Carl Heinrich Freiherr von Hornstein (1668–1745)

Landkomtur der Ballei Franken des Deutschen Ordens 1718–1743

Familie und Jugend
Die Herren von Hornstein sind ein bedeutendes oberschwäbisches Adelsgeschlecht. Ihr Stammsitz ist die Burg Hornstein bei Sigmaringen.[1] Hier wird Carl Heinrich am 23. Februar 1668 geboren und in der Dorfkirche von Bingen getauft. Er ist das dreizehnte von 18 Kindern des Johann Heinrich von und zu Hornstein[2] und seiner ersten Ehefrau Anna Maria Ursula von Freyberg.[3] Nur zehn der Kinder erreichen das Erwachsenenalter. Der Vater kämpft mit hohen Schulden, die er von seinen Vorfahren geerbt hat und die 1656 zu Insolvenz führen. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum nur die erstgeborenen Söhne am Jesuitengymnasium Konstanz studieren und von Carl Heinrich einzig ein Schulaufenthalt in Ulm erwähnt ist.[4] Der mütterlicherseits verwandte Fürstabt von Kempten, Rupert von Bodman, kümmert sich in diesen Jahren um die Familie und beruft den Vater 1684 als Pfleger der Herrschaft Günzburg und Liebenthann in seine Dienste.[5]

Deutschordens-Ritter
Zu dieser Zeit ist Carl Heinrich bereits Page beim nur acht Jahre älteren Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg.[6] Dieser wird 1685 zum Hoch- und Deutschmeister gewählt, hält sich aber als kaiserlicher Feldmarschallgeneralleutnant vor allem am Kaiserhof und in Ungarn auf, wo er an den Feldzügen gegen die Türken teilnimmt. Dass in dieser Umgebung Carl Heinrich von Hornstein um Aufnahme in den Orden nachsucht, ist nicht verwunderlich. Am 15. Mai 1689 schwört er in Ellingen auf und erhält den Ordenshabit. Offensichtlich hat er als Page des Deutschmeisters auch militärische Erfahrungen gesammelt, denn der 21-jährige neue Ordensritter wird als Kornett[7] des Deutschordenskontigents sofort nach Ulm beordert. 1693 ist er Hauptmann des fränkischen Dragonerregiments Aufsess. 1694 kommt er in die Verwaltung des Meistertums Mergentheim. Er wird zum Baumeister, Küchmeister und Trappier in Mergentheim ernannt.[8]

Komtur und Landkomtur
1705–1713 ist er Komtur in Oettingen, ab 1714 Komtur in Kapfenburg,[9] gleichzeitig Geheimrat und Präsident des Deutschordens-Hofrates in Mergentheim. Inzwischen ist, anstelle seines älteren und frühverstorbenen Bruders, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg neuer Hoch- und Deutschmeister.[10] Er ist selten und wenn, dann nur auf Durchreise in Mergentheim und muss zu Carl Heinrich von Hornstein Vertrauen gefasst haben, denn er bestimmt ihn nach dem Tod des Landkomturs Gelnhausen[11] als Statthalter der Ballei Franken. Am 15. Juni 1718 wird Hornstein als Landkomtur gewählt.[12] Er ist damit zugleich Komtur in Ellingen und Würzburg. Der Hoch- und Deutschmeister bestimmt ihn auch zum Visitator anderer Balleien.

Carl Heinrich von Hornstein als Bauherr
Mit dem Hoch- und Deutschmeister verbindet ihn die gemeinsame Bauleidenschaft, wie sie bei den Fürsten des Spätbarocks nicht unüblich ist. Während die überdurchschnittliche Bildung des Hoch- und Deutschmeisters und seine Ausbildungswege bekannt sind, kann bei Hornstein nur vermutet werden, dass er diese als Page und Offizier in der Umgebung der beiden Pfalz-Neuburger Grafen erworben hat. Seine Verdienste um das Bauwesen in der Ballei Franken sind gross, hinter den Projekten steht aber auch sein direkter Vorgesetzter, der um diese Zeit in Breslau mit «S: C: M: primario Architecto» Fischer von Erlach zusammenarbeitet. Von Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg ist bekannt, dass er die Zügel bei der Begutachtung der Bauprojekte straffer als seine Vorgänger führt. Die treibende Kraft ist aber immer Landkomtur Hornstein. Er kann bei allen Projekten mit einem ausgezeichneten Baumeister zusammenarbeiten. Franz Keller ist seit 1712 als planender und ausführender Baumeister der Ballei Franken tätig.[13] Schon als Komtur von Oettingen erteilt ihm Hornstein den Auftrag für den Neubau des Westflügels am Ordenshaus gegenüber des Alten Schlosses. Auch auf der Kipfenburg ist Keller für Hornstein tätig. Noch als Statthalter zieht Hornstein 1717 zieht  Baumeister Keller als Planer für die Erweiterung der Schlossanlage in Ellingen bei und lässt ihn die Schlosskirche umbauen.[14]   Im Frühjahr 1718 erfolgt die Grundsteinlegung für die Schlosserweiterung. Nach ihrer Fertigstellung 1722 baut Keller das dreiflügelige Brauhaus vor dem Westflügel. Ausserhalb von Ellingen lässt Hornstein 1716 das Deutschordens-Schloss in Stopfenheim und 1724 das Amtshaus in Absberg bauen. Keller stirbt aber Ende dieses Jahres unerwartet. Mit seinem Nachfolger Franz Joseph Roth[15] baut Hornstein in Ellingen 1728 die Pfarrkirche St. Georg und die Mariahilf-Kapelle, 1733 die Maximilianskapelle, 1738 das Franziskanerkloster mit der Kirche und um 1740 die Orangerie im Schlossgarten. In der Herrschaft sind die Pfarrhof- und Schulhausbauten von Absberg sowie die Pfarrkirche und der Schlossumbau in Reimlingen erwähnenswert. An den meisten dieser Bauten finden wir den Wappenschild des Landkomturs angebracht.[16]

Rückzug und Lebensende
1739 lässt Kurfürst Clemens August von Bayern[17] in Bonn eine ganztägige Festivität für das 50-jährige Ordensjubiläum seines Vertrauten Carl Heinrich von Hornstein abhalten. An der für 1742 geplanten Kaiserwahl will Hornstein aber nicht mehr teilnehmen.[18] Er tritt 1741 von seinen kurkölnischen Ämtern zurück. 1743 tritt er aus gesundheitlichen Gründen auch als Landkomtur der Ballei Franken zurück. Er lässt sich in die Kommende Nürnberg tragen. Hier stirbt er am 31. Juli 1745 im Alter von 77 Jahren und fünf Monaten. Er wird in der Gruft der von ihm erbauten Maria-Hilf Kapelle in Ellingen beigesetzt. Die Gruft wird 1828 geöffnet und man findet seinen einbalsamierten Leichnam im Ordenshabit mit dem Schwert in der Hand.[19] In der Kapelle ist sein Epitaph angebracht. Über der Inschrift ist sein Wappenschild von Wappen seiner Ahnen umgeben.[20]

Pius Bieri 2017

 

Anmerkungen:

[1] Die Burg ist heute Ruine (Koordinaten 48° 6′ 39″ N, 9° 15′ 36″ E).

[2] Johann Heinrich von und zu Hornstein (1630–1695), aus der Linie Hornstein-Zollenreute. 1640 tritt er ins Jesuitenkolleg Konstanz ein. Seit 1684 Fürstkemptischer Rat und Pfleger zu Liebenthann und Obergünzburg, kauft er 1687 das kemptische Lehen Neuburg.

[3] Anna Maria Ursula Freiin von Freyberg zu Aulfingen (1631–1684), Tochter des  Simprecht von Freyberg und der Maria Cleophe von Bodman. Heirat 1653. Ihr Bruder Johann Franz von Freyberg heiratet 1652 die Schwägerin Maria Eva von Hornstein (†1681).

[4] Gemäss Edward von Hornstein (1911) besucht er die Schule bei den «Augustinern zu Ulm», wahrscheinlich die Stiftsschule des Augustiner-Chorherrenstifts St. Michael zu den Wengen bei Ulm.

[5] Rupert von Bodman, Taufname Johann Siegmund, Fürstabt von Kempten 1678–1728. Durch seine Tanten Maria Cleophe und Maria Eva (siehe oben) ist er mit Carl Heinrich von Hornstein verwandt.

[6] Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (1660–1694) wird 1679, mit 19 Jahren, Koadjutor des Deutschmeisters und ist 1685 Deutschmeister des Deutschen Ordens. Zu ihm siehe die Biografie (PDF) von Wolfgang Kaps.

[7] Der Kornett ist der rangjüngste Offizier der Kavallerie.

[8] Der Baumeister hat im Deutschen Orden das Bauwesen der Kommende unter sich. Der Küchmeister ist für die Versorgung zuständig. Der Trappier ist eine wichtige Verwaltungsstellung.

[9] Komtureien der Ballei Franken. In Oettingen (heute Bayern) ist von der Vierflügelanlage des Deutschordens-Hauses nur noch die Kapelle erhalten. Das Haus gegenüber dem 1858 abgebrochenen Alten Schloss (Hofgasse, Koordinaten 48°57'8.32"N  10°36'22.87"E) wird 1945 bombardiert und dann abgebrochen. Die Kommende Kapfenburg liegt bei Lauchheim, heute Baden-Württemberg, das Schloss ist erhalten (48°52'3.20"N  10°13'23.09"E).

[10] Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1664–1732). Er ist gleichzeitig Fürstbischof in Breslau und Worms, Fürstpropst in Ellwangen und Kurfürst in Trier. Sein Hauptwohnsitz ist Breslau.
Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[11] Philipp Benedikt Forstmeister von Gelnhausen (1649–1716), Landkomtur der Ballei Franken 1702–1716. Er stirbt am 5. August 1716 in Breslau, wo er sich fast immer in der Nähe des Hoch- und Deutschmeisters aufhält. Für die Geschäftsführung ist er auf tüchtige Ortsvertreter angewiesen, zu denen vor allem Hornstein zählt.

[12] Das Datum nach Edward von Hornstein (1911). In der Wikipedia hingegen der 15. Mai 1718.

[13] Franz Keller (1682–1724) aus Dürrwangen. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[14] Zum Bau der Residenz Ellingen siehe den Beschrieb in dieser Webseite.

[15] Franz Joseph Roth (1690–1758) aus Wien, Stuckateur und Baumeister.
Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[16] Das Stammwappen Hornstein ist in Blau über einem schwebenden goldenen Dreiberg eine halbkreisförmig gebogene silberne Hirschstange, so schon in der Zürcher Wappenrolle von 1335/45. Dieses Wappen ist in den quadrierten Wappenschilden des Landkomturs in Feld 2 und Feld 3 enthalten. In Feld 1 und Feld 4 liegt das Wappen des Deutschen Ordens, in Silber ein schwarzes Kreuz. Mehr zum Wappen Hornstein siehe: www.wikiwand.com/de/Hornstein/Wappen.

[17] Clemens August von Bayern (1700–1761). Er ist bereits sechsfacher Fürstbischof, als er 1732 auch noch als Nachfolger von Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg zum Hoch- und Deutschmeister gewählt wird. Als Erzbischof von Köln ist er auch Kurfürst. Er residiert in Bonn und profiliert sich als grosser Mäzen der Künste.

[18] Es wird der Bruder des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern, der Wittelsbacher Karl Albrecht von Bayern gewählt, was die erneute Besetzung Bayerns durch Österreich auslöst. 

[19] Er wird 1862 in einen Glassarg umgebettet. Diese makabre Zurschaustellung einer Mumie ist glücklicherweise für das Publikum nicht jederzeit zugänglich.

[20] Von unten nach oben, linke Seite: Hornstein (Vater); Muggenthal, Stain und Hallweil (die weibliche Abstammung des Vaters). Rechte Seite: Freyberg (Mutter); Bodman, Göder von Zaneck und Truchsess von Rheinfelden (die weibliche Abstammung der Mutter).


Porträt des Landkomturs Carl Heinrich von Hornstein (1726)

Kupferradierung (1725) aus dem «Kleiner des Hohen Teütschen Ritter Ord. Hochl. Balley Francken Calender 1726».
Stecher (inv. et. sc) ist Jacob Andreas Friedrich (1684-1751) in Augsburg.

Quelle:
Bibliothèque nationale de France

Weitere Infos zum Porträt

  Carl Heinrich Freiherr von Hornstein (1668–1745)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  23. Februar 1668 Bingen bei Sigmaringen   Fürstentum Hohenzollern  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Landkomtur der Ballei Franken des Deutschen Ordens (OT)   1718–1743  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  6. Dezember 1704 Nürnberg   Freie Reichsstadt Nürnberg  
  Kurzbiografie              
  Der Landkomtur der Ballei Franken, Carl Heinrich von Hornstein, ist eine Ausnahmeerscheinung in der nachreformatorischen Geschichte des Deutschen Ordens. Drei Hoch- und Deutschmeister fördern ihn, vertrauen seinen Verwaltungsfähigkeiten und seinem diplomatischen Geschick. Gleich diesen Reichsfürsten hat er ein ausgeprägtes barockes Lebensgefühl, was sich auch in der gemeinsamen Bauleidenschaft äussert. Sein neugebautes Schloss in Ellingen wird 1727 von den Ordensvisitatoren als «eines Fürsten wohl würdig» beurteilt. Tatsächlich ist seine Ellinger Residenz ein eindrücklicher Schlossbau des süddeutschen Spätbarocks, wie es in dieser geschlossenen Form in kaum einem Deutschordenssitz verwirklicht ist.     EllingenHornstein  
  PDF (nur Text) Biografie Porträt und Wappen     Bildlegende  

Porträt und Wappen des Landkomturs Carl Heinrich von Hornstein


Hornstein2   Hornstein3
Ordensmitglieder des Barocks legen Wert auf eine angemessene Darstellung ihrer Person, ihres Standes und ihrer Verdienste. Das Porträt des Landkomturs Carl Heinrich von Hornstein im Hofkalender der Ballei Franken von 1726 kommt diesen Anliegen entgegen. Der Landkomtur ist leicht seitwärts gewendet und dreht dem Betrachter das Gesicht zu. Er trägt eine Allonge-Perücke, wie sie um diese Zeit noch immer Mode ist und seine hohe Stirne noch betont. Über dem Brustharnisch hat er den Ordensmantel geschultert und trägt das Ordenskreuz. Um den Hals trägt er einen modischen Spitzenschal.   Dem Porträt folgen im nächsten Blatt des Kalenders die Hinweise auf die Person des Dargestellten. Ein Engelchen zeigt auf die Titel des Landkomturs und auf seinen Wappenschild, ein anderer Engel hält die Draperie zurück. Das Stammwappen der Hornstein, in Blau über einem schwebenden goldenen Dreiberg eine halbkreisförmig gebogene silberne Hirschstange, ist hier leicht verändert: Aus dem goldenen Dreiberg ist eine Krone geworden. Die Inschrift «Carl Heinrich Freyherr von Hornstein, Landt-Commanthur der Balley Franckhen, Commanthur zu Ellingen und Würtzburg, Teütsch Ordens Ritter, Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Trier des Herrn Hoch- und Teütschmeisters Geheimber Rath» nimmt noch Bezug auf den Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig von der Pfalz.


Bildinformationen:
Kupferradierungen (1725) aus dem «Kleiner des Hohen Teütschen Ritter Ord. Hochl. Balley Francken Calender 1726».
Stecher (inv. et. sc) ist Jacob Andreas Friedrich (1684-1751) in Augsburg.
Quelle: Bibliothèque nationale de France

 

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