:

Genzmer, Walther: Beuron, in: Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Kreis Sigmaringen, Stuttgart 1948.
Schöntag, Wilfried: Benediktiner-Erzabtei (früher: Augustiner-Chorherrenstift St. Martin) Beuron, Geschichte, in: Klöster in Baden-Württemberg. Stuttgart o. J.
Schöntag, Wilfried (Hrsg): 250 Jahre Abteikirche Beuron. Beuron 1988.
Knapp, Ulrich: Joseph Anton Feuchtmayer, Konstanz 1996.
Staiger, Franz Xaver Conrad: Das Schwäbische Donauthal mit der Molkenkuranstalt Beuron, Freiburg 1850.

 

Anmerkungen:

[1] Regularkanoniker-Stifte sind Konvente von Klerikern, die eine gemeinschaftliche, asketische Lebensform unter Verzicht von persönlichem Eigentum suchen. Im Gegensatz zu den traditionellen Chorherren- oder Kollegiatstiften sind sie reguliert, das heisst, sie wenden eine Regel an. Seit dem dritten Laterankonzil von 1059 ist es mehrheitlich die Augustinusregel. Im frühen 12. Jahrhundert spaltet sich eine strengere Richtung ab. Die Annahme oder Ablehnung eines Zusatzes in der Augustinerregel, dem «ordo monasterii», ist für die Spaltung entscheidend. Von wichtigen Stiften wie Marbach wird er abgelehnt, andere Stifte, wie Salzburg oder Prémontré, treten zur strengen Richtung über. Aus dieser strengen Richtung entsteht 1121 der Prämonstratenserorden.

[2] Oberhalb der heutigen Gemeinde Voegtlinshoffen südwestlich von Colmar, heute zerstört.

[3] Das Interesse der Historiker für die ungewöhnliche Lage «im damals unwegsamen Donautal» (Zitat Wilfried Schöntag) ist nicht vorhanden. Kann vielleicht eine schon damals vorhandene Brücke oder gar die Möglichkeit der Schifffahrt bei genügend Wasserführung im Frühjahr der Grund sein? Der Donau-Durchbruch bei Beuron soll den Römern als Beginn der Schiffbarkeit für die römischen Donau Frachtschiffe bekannt gewesen sein. Quelle: Jürgen Trumm, Kantonsarchäologie Aargau, 2009.

[4] «…in locis infra nominatis, id est in Purron, cum quarta parte ejusdem ecclesiae, et in Puachheim et in Fridingun, excepta parte ipsius ecclesiae». Der Ort Purron mit der Martinskirche, die zu einem Viertel St. Gallen gehört, ist nach Ansicht Wilfried Schöntags als Wüstung südlich oberhalb des heutigen Beurons zu suchen.

[5] Diese kann erst im 18. Jahrhundert aufgebaut werden und umfasst 1802 nur 511 Einwohner.

[6] Ein grosses, undatiertes Ölgemälde des 17. Jahrhunderts zeigt die vorbarocke Anlage. Eine weniger präzise Klosterdarstellung unter dem Porträt von Georg Kunz, bereits mit seinen Abtsinsignien, soll Grundlage des Gemäldes sein. Das Gemälde ist aber bedeutend detaillierter und auch in der Natur– und Gebäudedarstellung wirklichkeitsnaher, sodass entweder der Stich nach dem Gemälde oder vielleicht nach einer gemeinsamen zeichnerischen Vorlage entstanden ist.

[7] Von einer Brandschatzung des Klosters oder der «fast völligen Zerstörung», wie dies heute geschrieben wird, ist in den Quellen nirgends die Rede. Die Ereignisse in Beuron während des Dreissigjährigen Krieges sind im Anhang der Beschreibung von Staiger (Das Schwäbische Donauthal, 1850) als Übersetzung aus dem Lateinischen enthalten.

[8] Die Zuschreibung von Wilfried Schöntag (und im «Dehio») an den 34-jährigen Franz Beer II von Blaichten ist nicht gesichert. Als Grundlage der Zuschreibung dient eine spätere lateinische Handschrift des Beuroner Chronisten P. Augustin Grueber (1704–1771), der für das Datum 1695 eine Rüge des Abtes an Franz Beer beschreibt. Der Abt bestehe darin, «dass das Gebäude in allem dem gleiche, das Beers Vater in Kreuzlingen gebaut habe». Ohne den lateinischen Grundtext zu kennen, sind Zweifel angebracht, ob ein späterer Chronist die Verwandtschaft nicht falsch interpretiert, denn auch der Vater von Franz Beer I heisst Michael Beer. Franz Beer I arbeitet bis 1688 noch als Palier seines älteren Bruders Jodok, hauptsächlich in Wald und Heiligenkreuztal. Er ist als Baumeister in der Region bekannt, auch weil er nach dem Tod des Bruders Verpflichtungen wie den «Klausen»-Neubau für die Augustiner-Chorfrauen in Leutkirch übernimmt. Gegen ihn als Baumeister in Beuron spricht einzig seine gleichzeitige Tätigkeit in Gengenbach (ab 1693) und Holzen (ab 1696), die ihm aufgrund von Siegelvergleichen neuestens zugeschrieben wird, wo hingegen Franz II Beer erst 1697 in Salem beginnt. Hier wird deshalb der Argumentation Wilfried Schöntags gefolgt.

[9] Könnte es sein, dass Beer in seiner Planung die neue Kirche am alten Standort belässt und den nun viel kleineren Innenhof mit einem Westflügel zu schliessen beabsichtigt? Keines der Chorherrenstifte im Süden Deutschland zeigt Ende des 17. Jahrhunderts den Mut zu einer offenen Anlage in der Art der Jesuitenkollegien.

[10] Die Quelle, eine spätere lateinische Handschrift des Beuroner Chronisten P. Augustin Grueber (1704–1771) scheint allerdings sehr unzuverlässig zu sein. Sie nennt einen nur 15 Meter (50 Fuss) langen Stumpen des Ostflügels, den Beer noch zu erstellen hat, in diesem sollte das Refektorium erstellt werden. Das Refektorium mit 4 Fensterachsen ist aber erst nach zwei Räumen mit je einer Fensterachse erstellt worden, die Gesamtlänge ist dann 75 Fuss.

[11] Noch bis 1700 ist sein Palier Joseph Erath (geboren 1664) auf der Baustelle. Beer hat zu dieser Zeit grosse Baustellen in Salem (ab 1697) und Irsee (ab 1699) und wird die meisten Leute bereits 1697 abgezogen haben.

[12] Die Lebensdaten von Matthias Scharpf sind ungefähr 1680–1742. Er ist «Unterbaumeister» des Stadtbaumeisters Joseph Feuerstein (1677–1754), eines Vorarlbergers. Von Scharpf sind ausser Beuron keine eigenen Bauwerke bekannt. Für die Ruhe-Christi-Kapelle (1710–1715) in Rottweil wird er zusammen mit Feuerstein aufgeführt. Feuerstein ist Stadtbaumeister, die Ausführung wird er dem Unterbaumeister übertragen haben. Aus lokalpatriotischen Gründen wird heute Scharpf als Planer der Ruhe-Christi-Kapelle bezeichnet und der Vorarlberger Feuerstein, trotz umfangreichen eigenen Werken in Rottweil und Kirchberg, als «Maurer» disqualifiziert.

[13] Baumeister ist Franz Beer II, der sich inzwischen zum gesuchten Architekten der geistlichen Bauherren im Süden des Bistums Konstanz entwickelt hat. Sein Entwurf für Beuron aus 1694 ist nicht erhalten.

[14] Am Hochaltar arbeitet Feuchtmayer 1760 und 1761 51 Wochen, Johann Georg Dirr 39 Wochen, Franz Anton Dirr 25 Wochen und die Fassmaler 42 Wochen. Diese Arbeiten werden zu 2500 Gulden verdingt. Das Material kostet 1465 Gulden, sodass der Altar 3965 Gulden kostet.

[15] Der Bezug zum gleichen Vorgehen in der Benediktinerabtei Engelberg ist ebenso eindeutig. Hier werden 1877 alle Feuchtmayer-Plastiken zerstört. Der gegenüber Gegenwartskunst sonst aufgeschlossene Abt bezeichnet sie als Karikaturen und ersetzt sie durch brave und steife Figuren zeitgenössischer Künstler.

 

 

 

 

 

 

 

  Ehemaliges Augustinerchorherrenstift Beuron  
  Beuron1835  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Beuron, Sigmaringen, Baden-Württemberg D Abtei Beuron
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Konstanz   1694
Bauherr und Bauträger
ok Propst und Abt Georg Kunz
     (reg. 1682–1704)

     Abt Rudolf II. von Strachwitz
     (reg. 1724–1738).

     Abt Rudolf Reichel (reg. 1751-1790).
 
  Das Kloster Beuron 1835, von Westen gesehen. Quelle: Aquatinta J. Sperli nach J.-H. Neukomm. Original im Kreisarchiv Sigmaringen.   pdf  
   
Beuron1
Heutige Choransicht mit Hochaltar von 1872. Bild: Andreas Praefcke.  
   
BeuronEtappen
Lageplan der barocken Klosteranlage mit Bauetappen (Ausschnitt). Für vergrösserten Gesamtplan bitte anklicken.  
BeuronHerrschaft
Die Herrschaft Beuron im 18. Jahrhundert. Federzeichnung 58 x 44 cm. Quelle: StA Sigmaringen K I/B3. Ein Ausschnitt
einer gleichen Karte aus 1787 zeigt das Kloster in der Donau-Schleife.
Quelle: Wikipedia.
> Zum Ausschnitt.
 
Beuron1910
Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt die von Westen fotografierte Klosteranlage noch die barocke Dreiflügelanlage, die heute dominierenden Bauten im Süden folgen erst 1925.
Beuron3
Die heutige Klosteranlage in einer Luftaufnahme aus Nordosten. Anschliessend an die Kirche die zwei Flügel des barocken Klosters. Im Osten und Süden die Erweiterungen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Foto: Lucian Wiesner, Balingen.
 
Beuron2
Eine Fotoaufnahme des Chorbereichs vor der 1872 erfolgten Zerstörung des Hochaltars von Joseph Anton Feuchtmayer und Johann Georg Dirr. Vergleiche mit den heutigen Choransichten.
Quelle: Wikipedia.
 
Beuron5
Reicher Wessobrunner-Régencestuck und die Fresken des Riedlinger Malers Joseph Ignaz Wegscheider prägen den Innenraum.  
Beuron4
Der nördliche Seitenaltar, 1738 von Joseph Anton Feuchtmayer und Johann Georg Dirr geschaffen, ist mit Ausnahme der Josephsstatue und des Tabernakels heute wieder im ursprünglichen Zustand.  
Beuron6
In die übeschäumenden Stuckrahmen von Johannes Schütz und Pontian Gigl malt 1738 Joseph Ignaz Wegscheider das scheinperspektivische Kuppelfresko der Glorie des hl. Augustinus. Unten betet der im gleichen Jahr auf der Baustelle verunglückte Abt Rudolf II. von Strachwitz. Sein Wappen ist am Chorbogen zu sehen.  
beuron7
Die Beuroner Barockorgel steht heute in der Stadtpfarrkiche von Pfullendorf. Sie ist ein Werk des Orgelbauers Hieronymus Spiegel (1699–1779) aus Rottenburg, der sie 1740–1742 mit 24 Register erstellt. Die mächtige Orgel wird 1807 nach Pfullendorf verkauft, wo 1974 in das alte Gehäuse ein neues Werk mit 42 Register und drei Manualen eingebaut wird.
Die heutige  Beuroner Hauptorgel ist ein Werk von 1984. Der Prospekt hat keine Ähnlichkeit mit dem Original in Pfullendorf. 
 
Beuron8
Die Orgelempore und die Orgel von 1984. Vergleiche mit dem originalen Orgelprospekt oben.  
Beuron9
Einer der sechs Rokoko-Beichtstühle eines unbekannten Bildhauers. Falsch ist die Zuschreibung an Feuchtmayer und Dirr.
Bild: Andreas Praefcke.
 
BeuronHerrschaft Beuron1787 back