Franz Jakob Walser wird am 28. August 1722 in Feldkirch geboren. Er ist Sohn des Franz Joseph Walser und der Maria Agnes, geborene Meyer. Sein Vater ist Maler, der auch im St. Gallischen Altarblätter malt und Bildhauerarbeiten fasst. Franz Jakob kommt 15-jährig an die Klosterschule in St. Gallen, wo er bereits mit 17 Jahren an einer wissenschaftlichen Disputation teilnimmt und im gleichen Jahr zur Profess zugelassen wird. Er nimmt den Klosternamen Iso an. Schon bevor er 1746 vom Nuntius Acciaiuoli zum Priester geweiht wird, betätigt sich der begabte Konventuale als Lehrer und Schriftsteller. 1748 tritt er eine Romfahrt an und wird 1749 in der Sapientia nach abgelegtem Examen zum Doctor juris utriuscque erklärt. Nach seiner Heimkehr widmet er sich wieder dem Lehramt und veröffentlicht Lehrbücher naturwissenschaftlichen Inhaltes. Fürstabt Coelestin II. ernennt ihn 1751 zum Lehrer der Theologie. Er ist geschätzter Vertreter der St. Galler Abtei an Disputationen in Kempten, Ottobeuren, Muri und anderen Orten. 1753 wird er als Prior nach Würzburg an das Schottenkloster St. Jakob gesandt, um es zu reformieren, kehrt aber nach schwerer Krankheit bereits 1754 wieder zurück. Das Vertrauensverhältnis zu Fürstabt Coelestin wird nun enger, 1756 wird er Vice-Offizial und 1759 Offizial der Fürstabtei.
Das Offizialat, dem er nun 26 Jahre vorstehen wird, ist eine spezifisch der Fürstabtei St. Gallen vorbehaltene geistliche und richterliche Oberhoheit über alle Pfarreien des fürstäbtischen Territoriums und ersetzt seit 1613 die bischöfliche Hoheit, die mit einem Konkordat 1748 vollumfänglich an St. Gallen übertragen wird.[1]
Pater Iso Walser ist jetzt in Vertretung des Fürstabtes geistlicher Oberhirte im Fürstenland[2] und Toggenburg, in dem rund 100 000 Untertanen leben. Er macht das Offizialat zu einem Zentrum einer eigentlichen Kultur- und Baupolitik im Dienste einer umfassenden Seelsorge, die er aber von jeder Art von Aufklärung bedroht sieht. Dem streng nach Rom orientierten Offizial sind deshalb auch viele Feinde entstanden. Von denjenigen, die ihn aufgrund der bösartigen Beschreibung des ehemaligen Konventualen Franz Weidmann[3] nicht als einen «Dunkelmann, dem der Muff von tausend Jahren unter dem Talar hervorwabert»[4] betrachten, wird aber als imponierende Persönlichkeit von hoher Intelligenz, Gemüt, Tatkraft, Religiosität und tiefem Verantwortungsgefühl beschrieben. Er ist ein Freund der barocken Inszenierung, organisiert aufwändige Reliquientranslatationen mit prunkvollen Prozessionen, sorgt für neue Wallfahrten und Bruderschaften, fördert die ewige Anbetung in Frauenklöstern. Kurz: Alles, was er unternimmt, freut das einfache Volk und ärgert die aufgeklärten Geister. Iso Walser ist noch ein Vertreter des barocken universalen Denkens und ahnt mit seiner Intelligenz sicher die Gefahr der Aufklärung für die Religion, die moderner gesinnte Prälaten nicht sehen wollen. Er gerät deshalb auch mit Fürstabt Beda bei der Volksschulreform in Konflikt, hier kann man ihn als Reaktionär «ante diem» bezeichnen.
Pragmatischer und von klarem Nützlichkeitsdenken geprägt wirkt er als Kirchenbauer. Er kann mit seiner entschlossenen Vorgehensweise und seiner grossen Redegewandtheit jede Kirchgemeinde von einem Bauvorhaben überzeugen und verlangt dann absolute Handelsfreiheit. Er bestimmt den Baumeister-Architekt, den Stuckateur, den Maler und den Altarbauer. Fürstabt Coelestin II. und ab 1767 Fürstabt Beda schätzen seine Tatkraft und lassen ihm freie Hand.
Er leitet in seinen Amtsjahren 19 Kirchenneubauten und 21 Umbauten und Renovierungen. Als Baumeister wählt er fast immer den Vorarlberger Johann Ferdinand Beer (1731–1789). Mit ihm erstellt er 11 Kirchenneubauten. Die originellste Schöpfung in dieser Reihe ist der Zentralbau von St. Bernhardzell von 1776 bis 1779. Hier sind auch die weiteren von Walser bevorzugten Meister tätig: Der Vorarlberger Peter Anton Moosbrugger (1732–1806) als Stuckateur und der Konstanzer Maler Franz Ludwig Hermann (1723–1791).
Walsers ausserordentlich selbständige Stellung und sein grosser Einfluss auf Fürstabt Beda werden im Kloster immer mehr mit Argwohn verfolgt. Wie beim Fürstabt erhebt der Konvent gegen Walser wegen «seinem nachtheiligen Wirken auf die Oekonomie des Stiftes» Vorwürfe und nicht, weil «unter ihm für Frömmler und Betschwestern goldene Zeiten blühten»[5] Auf Druck des Konvents entzieht ihm Abt Beda 1785 das Amt des Offizials und versetzt ihn als Statthalter nach Rorschach. 1795 wird er, nach einem Schlaganfall leidlich wiederhergestellt, doch alt und gebrechlich geworden, nach St. Gallen zurückgerufen. Er stirbt hier am 3. Juni 1800, im 77. Lebensjahr.
Pius Bieri 2008
Benutzte Literatur:
Weidmann, Franz: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen, St. Gallen 1834.
Grünenfelder, Josef: Beiträge zum Bau der St. Galler Pfarrkirchen unter dem Offizial P. Iso Walser 1759–1785, Friedrichshafen 1967.
Meienberg, Niklaus: «Zahl nünt, du bist nünt scholdig», in: Der wissenschaftliche Spazierstock, Zürich 1985.
Anmerkungen:
[1] Rechtsnachfolger dieses fürstäbtischen Offizialates wird nach der Säkularisation der Fürstabtei der «Katholische Konfessionsteil». Die «Katholische Administration», wie die Verwaltung dieser Nachfolgeorganisation genannt wird, ist bis heute Bewahrerin der Kulturgüter der ehemaligen Fürstabtei.
[2] Der Klosterstaat setzt sich im 18. Jahrhundert aus der «Alten Landschaft», dem noch heute als «Fürstenland» bezeichneten nördlichen Gebiet, und der Grafschaft Toggenburg im Süden zusammen. Die Grafschaft Toggenburg wiederum ist in das «Untere Amt Toggenburg» und das «Obere Amt Thurtal» gegliedert. Siehe dazu die Kartenwerke der Wikipedia unter: Fürstabtei St. Gallen.
[3] «Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen» 1834.
[4] Niklaus Meienberg in der sprachgewaltigen Erzählung «Zahl nünt, du bist nünt scholdig».
[5] Beide Zitate aus: Weidmann, Franz: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen, 1834.
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Iso (Franz Jakob) Walser 1722−1800 | ||||||||
Biografische Daten | ||||||||
Geburtsdatum | Geburtsort | Land 18. Jahrhundert | ||||||
28. August 1722 | Feldkirch Vorarlberg A | Vorderösterreich | ||||||
Titel und Stellung | Regierungszeit | |||||||
Offizial der Fürstabtei St. Gallen | 1759–1785 | |||||||
Sterbedatum | Sterbeort | Land 18. Jahrhundert | ||||||
3. Juni 1800 | St. Gallen CH | Fürstabtei St. Gallen | ||||||
Kurzbiografie | ||||||||
Pater Iso Walser prägt als Offizial der Fürstabtei St. Gallen die sakrale Baulandschaft in der grossen Klosterherrschaft entscheidend. In seiner Amtszeit fördert er als Vertrauter des Fürstabtes Cölestin II Gugger von Staudach den Bau oder Umbau von 40 Landkirchen. Damit erhält unter seiner Regie jede zweite Kirche im Klosterstaat ihr Rokokokleid. Meist sind es Landkirchen mit eingezogenem Chor, ohne Querhaus und von anspruchslosem Äusseren, aber immer mit reicher Stuck- Fresken- und Altarausstattung. Auch anspruchsvolle Bauwerke wie die Kirchen von Niederbüren und Kirchberg oder der Zentralbau von St. Bernhardzell sind Werke seiner Amtszeit. Baumeister ist vielfach Johann Ferdinand Beer, als Maler und Freskant nimmt Walser fast immer Franz Ludwig Hermann. | ||||||||
PDF (nur Text) | Biografie | Werkliste | Bildlegende |
Niederbüren | Pfarrkirche St. Michael | 1761–1769 |
Diepoldsau | Pfarrkirche, Abgebrochen 1880 | 1762 |
Mühlrüti | Pfarrkirche St. Joseph und Otmar | 1762–1766 |
Kriessern | Pfarrkirche, Abgebrochen 1896 | 1767 |
Engelburg | Pfarrkirche zu den heiligen Schutzengeln | 1767–1775 |
Straubenzell | Ausstattung, zerstört | 1768 |
Rotmonten | Ausstattung, zerstört | 1771 |
Wildhaus | Pfarrkirche St. Bartholomäus | 1774–1777 |
Berg | Pfarrkirche zum hl. Erzengel Michael | 1775–1777 |
Bernhardzell | Pfarrkirche St. Johann Baptist | 1776–1779 |
St. Fiden (Tablat) | Pfarrkirche zum Herzen Jesu | 1776–1779 |
Bütschwil | Pfarrkirche, Abgebrochen 1885 | 1777 |
Glattburg | Benediktinerinnen-Klosterkirche St. Gallenberg | 1780–1785 |
Hemberg | Pfarrkirche St. Johann Baptist und Andreas | 1781–1784 |
Untereggen | Pfarrkirche St. Maria Magdalena | 1782–1787 |
Bruggen | Pfarrkirche, Abgebrochen 1936 | 1783 |
Muolen | Pfarrkirche, Abgebrochen 1862 | 1784 |
Ricken | Pfarrkirche, Ausstattung zerstört | 1784 |
Kirchberg | Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Peter und Paul | 1784–1786 |
Niederhelfenschwil | Pfarrkirche St. Johann Baptist | 1786–1787 |
Tübach | Pfarrkirche U. L. Frau | 1768 |
Steinach | Pfarrkirche St. Jakobus Maior und Andreas | 1770 |
Häggenschwil | Pfarrkirche St. Notker | 1780 |
Mörschwil | Pfarrkirche St. Johann Baptist | 1783 |
Waldkirch | Pfarrkirche St. Blasius | 1783 |
Wil | Wallfahrtskirche Maria Dreibrunnen | 1761–1763 |
Rorschach | Pfarrkirche St. Kolumban | 1782–1786 |
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