Iso (Franz Jakob) Walser 1722−1800

Pater OSB in der Fürstabtei St. Gallen 1746−1800. Offizial der Fürstabtei 1759−1785.

Franz Jakob Walser wird am 28. August 1722 in Feldkirch geboren. Er ist Sohn des Franz Joseph Walser und der Maria Agnes, geborene Meyer. Sein Vater ist Maler, der auch im St. Gallischen Altarblätter malt und Bildhauerarbeiten fasst. Franz Jakob kommt 15-jährig an die Klosterschule in St. Gallen, wo er bereits mit 17 Jahren an einer wissenschaftlichen Disputation teilnimmt und im gleichen Jahr zur Profess zugelassen wird. Er nimmt den Klosternamen Iso an. Schon bevor er 1746 vom Nuntius Acciaiuoli zum Priester geweiht wird, betätigt sich der begabte Konventuale als Lehrer und Schriftsteller. 1748 tritt er eine Romfahrt an und wird 1749 in der Sapientia nach abgelegtem Examen zum Doctor juris utriuscque erklärt. Nach seiner Heimkehr widmet er sich wieder dem Lehramt und veröffentlicht Lehrbücher naturwissenschaftlichen Inhaltes. Fürstabt Coelestin II. ernennt ihn 1751 zum Lehrer der Theologie. Er ist geschätzter Vertreter der St. Galler Abtei an Disputationen in Kempten, Ottobeuren, Muri und anderen Orten. 1753 wird er als Prior nach Würzburg an das Schottenkloster St. Jakob gesandt, um es zu reformieren, kehrt aber nach schwerer Krankheit bereits 1754 wieder zurück. Das Vertrauensverhältnis zu Fürstabt Coelestin wird nun enger, 1756 wird er Vice-Offizial und 1759 Offizial der Fürstabtei.
Das Offizialat, dem er nun 26 Jahre vorstehen wird, ist eine spezifisch der Fürstabtei St. Gallen vorbehaltene geistliche und richterliche Oberhoheit über alle Pfarreien des fürstäbtischen Territoriums und ersetzt seit 1613 die bischöfliche Hoheit, die mit einem Konkordat 1748 vollumfänglich an St. Gallen übertragen wird.[1]
Pater Iso Walser ist jetzt in Vertretung des Fürstabtes geistlicher Oberhirte im Fürstenland[2] und Toggenburg, in dem rund 100 000 Untertanen leben. Er macht das Offizialat zu einem Zentrum einer eigentlichen Kultur- und Baupolitik im Dienste einer umfassenden Seelsorge, die er aber von jeder Art von Aufklärung bedroht sieht. Dem streng nach Rom orientierten Offizial sind deshalb auch viele Feinde entstanden. Von denjenigen, die ihn aufgrund der bösartigen Beschreibung des ehemaligen Konventualen Franz Weidmann[3] nicht als einen «Dunkelmann, dem der Muff von tausend Jahren unter dem Talar hervorwabert»[4] betrachten, wird aber als imponierende Persönlichkeit von hoher Intelligenz, Gemüt, Tatkraft, Religiosität und tiefem Verantwortungsgefühl beschrieben. Er ist ein Freund der barocken Inszenierung, organisiert aufwändige Reliquientranslatationen mit prunkvollen Prozessionen, sorgt für neue Wallfahrten und Bruderschaften, fördert die ewige Anbetung in Frauenklöstern. Kurz: Alles, was er unternimmt, freut das einfache Volk und ärgert die aufgeklärten Geister. Iso Walser ist noch ein Vertreter des barocken universalen Denkens und ahnt mit seiner Intelligenz sicher die Gefahr der Aufklärung für die Religion, die moderner gesinnte Prälaten nicht sehen wollen. Er gerät deshalb auch mit Fürstabt Beda bei der Volksschulreform in Konflikt, hier kann man ihn als Reaktionär «ante diem» bezeichnen.
Pragmatischer und von klarem Nützlichkeitsdenken geprägt wirkt er als Kirchenbauer. Er kann mit seiner entschlossenen Vorgehensweise und seiner grossen Redegewandtheit jede Kirchgemeinde von einem Bauvorhaben überzeugen und verlangt dann absolute Handelsfreiheit. Er bestimmt den Baumeister-Architekt, den Stuckateur, den Maler und den Altarbauer. Fürstabt Coelestin II. und ab 1767 Fürstabt Beda schätzen seine Tatkraft und lassen ihm freie Hand.
Er leitet in seinen Amtsjahren 19 Kirchenneubauten und 21 Umbauten und Renovierungen. Als Baumeister wählt er fast immer den Vorarlberger Johann Ferdinand Beer (1731–1789). Mit ihm erstellt er 11 Kirchenneubauten. Die originellste Schöpfung in dieser Reihe ist der Zentralbau von St. Bernhardzell von 1776 bis 1779. Hier sind auch die weiteren von Walser bevorzugten Meister tätig: Der Vorarlberger Peter Anton Moosbrugger (1732–1806) als Stuckateur und der Konstanzer Maler Franz Ludwig Hermann (1723–1791).
Walsers ausserordentlich selbständige Stellung und sein grosser Einfluss auf Fürstabt Beda werden im Kloster immer mehr mit Argwohn verfolgt. Wie beim Fürstabt erhebt der Konvent gegen Walser wegen «seinem nachtheiligen Wirken auf die Oekonomie des Stiftes» Vorwürfe und nicht, weil «unter ihm für Frömmler und Betschwestern goldene Zeiten blühten»[5] Auf Druck des Konvents entzieht ihm Abt Beda 1785 das Amt des Offizials und versetzt ihn als Statthalter nach Rorschach. 1795 wird er, nach einem Schlaganfall leidlich wiederhergestellt, doch alt und gebrechlich geworden, nach St. Gallen zurückgerufen. Er stirbt hier am 3. Juni 1800, im 77. Lebensjahr.

Pius Bieri 2008

Benutzte Literatur:
Weidmann, Franz: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen, St. Gallen 1834.
Grünenfelder, Josef: Beiträge zum Bau der St. Galler Pfarrkirchen unter dem Offizial P. Iso Walser 1759–1785, Friedrichshafen 1967.
Meienberg, Niklaus: «Zahl nünt, du bist nünt scholdig», in: Der wissenschaftliche Spazierstock, Zürich 1985.

Anmerkungen:
[1] Rechtsnachfolger dieses fürstäbtischen Offizialates wird nach der Säkularisation der Fürstabtei der «Katholische Konfessionsteil». Die «Katholische Administration», wie die Verwaltung dieser Nachfolgeorganisation genannt wird, ist bis heute Bewahrerin der Kulturgüter der ehemaligen Fürstabtei.

[2] Der Klosterstaat setzt sich im 18. Jahrhundert aus der «Alten Landschaft», dem noch heute als «Fürstenland» bezeichneten nördlichen Gebiet, und der Grafschaft Toggenburg im Süden zusammen. Die Grafschaft Toggenburg wiederum ist in das «Untere Amt Toggenburg» und das «Obere Amt Thurtal» gegliedert. Siehe dazu die Kartenwerke der Wikipedia unter: Fürstabtei St. Gallen.

[3] «Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen» 1834.

[4] Niklaus Meienberg in der sprachgewaltigen Erzählung «Zahl nünt, du bist nünt scholdig».

[5] Beide Zitate aus: Weidmann, Franz: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen unter den zween letzten Fürstäbten von St. Gallen, 1834.

  Iso (Franz Jakob) Walser 1722−1800  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  28. August 1722 Feldkirch Vorarlberg A   Vorderösterreich  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Offizial der Fürstabtei St. Gallen   1759–1785  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  3. Juni 1800 St. Gallen CH   Fürstabtei St. Gallen  
  Kurzbiografie              
  Pater Iso Walser prägt als Offizial der Fürstabtei St. Gallen die sakrale Baulandschaft in der grossen Klosterherrschaft entscheidend. In seiner Amtszeit fördert er als Vertrauter des Fürstabtes Cölestin II Gugger von Staudach den Bau oder Umbau von 40 Landkirchen. Damit erhält unter seiner Regie jede zweite Kirche im Klosterstaat ihr Rokokokleid. Meist sind es Landkirchen mit eingezogenem Chor, ohne Querhaus und von anspruchslosem Äusseren, aber immer mit reicher Stuck- Fresken- und Altarausstattung. Auch anspruchsvolle Bauwerke wie die Kirchen von Niederbüren und Kirchberg oder der Zentralbau von St. Bernhardzell sind Werke seiner Amtszeit. Baumeister ist vielfach Johann Ferdinand Beer, als Maler und Freskant nimmt Walser fast immer Franz Ludwig Hermann.     WalserKirchberg  
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Kirchenneubauten unter Offizial Pater Iso Walser :

Niederbüren Pfarrkirche St. Michael 1761–1769
Diepoldsau Pfarrkirche, Abgebrochen 1880 1762
Mühlrüti Pfarrkirche St. Joseph und Otmar 1762–1766
Kriessern Pfarrkirche, Abgebrochen 1896 1767
Engelburg Pfarrkirche zu den heiligen Schutzengeln 1767–1775
Straubenzell Ausstattung, zerstört 1768
Rotmonten Ausstattung, zerstört 1771
Wildhaus Pfarrkirche St. Bartholomäus 1774–1777
Berg Pfarrkirche zum hl. Erzengel Michael 1775–1777
Bernhardzell Pfarrkirche St. Johann Baptist 1776–1779
St. Fiden (Tablat) Pfarrkirche zum Herzen Jesu 1776–1779
Bütschwil Pfarrkirche, Abgebrochen 1885 1777
Glattburg Benediktinerinnen-Klosterkirche St. Gallenberg 1780–1785
Hemberg Pfarrkirche St. Johann Baptist und Andreas 1781–1784
Untereggen Pfarrkirche St. Maria Magdalena 1782–1787
Bruggen Pfarrkirche, Abgebrochen 1936 1783
Muolen Pfarrkirche, Abgebrochen 1862 1784
Ricken Pfarrkirche, Ausstattung zerstört 1784
Kirchberg Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Peter und Paul 1784–1786
Niederhelfenschwil Pfarrkirche St. Johann Baptist 1786–1787

Wichtige Kirchenumbauten unter Offizial Pater Iso Walser:

Tübach Pfarrkirche U. L. Frau 1768
Steinach Pfarrkirche St. Jakobus Maior und Andreas 1770
Häggenschwil Pfarrkirche  St. Notker 1780
Mörschwil Pfarrkirche St. Johann Baptist 1783
Waldkirch Pfarrkirche St. Blasius 1783
Wil Wallfahrtskirche Maria Dreibrunnen 1761–1763
Rorschach Pfarrkirche St. Kolumban 1782–1786

 

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Kirchberg ist eine der vielen Landkirchen, die unter der Leitung des St. Galler Offizials Iso Walser neu erbaut werden. Sie wird noch vor seiner Amtszeit 1748–1755 von Johann Michael Beer von Bildstein neu gebaut und brennt 1784 bei einem Dorfbrand ab. Für den damaligen Palier Johann Ferdinand Beer ist der Wiederaufbau auch das letzte Bauwerk vor seinem krankheitsbedingten Rückzug in den Ruhestand. Die Ausführung muss er aber seinem Landsmann Jakob Nater überlassen. Auch für den Offizial Iso Walser ist die erst 1804 geweihte Kirche eines der letzten seiner 40 Um- und Neubauten von Landkirchen.

Bild: Dietrich Michael Weidmann in Wikipedia.