Tessiner Stuckatorenfamilie des 17. und 18. Jahrhunderts in Deutschland und Dänemark
Nachkommen des Giulio Brenni (1609–1682):
Giovanni Prospero Brenni (1638–1696), Stuckateur in Bayern und Schwaben.
Giovanni Battista II Brenni (1649–1712), Stuckateur in Bayern und Franken.
Giulio Francesco Brenni (1667–1694), Stuckateur in Franken.
Paolo Gerolamo Brenni
(1673–1698), Stuckateur in Franken.
Carlo Enrico Antonio Brenni (1688–1745), Hofstuckateur in Dänemark.
Nachkommen des Giovanni Battista I Brenni:
Francesco Brenni (1644–ca.1698), Stuckateur in Bayern und Salzburg.
Carlo Antonio Brenni (1648–1734?), Stuckateur in Salzburg.
Die Mitglieder der beiden Familienzweige Brenni aus Salorino bei Mendrisio im Tessin sind als saisonale Stuckateure vor allem in Altbayern, Schwaben, Salzburg und Franken tätig. Ein Mitglied wird als Hofstuckateur in Dänemark sesshaft. Der Familiennamen, noch heute in Salorino als Brenni vorkommend, mutiert in der deutschen Kunstgeschichte zu Brenno.
Giovanni Prospero[1] wird 1638 in Salorino als Sohn des Giulio und der Lucrezia geboren. Er ist der Bruder von Giovanni Battista (1649–1712). Zwei seiner Söhne aus der Heirat mit Marta Vasalli[2] aus Riva San Vitale, Giulio Francesco (1667–1694) und Paolo Gerolamo (1673–1698), werden ebenfalls Stuckateure.
1672 ist er in Würzburg zum ersten Mal aktenkundig. Er stuckiert hier den grossen Saal im «Roten Bau» des Rathauses.
1673 arbeitet er zusammen mit seinem jüngeren Bruder in der Münchner Theatinerkirche im Trupp des Carlo Brentano an den Stuckarbeiten im Langhaus.[3] 1675 wird er nach dem Wechsel der Leitung zu Enrico Zuccalli für die weitere Stuckausstattung unter Vertrag genommen. Er hat hier einen Arbeitslohn von sieben Gulden die Woche. Der Stuck in der Theatinerkirche, zum grössten Teil 1672–1675 von Brentano, den Brüdern Brenni und weiteren Stuckateuren aus dem Mendrisiotto geschaffen, wird vielfach, auch im Dehio, Nicolò Perti und Abraham Leuthner zugesprochen. Während der junge Perti[4] im Trupp von Brenni denkbar ist, stellt die Beteiligung des Baumeisters Abraham Leuthner eine Verwechslung dar. Es handelt sich bei Leuthner um den Münchner Hofbildhauer Wolfgang Leuthner, der 1674 und 1675 vollplastische Stuckfiguren an die «Italiener» liefert.
1680–1681 stuckiert Brenni in der Münchner Residenz. Erhalten ist hier der Deckenstuck im vierten Sommerzimmer.[5]
1683–1686 wird er als Stuckateur der neuen Stiftskirche von Benediktbeuern genannt. Hier arbeitet er mit Nicolò Perti zusammen. Aufgrund der plastischen Qualität schreibt ihm P. Leo Weber[6] die plumperen Figuren zu und weist die besseren Stuckarbeiten Nicolò Perti zu.
1687 ziehen ihn die in bayrischen Hofdiensten stehenden Grafen von Rechberg für die Stuckierung und Ausstattung der Wallfahrtskirche zur Schönen Maria auf dem Hohenrechberg bei Schwäbisch Gmünd bei.[7] Der Kontakt mit dem dortigen Vorarlberger Baumeister Valerian Brenner führt zum nächsten Auftrag, der Wallfahrtskirche zur schmerzhaften Muttergottes im Weggental bei Rottenburg am Neckar. Hier ist auch die Mitarbeit seiner beiden Söhne nachgewiesen.
1694 arbeitet er im Trupp von Hans Jörg Brix an der Stuckausstattung des Augustiner-Chorherrenstifts Wettenhausen. Wieder ist Valerian Brenner Vermittler, er hat diesen Bau vermutlich schon seit 1670 als Palier von Michael Thumb geleitet. Brenni werden unter anderem die überlebensgrossen, vollplastisch gearbeiteten Engel im «Kaisersaal» zugeschrieben.
Giovanni Prospero Brenni stirbt am 18. Januar 1696 im Alter von 60 Jahren in Salorino. Nur gerade sein Sohn Paolo Gerolamo überlebt ihn um zwei Jahre.
Pius Bieri 2009
Benutzte Literatur:
Guldan, Ernst: Italienische Stukkatoren in Bayern, in: Arte e artisti dei laghi lombardi, Como 1964.
Nicht, Christoph: Pietro Magno und die italienischen Stukkateurtrupps, in: Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, Würzburg 1999.
Rinn, Barbara: Italienische Stukkateure zwischen Elbe und Ostsee, Kiel 1999.
Heunoske, Werner: Tessiner Stuckatoren im Umkreis des Münchner Hofes. Die Brüder Prospero und Battista II Brenno, in: ZAK Band 61, Heft 2/04, Zürich 2004.
Thöny, Ulrike: Brenno, Paolo, in: Artisti Italiani in Austria, Innsbruck 2005.
Thöny, Ulrike: Brenno, Carlo Antonio, in: Artisti Italiani in Austria, Innsbruck 2005.
Thöny, Ulrike: Brenno, Francesco, in: Artisti Italiani in Austria, Innsbruck 2005.
Pedrini Stanga, Lucia: Brenni, Carlo Enrico, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Bern 2009.
[2] Vasalli, nicht Vasallo.
[3] Carlo Brentano aus der Linie Moretti aus Azzano bei Tremezzo am Comersee ist Stuckateur-Unternehmer. Er wird 1673 in München mit seinem ursprünglichen Namen Brentani, zusammen mit seinem Bruder Giovanni Battista in den Büchern geführt. Vor allem der Stamm Brentani-Cimaroli macht gleichzeitig in Frankfurt eine steile Händlerkarriere und wechselt früh zum Namen Brentano.
[4] Der spätere Hofstuckateur wird erst 1685 für selbstständige Stuckarbeiten unter Vertrag genommen und erwähnt, ist aber vermutlich als Lehrling 1663 mit dem Vater Lorenzo Perti (gestorben 1692) nach München gekommen. Die falsche Zuschreibung an Perti ist schon 1964 durch Ernst Guldan korrigiert worden. Hingegen arbeitet in der Theatinerkirche 1673 ein Antonio Perti.
[5] Die Zuschreibung einer gleichzeitigen Stuckausstattung in der Annakapelle der Franziskanerkirche von Salzburg, signiert PBSF, dürfte eine Verwechslung sein (Paolo Brenno?).
[6] Weber, P. Leo SDB: Kloster Benediktbeuern, Kunstführer, Regensburg 2003. Leider ist eine solche Wertung für die gemeinsamen Arbeiten der Künstlertrupps keine Seltenheit.
[7] Hier schreibt Dehio den Namen als Prosper Brenner.
Süddeutscher Barock • Home • Feedback
Die vorliegende Seite ist unter dem Label {{CC-nc-by}} für nichtkommerzielle Zwecke und unter der Nennung des Autors frei verwendbar.