Jakob Emele (1707–1780)

Baumeister in Schussenried

Im Taufregister von Stafflangen ist am 13. Juli 1707 Jacobus als Sohn des Matthäus Emele und der Maria Hepp eingetragen. Stafflangen, eine kleine Gemeinde von kaum damals 500 Einwohner, liegt im Herrschaftsgebiet des Klosters Schussenried. Klosterbaumeister ist zu dieser Zeit der Vorarlberger Michael Mohr II.[1] Mohr setzt 1721−1722 die Kirche in Stafflangen instand und baut anschliessend die neuen Pfarrkirchen der Klosterpfarreien Eggmannsried, Attenweiler und Untereggatsweiler. Bei ihm geht Jakob Emele in die Lehre.
Aus Roppertsweiler, einem noch kleineren Dorf gleich nördlich der Abtei Schussenried stammt die Tochter eines Maurermeisters, Katharina Schwärzler, die der erst 22-jährige Jakob Emele 1729 heiratet. Zu dieser Zeit arbeitet er als Maurergeselle beim Wessobrunner Palier Johann Michael Köpf[2] auf der Baustelle der Wallfahrtskirche Steinhausen. Hier lernt er die Arbeitsweise der Wessobrunner Baumeister und Stuckateure kennen, die in grosser Zahl unter der Leitung von Köpf auf dieser Baustelle arbeiten. 1730 kauft sich Jakob Emele in die Schussenriedener Zunft ein und ist bereits 1738 «Zunfftmeister und Maurermeister zu Roppertsweiler». Er hat damit im Dorf seiner Ehefrau Wohnsitz. Emele bildet nun selber Lehrlinge aus, der berühmteste ist Januarius Zick,[3] der 1748 lediggesprochen wird.
Nach dem Tod seines Lehrmeisters, des Schussenrieder Klosterbaumeisters Michael Mohr, wird Jakob Emele von Abt Siard Frick als Baumeister beigezogen. 1735 wird ihm der Neubau des Schussenriedener Hofes in Hagnau am Bodensee zugeschrieben. 1739 bis 1741 ist er für Arbeiten an der Kirche von Eberhardzell erwähnt, deren Langhaus seit 1973 zerstört ist. Sein erster gesicherter und noch heute bestehender Bau ist die Kirchturmerhöhung in Ummendorf von 1743. Anschliessend arbeitet er bis 1746 zusammen mit dem Maler Johann Zick an der Barockisierung der Stiftskirche von Schussenried. 1746 baut er auch den residenzähnlichen Pfarrhof von Eberhardzell. Pfarrherr ist hier Magnus Kleber, der 1750 zum Abt gewählt wird. Jakob Emele ist jetzt offiziell Klosterbaumeister der Abtei Schussenried. Er baut im gleichen Jahr die neue Pfarrkirche von Muttensweiler und übernimmt 1751 den grossen Klosterneubau von Schussenried nach der Planung von Dominik Zimmermann. 1754 sind Ost- und Nordflügel im Rohbau errichtet. In diesem Jahr wird Jakob Emele zum Wiederaufbau des Schlosses von Tettnang gerufen. Ein Brand hat das von Baumeister P. Christoph Gessinger erst 1712 erbaute Schloss zerstört. 1758 plant er einen Neubau für das Kloster Petershausen und liefert auch ein Modell. Die Bezahlung von 500 Gulden deutet auf einen grossen Auftrag hin. Planung und Modell sind leider nicht mehr erhalten. 1758−1767 kann er in Stafflangen den Kirchturm, mit grösster Wahrscheinlichkeit auch die Kirche, und ab 1759 die grosse Dreiflügelanlage des im Osten der Kirche gelegenen «Pfarrschlosses» neu bauen. Abt ist jetzt der aus Stafflangen stammende Nikolaus Cloos. Nun wird Emele auch vermehrt als Gutachter beigezogen, so in Biberach, in der Abtei Rot, oder im Stift Waldsee, wo er 1765−1768 die doppeltürmige Westfassade der Stiftskirche baut.[4] 1777−1779 baut er als letztes Werk die Pfarrkirche von Otterswang, eine der schönsten Dorfkirchen des späten Rokoko in Oberschwaben.
Jakob Emele stirbt im Alter von 73 Jahren am 8. August 1780 in Roppertsweiler.
Er muss in die grosse Reihe der regional tätigen selbstständigen Baumeister eingestuft werden, die durchaus beachtliche schöpferische Leistungen vollbringen können, ohne aber in der Kunstgeschichte eine bedeutende Rolle zu spielen. Sein heutiger Bekanntheitsgrad beruht auf der Ausführung der Klosterneubauten von Schussenried, auf der Wiederherstellung des Tettnanger Schlosses und auf der Doppelturmfassade der Stiftskirche von Wurzach. Nicht immer ist er Verfasser der Entwürfe, wie beim Klosterneubau von Schussenried oder bei der Kirchturmerhöhung von Ummendorf. Dies schmälert aber seine immer eigenständige Leistung beim Bau der herrschaftlichen Pfarrhöfe und Dorfkirchen nicht. Sie sind immer hervorragend gestaltete, den klassischen Regeln der Baukunst verpflichtete, spätbarocke Baumeisterleistungen. Vor allem sein letztes Werk, die Rokokokirche von Otterswang, zeigt seine grossen Qualitäten als Gestalter noch einmal deutlich.

Pius Bieri 2009, rev. 2019

Benutzte Literatur:
Kasper, Alfons: Das Prämonstratenser-Stift Schussenried, Teil 1 und 2, Schussenried 1960.
Beck, Otto und Buck, Ingeborg Maria: Oberschwäbische Barockstrasse, Regensburg 1997.
Minsch; Otto: Jakob Emele – vor 300 Jahren gestorben, in: «Zeit und Heimat» 12. Juli 2007 der «Schwäbischen Zeitung», Biberach 2007.

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Emele


[1] Michael Mohr (1682–1732) aus Andelsbuch im Bregenzerwald, seit 1704 in Schussenried. Seine Werkliste in «Die Vorarlberger Barockbaumeister» von 1960 umfasst elf Werke, die Kirche von Eberhardzell ist noch nicht enthalten. Ihr Kirchenschiff-Neubau, von dem aber heute nur noch die Fassade besteht, soll aber 1711–1713 gebaut worden sein. Die Arbeiten 1739–1741 von Jakob Emele sind deshalb nicht zu erklären.

[2] Im Wikipedia-Beitrag wird Köpf (auch Käpf) irrtümlich als Vorarlberger bezeichnet.

[3] Mit dem Vater, dem Maler Johann Zick, der 1745 die Gewölbe der Schussenriedener Stiftskirche freskiert, vereinbart Jakob Emele im Lehrvertrag Unterrichtung in der «Reüsskunst». Dies irritiert, denn das Zeichnen von Planrissen wird vom Baumeister erwartet. Ob mit der Reisskunst die perspektivische Darstellung gemeint ist?

[4] Gemäss Alfons Kaspar wird am 17. August 1757, nach dem Turmeinsturz in Biberach, Jakob Emele nebst dem Baumeister Bagnato als Gutachter beigezogen. Bei Bagnato kann nur der 26-jährige Sohn Franz Anton gemeint sein, da der berühmte Ordensbaumeister Johann Caspar Bagnato zu diesem Zeitpunkt schon verstorben ist.

 


  Jakob Emele (1707–1780)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  13. Juli 1707 Stafflangen (Biberach)   Baden-Württemberg D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Herrschaft Reichsabtei Schussenried   Konstanz  
  Sterbedatum Sterbeort       Land  
  8. August 1780 Ropperstweiler Bad Schussenried   Baden-Württemberg D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Herrschaft Reichsabtei Schussenried   Konstanz  
  Kurzbiografie        
  Der Schussenriedener Klosterbaumeister Jakob Emele ist ein regional tätiger und gesuchter Baumeister-Architekt. Seine Ausbildung bei Vorarlberger Baumeistern und Wessobrunner Stuckateuren befähigen ihn zu eigenständigen schöpferischen Leistungen, wie vor allem seine Pfarrhof- und Kirchenbauten in der Klosterherrschaft zeigen. Obwohl das Konzept des Klosterneubaus von Schussenried auf Dominikus Zimmermann zurückgeht, geht die ausgeführte Architektur auf die Planung  von Jakob Emele zurück. Die Wertschätzung seiner schöpferischen Tätigkeit zeigt sich auch im Beizug für die Neubauplanungen der Abtei Petershausen, welche allerdings nicht mehr erhalten sind.     EmeleWaldsee  
  bio pdf werkliste     legende  
Die doppeltürmige Westfassade der ehemaligen Stiftskirche der Augustiner-Chorherren in Waldsee (heute Bad Waldsee) wird 1765–1768 von Jakob Emele gebaut. Für die Planung könnte er Vorentwürfe des Baumeisters Franz Anton Bagnato mitbenutzt haben.

Bauwerke von Jakob Emele

Nur Neubauten und grössere Umbauten, ohne reine Planungen und Beratungen, ohne Maurer- und Reparaturarbeiten
Quelle: Otto Minsch 2007

Jahr Ort, Bauwerk Beschrieb Herrschaft, Bauherr 18. Jh.
1729–
1731
Steinhausen
Wallfahrtskirche der Abtei
Schussenried
Emele ist Geselle bei Johann Michael Köpf, dem Palier von Dominikus Zimmermann Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Didakus Ströbele
1731–
1738
Hagnau am Bodensee
Pfleghof der Abtei Schussenried
Zuschreibung des Neubaus als erstes selbständiges Bauwerk Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Didakus Ströbele
1739–
1741
Eberhardzell.
Pfarrkirche St. Margareta
Umbauten? Durch Modernisierung 1968–1973 zerstört Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Didakus Ströbele
1743 Ummendorf
Kirchturm der Pfarrkirche
St. Johannes Evangelist
Kirchturmerhöhung nach Plan von Johann Michael Fischer Benediktinerabtei Ochsenhausen
Abt Benedikt Denzel
1745–
1746
Abtei Schussenried
Stiftskirche St. Magnus
Umbau im Zuge der Barockisierung durch den Maler Johann Zick, sein Sohn Januarius Zick beginnt die Lehre bei Jakob Emele Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1746–
1747
Eberhardzell
Pfarrhof und Sommerresidenz
Neuachsiger residenzialer Neubau mit Mittelrisalit Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1747 Stafflangen
Pfarrhaus
Neubau, dreigeschossig, allseitig dreiachsig, heute Buchauer Str. 6/1 (Quelle KDM 1914). Nach anderen Quellen (Dehio etc.) ist es Rest der grossen Dreiflügelanlage von 1759. Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1747–
1748
Eggmannsried
Pfarr- und Mesmerhaus
Fünfachsiger, zweigeschossiger Neubau unter Walmdach Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1749–
1750
Winterstettendorf
Pfarrkirche St. Pankratius
Barockisierung und Verlängerung der spätgotischen Kirche Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1750–
1751
Muttensweiler
Pfarrkirche St. Jakobus
Neubau der Saalkirche mit eingezogenem Chor und Turm Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Siard I. Frick
1751 Schussenried
Fischerhaus St. Benno
Neubau, heute Fischerhausstrasse 12 Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Magnus Kleber
1751 Muttensweiler
Schmiede und Mesmerhaus
Neubauten Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Magnus Kleber
1751–
1756
Abtei Schussenried
Klosterneubau, Ost-, Nord- und Westflügel
Baubeschluss nach Plan Dominikus Zimmermann 1749, Ausführung ab 1751 Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Magnus Kleber
1754–
1758
Tettnang
Neues Schloss
Wiederaufbau nach Brand 1753 Ernst Maximilian Joseph Graf von Montfort
1756–
1766
Abtei Schussenried
Bibliotheksaal
Planung Franz Georg Hermann, Baustellenorganisation Jakob
Emele
Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Magnus Kleber und Nikolaus Cloos
1758 (Bad)-Schussenried
Kaserne für das Reichskontingent und Gefängnis
Neubau, dreigeschossig, Eckpavillons mit Mezzanin und Mansarddach. Heute Rathaus Wilhelm-Schussen-Str. 36 Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Nikolaus Cloos
1758 Meersburg
Neues und Altes Schloss
Nicht definierte Arbeiten im Neuen Schloss, Archivsaal im Alten Schloss Fürstbischof Franz Konrad von Rodt
1759–
1770
Stafflangen
Pfarrkirche St. Remigius
Neubau von Kirchturm (bis 1760) und Kirche (bis 1770), nur Kirchturm ist für Emele gesichert Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Nikolaus Cloos
(Cloos ist Bürger von Stafflangen und hier begraben)
1759–
1765
Stafflangen
«Pfarrschloss», Sommerfrische der Schussenriedener Konventualen.
Dreiflügelanlage, gebaut «aus Resten des Schlosses von Winterstetten», Abriss 1841/52 (Quelle KDM 1914, siehe Pfarrhaus 1747) Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Nikolaus Cloos
1761 Roppertsweiler
Wohnhaus Emele
Wiederaufbau nach Brand Jakob Emele
1765–
1768
Waldsee (heute Bad Waldsee)
Stiftskirche St. Peter
Neubau Doppelturmfront und Verlängerung Kirchenschiff um 8 Meter Augustiner-Chorherrenstift Waldsee
1777 Schwaigfurt bei Otterswang
Inselpavillon
Neubau als gestrecktes Oktogon mit Mansarddach im Schwaigfurter Weiher Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Joseph Krapf
1777–
1779
Otterswang
Pfarrkirche St. Oswald
Neubau als hervorragend gestaltete Kirche des spätesten Rokoko mit entsprechender Ausstattung Prämonstratenserabtei Schussenried
Abt OPraem Joseph Krapf