Beda Summerberger (1662–1737)

Abt OSB in Zwiefalten 1715–1725

Konstanzer Herkunft
Beda Summerberger soll mit dem bürgerlichen Namen Franz Lorenz am 10. August 1660 im Herzogtum Mecklenburg geboren worden sein. So meldet es Holzherr und Lindner. Warum sich der Vater, ein Konstanzer Bürger, im fernen protestantischen Land aufhält und wer die Mutter ist, scheint nicht feststellbar. In der Überschrift zu einem 1737 gemalten Porträt der Äbtegalerie ist «D. Beda Summerberger Constantiensis» allerdings als Konstanzer festgehalten. Der Vater soll zudem seit ungefähr 1665 in Zwiefalten ansässig sein.[1] Damit ist auch der frühe Besuch des Sohnes Franz Lorenz in der Klosterschule Zwiefalten erklärbar. Er soll schon 1671 dort eingetreten sein.[2] Der seit 1675 regierende Abt Johann Martin Gleutz empfiehlt, sicher auf Grund der Schülerleistungen, ein weiteres Studium in Dillingen. Im Oktober 1680 ist ein «Franciscus Laurentius Sommerberger Constantiensis log. ann. 18» als Student der Logik immatrikuliert, der 1662 geboren ist und aus Konstanz stammt. Die Eintragungen in Dillingen sind in allen Angaben sehr präzise. Damit muss das bisher überlieferte Geburtsdatum korrigiert werden. Ob er sich das Studium in Dillingen wirklich als privater Student leisten kann, oder ob er nicht schon vor 1683, also noch vor der Aufnahme des Theologiestudiums ins Kloster eintritt, muss ebenfalls hinterfragt werden. Noch 1910 hat selbst Pirmin Lindner keine Kenntnis einer erst 1686 stattfindenden Profess.[3] Weil er zudem unter dem Klosternamen Beda schon 1687 mit den üblichen 25–27 Jahren zum Priester geweiht wird, dürfte auch das Datum der späten Profess falsch sein.

Superior in Ehingen
Zurück im Kloster wird Pater Beda vorerst als Pfarrer in Mörsingen, dann als Studienrektor in Zwiefalten eingesetzt. Anlässlich der Feier des 600-jährigen Bestehens der Abtei 1687 ist er Verfasser und Regisseur einer mehrstündigen Theateraufführung. 1693 bestimmt ihn der kurz vorher neu gewählte Abt Ulrich Rothheusler zum Superior und Professor der Rhetorik am Gymnasium von Ehingen, das seit 1686 von der Abtei Zwiefalten betrieben wird. 1697 erweitert Zwiefalten das Gymnasium mit einem Lyzeum. Pater Beda übernimmt jetzt die Fächer Philosophie und Moraltheologie. Noch ist der Schulunterricht und auch die Unterkunft der Lehrkräfte in städtischen Liegenschaften, denn erst 1698 beginnt Zwiefalten den grossen Kollegiumsneubau.
Schon 1700 wird Pater Beda vom neu gewählten Abt Wolfgang Schmid als Prior nach Zwiefalten zurückgerufen, wo er zusätzlich die Ämter des Novizenmeisters und des Rhetorikprofessors an der Klosterschule übernimmt. Er vertritt den Abt bei dessen Reise im Heiligen Jahr nach Rom. 1702 bis 1704 überzieht der bayrische Kurfürst, in Allianz mit den Franzosen, die Zwiefalter Herrschaft mit Krieg und Kontributions-Erpressungen. Abt Wolfgang flüchtet 1703 mit den jüngeren Konventualen in die Schweiz. Nach Beruhigung der Lage führt er den unterbrochenen Kollegbau fort, der 1706 bezogen wird. Als neuen Superior setzt er wieder Pater Beda ein, der hier weitere neun Jahre wirkt. 1712 legt Abt Wolfgang den Grundstein für die Kollegienkirche. Wie bei den Kollegiengebäude ist Franz II Beer Baumeister.

Abt Beda Summerberger
Am 27. April 1715 wird Beda Summerberger als Nachfolger des verstorbenen Abtes Wolfgang gewählt. Seine Regierung fällt in eine lange dauernde Friedensperiode. Trotzdem ist er kein Bauabt und sicher nicht dem legendären barocken «Bauwurmb» verfallen. In der Abfolge der Zwiefalter Äbte von 1658 bis 1765 ist er der einzige Abt, der kein neues Bauvorhaben beginnt. Askese und Pietas stehen bei ihm im Vordergrund. Schon 1703, mitten in den Kriegswirren, gelingt ihm in Zwiefalten zusammen mit seinem Vorgängerabt die Einführung einer Herz-Jesu-Bruderschaft. Die mystische, für heutige rational denkende Menschen kaum nachvollziehbare Verehrung des Herzen Jesu wird zu seinem Lebensinhalt.[4] Kein Wunder, dass er die bei Regierungsantritt im Rohbau vollendete Studien- oder Kollegienkirche in Ehingen dem von ihm gewählten Kirchenpatrozinium der «hll. Herzen Jesu, Mariä und Josephi» weiht. Das Bildprogramm der Gewölbe und die Themen der Bildwerke von Hochaltar und sechs Nebenaltären sind dem Herz-Jesu-Thema gewidmet und von Abt Beda derart gestaltet, dass die Ausstattung vollständig mit dem Gewölbe-Bildprogramm übereinstimmt. 1719 kann die fertig ausgestattete Kirche geweiht werden. Heute erinnert in der Ehinger Studienkirche nur noch die Gewölbezone an den unermüdlichen Einsatz von Abt Beda für die Herz-Jesu-Verehrung.
Zwei wichtige Anliegen der Abtei, der schon 1709 erstmals geplante Abteikirchen-Neubau und der Erwerb der Reichsunmittelbarkeit werden unter seiner Regierung nicht weiterverfolgt. Dies kann für Zwiefalten nachträglich als Glücksfall bezeichnet werden, weil seine Nachfolger mit gut gefüllten Kassen die besten Kräfte für ein neues barockes Gesamtkunstwerk einstellen können.

Resignation
Schon 1721 will Abt Beda von der Regierung zurücktreten. Der Konvent kann ihn noch davon abhalten. Am 25. Juli 1725 resigniert er aber endgültig. Er bleibt als Beichtvater und Berater in geistlichen Angelegenheiten im Kloster. Sein Nachfolger ist der labile Augustin Stegmüller, der schon 1728 wegen Überforderung für drei Monate aussetzen muss und die Regierung für diese Zeit nochmals an Altabt Beda übergibt. Die Regierung ist jetzt tatsächlich schwieriger. Die Gründe sind neue Streitigkeiten mit Württemberg, vor allem aber die zunehmenden internen Auseinandersetzungen. Im Kloster ist seit dem Regierungsantritt von Abt Beda eine tiefe Kluft zwischen den Anhängern einer religiösen Verinnerlichung und denjenigen der eher weltlichen Wissenschaften entstanden. Abt Augustin, der im Zweifelsfall die Ordenszucht der Wissenschaftsförderung vorzieht, ist mitverantwortlich für das Erlahmen der bis 1715 hochstehenden internen Bildungsförderung. Ein berühmter Wissenschaftler verlässt deshalb das Kloster.[5] Erst mit Benedikt Mauz, der 1744 Abt wird, wendet sich das Blatt wieder.
Beda Summerberger lebt noch 12 Jahre im Kloster. Am 19. März 1737 stirbt er im Alter von 75 oder 77 Jahren.
Vom Zwiefalter Biografen wird er als fromm, umsichtig, demütig, sittsam und enthaltsam gelobt. Die Eigenschaften dürften auf ihn zutreffen, sie weisen aber auch auf seine Nachteile als Vorsteher einer politisch, wirtschaftlich und kulturell bedeutenden Landesherrschaft hin.
In der Zwiefalter Äbtegalerie ist auch ein Porträt von Abt Beda Summerberger vorhanden.[6] Es ist, entsprechend aller der erst im 18. Jahrhundert gemalten Bildnisse, wahrscheinlich 1737 von Joseph Ignaz Wegscheider in der Art eines Schabkunstblattes gemalt worden. Alle Äbtebilder zeigen ein rundes Büstenporträt, das in ein erläuterndes Rahmenwerk eingefügt ist. Weitere Porträts sind nicht bekannt.

Pius Bieri 2011


Benutzte Literatur:
Holzherr, Karl: Geschichte der ehemaligen Benediktiner- und Reichs-Abtei Zwiefalten. Stuttgart 1887.
Lindner, Pirmin: Fünf Professbücher süddeutscher Benediktiner-Abteien. III. Zwiefalten. Kempten und München 1910.[7]
Wieland, Georg: Vom Kolleg zum Konvikt Ehingen. Ehingen 1970.

 

Anmerkungen:

[1] Der väterliche Wohnort Zwiefalten ist ein weiteres nicht gelöstes Rätsel (Quelle Georg Wieland 1970). Holzherr (1887) und Linder (1910) wissen davon nichts. Wieland schreibt nur vom Vater aus Konstanz, dessen Vorname und Tätigkeit er zudem nicht erwähnt und auch nicht von einer Familie spricht. Ist der junge Franz Lorenz schon ohne Mutter, hat er keine weitere Geschwister?

[2] Karl Holzherr (1887): «Er war 1671 zum Studieren nach Zwiefalten gekommen». Pirmin Lindner (1910): «kam 1671 in das Kloster-Convikt nach Zwiefalten». Beide nehmen an, dass er (als Kind) den weiten Weg aus Mecklenburg genommen habe.
Bei den Angaben über die Schul- und Studienjahre ist zu berücksichtigen, dass in der Regel mit frühestens zehn Jahren die «Rudimenta» als die erste Stufe der Ausbildung begonnen wird, dann folgt die «Humaniora» mit Schwerpunkt Sprache und Rhetorik. Im Alter von frühestens 15 Jahren kann der Übertritt in die «studia superiora» erfolgen, einem dreijährigen philosophischen Kurs, der im ersten Jahr mit der «Logica» beginnt. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss des philosophischen Kurses wird der Student zum vierjährigen Theologiestudium zugelassen. Ein Beginn mit dem philosophischen Kurs im Alter von 18 Jahren (Summerberger 1680 in Dillingen) ist deshalb keine Ausnahme.

[3] Die Nennung der Profess 1686 (im Alter von 26 oder 24 Jahren!) erscheint erstmals 1911 in «Zwei grosse Äbte des Klosters Zwiefalten an der Grenzscheide des 17. und 18. Jahrhunderts» von Joseph Hehle. Seither dient diese Studie als Grundlage der nachfolgenden Biografien, auch bei Georg Wieland 1970. Warum allerdings Beda Summerberger vorher in Zwiefalten zweimal abgewiesen wird und das übliche Eintrittsalter von 15–16 Jahren um fast ein Jahrzehnt verpasst, wird nicht untersucht. Erst mit der Priesterweihe 1687 im Alter von 25 oder 27 Jahren sind sich die Historiker wieder einig.

[4] Die barocke Herz-Jesu-Verehrung geht auf die Visionen der Salesianerin Margareta Maria Alacoque zwischen 1673 und 1675 zurück. Die Verehrung wird in der Aufklärung bekämpft, erlebt aber ihren Höhepunkt nach der katholischen Restauration im späten 19. Jahrhundert, wo in fast jede Kirche eines der kitschigen, frömmelnden Bilder von Jesu oder Maria mit einem flammenden Herzen Einzug hält.

[5] Mehr dazu siehe in der Biografie «Augustin Stegmüller» in dieser Webseite.

[6] Die Äbtegalerie von Zwiefalten befindet sich, der Öffentlichkeit nicht zugänglich, auf der Orgelempore der ehemaligen Stiftskirche. Nachdem sie dort vorher ein unbeachtetes Dasein geführt hat, sind die Porträts von Hubert Hosch seit 2016 unter www.freieskunstforum.de/.pdf mit Erläuterungen veröffentlicht.

[7] Beda Summerberger in Pirmin Lindner, Professbuch Zwiefalten 1910:
45. Beda Sommerberger «Megalopolitanus» (Mecklenburg), geb. 10. Aug. 1660, kam 1671 in das Kloster-Convikt nach Zwiefalten, wurde 1687 Priester und bekleidete folgende Stellen: Moderator Clericorum, Professor der Humaniora, Novizenmeister, Superior zu Ehingen, Prior im Kloster 1700, zum Abt erwählt 27. April 1715. Er hatte sich sehr seiner Wahl zum Abte widersetzt und nur dem Drängen des Conventes endlich nachgegeben. Er sagte: Fiat voluntas tua, setzte aber bei: «non tamen Abbas moriar». Beda war eine fromme, demütige, zu dem beschaulichen Leben und der Betrachtung hinneigende Persönlichkeit. Schon als Superior des Collegiums zu Ehingen war er ein vielseitig gesuchter geistlicher Ratgeber, Prediger und Beichtvater. Seine Briefe atmeten alle eine gewisse höhere Salbung und geistliche Weihe. Ganz besonders verdient hervorgehoben zu werden sein Eifer in Einführung und Pflege der Andacht zum hlst. Herzen Jesu. Auf seine Bemühungen wurde, als er Prior war, zu Zwiefalten 1703 die Herz Jesu Bruderschaft durch päpstliches Breve errichtet. Auf seinen Betrieb wurde in der Nähe des Benediktiner Frauenklosters Urspringen bei Schelkingen auf dem Lützelberge eine Herz Jesu-Kapelle, erbaut 1709 und 1719 consecriert; endlich die neue Collegiumskirche zu Ehingen, zu Ehren des hlst. Herzens Jesu 1719 consecriert und mit 7 Altären ausgestattet.
Von seiner Regierung heisst es: «Florebat disciplina et pietas, passim incrementa capiebat resque familiaris crescebat provenitus». Aus Sehnsucht nach ganz zurückgezogenem Leben wollte Beda schon 18. April 1721 resignieren; durch Drängen der Conventualen blieb er aber vorläufig noch Abt, resign. aber am 27. Juli 1725 und blieb bis zu seinem Tode Confessarius des Conventes und dessen Berater in geistlichen Angelegenheiten. Unter seinem Nachfolger Augustin musste er nochmals 3 Monate die Regierung führen, da dieser wegen Hypochondrie sein Amt nicht verwalten konnte. Beda starb am 19. März 1737.
(Vergl. Holzherr, Gesch. von Zwiefalten, S. 148-149; über seine Correspondenz mit der sel. Crescentia Höss von Kaufbeuern vergl. S. Benedictus-Stimmen, Jahrg. 1890, S. 140.)
Schriften:
1.   Drama: «Res gestae et perpessae Monasterii Zwifaltensis»). Dieses kam beim 600 jährig. Jubiläum des Stiftes am 12. Sept. 1689 zur Aufführung. Dieselbe beanspruchte 6 Stunden.
2.   Andachtsübungen des Abtes Beda von Zwiefalten, herausgegeben von P. Maurus Hummel, Prior des Stiftes Reichenau. Constanz 1746. 184 S. 4°. (Opus posthum.)


Bildnis des Abtes Beda in der Äbtegalerie Zwiefalten

Das runde Büstenporträt in einem erläuternden Rahmenwerk (Tempera / Öl /Leinwand, B 103 cm, H 142 cm) ist wahrscheinlich 1737 von Joseph Ignaz Wegscheider in der Art eines Schabkunstblattes gemalt worden.
Quelle:
Hubert Hosch, Freieskunstforum.de

Beda Summerberger aus Konstanz ist, anders als seine Vorgänger, kein eigentlicher Bauabt. Während seiner zehnjährigen Regierung beginnt er trotz Friedenszeiten und guter Finanzlage  kein neues Bauvorhaben. Hingegen ist er eigentlicher Konzeptor der Innenraum-Gestaltung des Studienkirchen-Neubaus in Ehingen. Als glühender Herz-Jesu-Verehrer weiht er die Kirche und ihr Ausstattungsprogramm diesem Patronat. Offenbar eckt er im Konvent mit seiner religiösen Verinnerlichung bei den Anhängern der eher weltlichen Wissenschaften an. Der damit geschaffenen Kluft ist er und auch sein Nachfolger nicht gewachsen. Erst der 1744 gewählte Abt Benedikt Mauz führt die Reichsabtei wieder zu neuem Glanz und Anerkennung.
Summerberger
Land 18. Jahrhundert
Herzogtum Mecklenburg
Regierungszeit
1715–1725
Land 18. Jahrhundert
Reichsabtei Zwiefalten
Biografische Daten
Kurzbiografie
PDF
Bildlegende
welcome
Beda Summerberger (1662–1737) Abt OSB in Zwiefalten