Giulio Barbieri (ca. 1610/15–1681)

Misoxer Baumeister

Die Barbieri sind eine Baumeisterfamilie aus Roveredo im Misox. Sie nennen sich auch Barbè. Geburtsort und Geburtsdatum von Giulio Barbieri sind unbekannt. Sein Vater Martino (1583–1633) wohnt und arbeitet seit 1615 in Eichstätt, wo er als Meister Martin Balbierer aus Ruffolt aufgeführt ist. Giulio dürfte nach 1610 geboren worden sein, wahrscheinlich noch in Roveredo. Nach der Lehre und dem Tode des Vaters hat er sich vermutlich Onkel Alberto angeschlossen, der 1641–1642 die Klosterkirche von Neu St. Johann hochführt. Seinen Wohnsitz behält er in Roveredo, wo er sich im Winterhalbjahr aufhält. Hier trifft er sich regelmässig mit seinen Brüdern Domenico und Pietro zu einem oder mehreren Boccalini Wein («bochali di uino») in der «Taverna» des Dorfes. Zu den «fratelli barberij» stösst regelmässig auch der Kemptner Baumeister Giovanni Serro und Giovanni Zuccalli, der Vater des Münchner Hofbaumeisters Enrico Zucalli. Erst zwischen 1660 und 1674 ist Giulio Barbieri als selbstständiger Baumeister aktenkundig. Sein Hauptwerk ist das Kloster und die Klosterkirche in Isny, eine Freipfeilerhalle in der Art der Klosterkirche von Neu St. Johann, die er mit seinen beiden Brüdern baut.
Er stirbt am 19. Februar 1681 in Roveredo.

Pius Bieri 2008

Literatur:
Zendralli, Arnoldo Marcelliano: Graubündner Baumeister, Zürich 1930.
Zendralli, Arnoldo Marcelliano: I Magistri Grigioni, Poschiavo 1958.

StammBarbieri Stammbaum Barbieri

Pfister, Max: Baumeister aus Graubünden, Chur 1993.
Santi, Cesare: Barbieri Giulio, in Historisches Lexikon der Schweiz, Bern 2005

Werke von Giulio Barbieri, soweit bekannt:

1660 Weissenau bei Ravensburg (D), unbekannte Arbeiten[1] für die Abtei, vielleicht Kirche Marienthal.
1661 Laupheim (D), Pfarrkirche St. Peter und Paul, Baufertigstellung des von seinem Vater 1623 begonnenen Bauwerks.
1661-1664 Isny (D), Benediktinerabtei St. Georg, Klosterkirche, Neubau, mit den Brüdern Pietro und Domenico.
1662 Fiegenstall bei Ellingen (D): Pfarrkirche St. Nikolaus, Umbau.
1666–1671 St. Gallen (CH), Benediktinerabtei, Hofflügel (heute Bischofsflügel), mit Giovanni Serro (Planung) und Daniel Glattburger.
1670–1674 Pfäfers (CH), Benediktinerabtei, Klosteranlage, Planung mit Giovanni Serro.

[1]  Nach dem Werkverzeichnis Zendralli 1958 ist es die «Kirche», von Pfister und Santi wird dies übernommen, nun als «Pfarrkirche». Die Zuweisung ist fragwürdig. Um 1660 ist im Klosterbereich Weissenau kein Neubau bekannt, hingegen wird die Tauf- und Begräbniskirche Marienthal (heute Mariatal) umgenutzt. Es kann sich bei der Nennung höchstens um Umbauten oder eventuell Planungen handeln.

 
  Giulio Barbieri (ca. 1610/15–1681)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  um 1610/15 ? Roveredo   Graubünden CH  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Freistaat Graubünden   Chur  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  19. Februar 1681 Roveredo   Graubünden CH  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Freistaat Graubünden   Chur  
  Kurzbiografie        
  Der Misoxer Baumeister Giulio Barbieri ist nur im Sommerhalbjahr im Norden der Alpen tätig, wie dies bei allen freischaffenden «Italienern» im 17. Jahrhundert Usanz ist. Mit seinem Alters- und Dorfgenossen Giovanni Serro, dem Baumeister von Kempten, arbeitet er wahrscheinlich nicht erst an den quellenmässig belegten Bauten in St. Gallen und Pfäfers (1666 bis 1674). Für die Zeit zwischen 1630 und 1660 fehlen von Giulio Barbieri Werknachweise, da in den damaligen Quellen nur der Vertragspartner genannt wird. Zwischen 1630 und 1645 ist er im Bautrupp seines Onkels Alberto, vielleicht auch am Neubau der Klosterkirche Neu St. Johann tätig. Als er 1660 den Auftrag für die Stiftskirche Isny erhält, nimmt er jedenfalls die Freipfeilerhalle von Neu St. Johann zum Vorbild.     BarbieriGiulio  
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Das Hauptwerk von Giulio Barbieri ist die Stiftskirche von Isny, in Grundriss und Schnitt von ähnlichem Zuschnitt wie die Klosterkirche in Neu St. Johann, die er sicher kennt, vielleicht aus seiner eigenen Tätigkeit im Trupp des Onkels Alberto. Ein Vergleich zeigt die Ähnlichkeit in den Grundrissen, die in den Schnitten noch deutlicher wird.