Balthasar Neumann (1687–1753)

Ingenieur-Architekt im Dienst der Schönborns

Fürstlich-würzburgischer Ingenieur-Offizier
Am 30. Januar 1687 wird Balthasar als siebentes von acht Kindern des Tuchmachers Hans Christoph Neumann und seiner Ehefrau Rosina Grassold in der St. Niklaskirche im böhmischen Eger[1] getauft. Hier wohnt die Familie an der Schiffgasse 12. Balthasar Neumann macht hier die Lehre als Geschütz- und Glockengiesser. 1711 kommt er auf seiner Wanderschaft nach Würzburg und arbeitet als Geselle in der Giesshütte von Ignaz Kopp. 1712 gewährt ihm seine Heimatstadt Eger finanzielle Unterstützung für ein Studium. Er nimmt Unterricht in der Zivil- und Militärbaukunst beim fürstbischöflichen Ingenieurhauptmann Andreas Müller. Gefördert von Fürstbischof Johann Philipp II. von Greiffenclau kann Neumann 1714 als Fähnrich in die hochfürstlich-würzburgische Schloss-Leibkompanie eintreten und gleichzeitig seine Studien fortsetzen. 1716 vermittelt ihm der Fürstbischof eine praktische Architekturausbildung beim Vorarlberger Baumeister Joseph Greissing (1664–1721), der seit 1699 das Bauwesen im Hochstift Würzburg dominiert. In Greissings Zeichnerbüro auf der Baustelle der Zisterzienserabtei Ebrach vertieft er seine Kenntnisse im zivilen Gewölbebau, speziell die Gewölbesicherungstechnik mittels Diagonalankern, die Greissing immer verwendet und die Neumann später perfektioniert.[2] Bei dem aus dem Zimmermannshandwerk mit seinen hohen Ansprüchen an die Statik herausgewachsenen Joseph Greissing wird Neumann auch das Hufeisengewölbe kennengelernt haben. Dieses den Seitenschub vermeidende Gewölbesystem hat Greissing kurz vorher in Grosskomburg angewendet. Die Bezahlung von Neumanns Tätigkeit in Ebrach erfolgt nicht durch den Baumeister Greissing, sondern, weil er als Militärangehöriger nicht durch Zivilisten entlöhnt werden darf, durch den Würzburger Hof. Dies hat die Kunsthistoriker lange Zeit dazu verleitet, die Planung Greissings in Ebrach an Balthasar Neumann zuzuschreiben.[3] Auch hat Neumann hier nicht als Wasserbauingenieur gearbeitet, wie dies in der Literatur immer wiederholt wird.[4]
1717 nimmt Neumann als Militäringenieur mit fürstbischöflichen Truppen am Türkenfeldzug des Prinzen Eugen von Savoyen teil und ist an der Eroberung Belgrads beteiligt. Er sieht zum ersten Mal Wien. Man kann annehmen, dass er hier die Werke des Johann Lucas von Hildebrandt studiert. 1718 ist er im Stab des Generalgouverneurs von Mailand. Schon 1718 ist er wieder in Würzburg und wird zum fürstlich würzburgischen Ingenieur-Hauptmann ernannt. Er kann sich 1719 an der Burkarder Strasse ein eigenes Wohnhaus bauen. Im gleichen Jahr stirbt sein Förderer, Fürstbischof Johann Philipp II. von Greiffenclau. Neuer Fürstbischof wird Johann Philipp Franz von Schönborn, ein Neffe des mächtigen Kurfürsten und Fürstbischofs von Mainz, Lothar Franz von Schönborn. Die Schönborns verfolgen nun die Greiffenclau-Gefolgsleute skrupellos. Um seinen Kopf zu retten, zahlt der ehemalige Direktor der Hofkammer und kaiserliche Hofkammerrat Johann Gallus Jacob von Hohlach die unglaublich hohe Summe von 640 000 Gulden, fast die Höhe der Jahreseinnahmen des gesamten Hochstifts. Damit kann der neue Fürstbischof den Residenzbau in Würzburg beginnen. Im Hintergrund zieht der Onkel in Mainz die Fäden. Dieser schätzt Balthasar Neumann und fördert ihn, ungeachtet seiner vorherigen Verbindungen zu den Greiffenclaus. Als Planer der Residenz zieht er aber 1719 seinen erfahrenen Mainzer Baudirektor Obristlieutenant Maximilian von Welsch und später auch den kaiserlichen Hofingenieur Johann Lucas von Hildebrandt bei. Als Bauleiter wird Johann Dientzenhofer bestimmt. Dem erfahrenen Baumeister stellt er 1720 den inzwischen fertig ausgebildeten Balthasar Neumann zur Seite. Als Festungs- und Städteplaner hat Neumann mit dem begonnenen barocken Umbau Würzburgs schon Grosses geleistet, ist aber im repräsentativen Schlossbau noch wenig erfahren. Deshalb ermöglicht der Fürstbischof 1723 seinem «stückhaubtmann und Ingenieur balthasar neumann» eine Studienreise nach Paris, «damit Er die gelegenheit habe etwas mehreres zu sehen, sich in der bawkunst fähiger und vollKommener zu machen, und mithin bey fortführung meines angefangenen Bawes desto bessere und nützlichere Dienste leisten zu Können».

Bauleiter des Würzburger Residenz-Neubaus
Balthasar Neumann nutzt seine Parser Zeit optimal. Mit den Empfehlungen der Schönborns und des Kardinals de Rohan und dank seines Offizierpatentes öffnen sich ihm selbst die Türen in Versailles. Mit den königlichen Architekten Robert de Cotte und Germain Boffrand diskutiert er die Würzburger Planung des Mainzers Maximilian von Welsch, «wohbey seiner Eminentz dero Cammerdiener» dolmetschen muss, wenn Neumann «in frantzhech etwass nicht gantz sagen» kann. Als er nach dreimonatigem Aufenthalt wieder in Würzburg eintrifft, ist der Nordblock des Residenzneubaus schon weit fortgeschritten, der Nordwestpavillon unter Dach. Die Bauarbeiten bleiben 1724 bis 1729 unter dem neuen Fürstbischof Christoph Franz von Hutten stecken. Erst mit der Wahl eines weiteren Schönborn, dem jüngeren Bruder des 1724 verstorbenen, skrupellosen ersten Bauherrn der Residenz, beginnt die nächste Bauphase. Johann Dientzenhofer ist verstorben. Maximilian von Welsch, der Entwerfer des Residenzneubaus, wird vom neuen Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn ausgeschaltet und an seine Stelle tritt Johann Lucas von Hildebrandt. Wie vielfach im Barock, ist auch die Würzburger Residenz eine kollektivistische Planung. Die Suche nach einem einzigen «Architekten» im heutigen Sinn führt bei grossen Bauvorhaben des Barock immer in die Irre. Obwohl Welsch und Hildebrandt die eigentlichen Entwerfer der Residenz sind, ist Neumanns Anteil am Bau gleichwertig. Sein Beitrag liegt in der planerischen Leitung, in der laufenden Ausführungsplanung und in der Organisation der Baustelle. Er ist souveräner Planer aller Ingenieurbauten, insbesondere der kühnen Gewölbe- und Dachstuhlkonstruktionen, dies ab 1729 in der neuen Funktion als Artillerie-Obristlieutenant und Baudirektor der beiden Hochstifte Würzburg und Bamberg. Immer ist aber der vom Fürstbischof bevorzugte Johann Lucas von Hildebrandt eigentlicher Entwurfsarchitekt. Parallele Planungen von Neumann sind enthalten, auch der Entwurf zur Hofkirche. Wäre er bevorzugt worden, hätten wir heute anstelle des spätbarocken kurvierten Innenraumes von Johann Lucas von Hildebrandt einen simplen und fast klassizistisch geprägten, geometrischen Restraum.[5]   Zudem sind Hildebrandt und selbst der Pariser Hofarchitekt Germain Boffrand für den überaus wichtigen Ausbau, der «Dekoration» noch bis in die1740er-Jahre beschäftigt. Für diesen Teil eines barocken Gesamtkunstwerkes hat Neumann überhaupt keine Neigung. Obwohl er also eindeutig nicht der entwerfende Planer der Residenz ist, als der er von offizieller Seite[6] heute noch bezeichnet wird, ist die Residenz architektonisch doch von ihm geprägt worden. Das grossartige Treppenhaus verdankt, als Beispiel, seine pfeilerlose Gestalt der Planung Neumanns. Der Residenzneubau ist sein Lebenswerk. Die meisten Ausführungspläne, auch nach Entwürfen Hildebrandts, zeichnet sein Büro. Mit dem riesigen Bauvorhaben ist er von 1719 bis zu seinem Tod dauernd beschäftigt.

Familie
1725 heiratet Balthasar Neumann Eva Maria Engelberta Schild (1704–1775), Tochter eines Geheimen Hofrats. Mit ihr hat er acht Kinder. 1733 wird Franz Ignaz Michael geboren. Er tritt später als in die Fussstapfen seines Vaters und ist technisch sowie konstruktiv hervorragend begabt. Bekannt ist sein Plan für die Einwölbung der Abteikirche Neresheim. Die Familie Neumann wohnt jetzt im Hof «Oberfrankfurt» in der Franziskanergasse. 1743 erwirbt Balthasar Neumann den benachbarten Hof «Niederfrankfurt» und verbindet die beiden Häuser mit einem Belvedere über den Dächern Würzburgs. Die beiden Häuser verschwinden in der Bombennacht vom 16. März 1945 und sind heute durch banale Nachkriegsbauten ersetzt.

Balthasar Neumann als Architekt der Schönborns
Hat sich der Baudirektor beider Hochstifte beim Bau der Residenz noch anderen Architekten fügen müssen, gilt das für die weitere Tätigkeit Neumanns im Sakralbau nicht mehr. Zwar baut er bei vielen seiner Werke auf bestehenden Planungen auf, wie bei seinem ersten grossen Kirchenbau in Münsterschwarzach. 1725 wird er in Nachfolge seines Lehrmeisters Greissing für die Ausführung der grossen Abteikirche am Main berufen. Das Konzept der Wandpfeilerkirche mit Vierungskuppel und Doppelturmfassade übernimmt er zwar von seinem Vorgänger, merzt aber alle Schwächen aus und schafft 1727–1737 ein grandioses, von den Zeitgenossen bewundertes Gotteshaus, dessen 52 Meter hohe Kuppel und 70 Meter hohe Türme weithin sichtbar die Mainlandschaft dominieren. Sein erstes selbstständiges Werk ist auch sogleich eines seiner Hauptwerke. In den 1730er-Jahren wird er vom Bauherrn der Würzburger Residenz als Planer der Kirchen in Gössweinstein und Wiesentheid beigezogen. Für die Kirche in Wiesentheid übernimmt er die Einturmfassade der Stiftskirche von Obertheres, ein weiteres vorbildliches Werk seines Lehrmeisters Joseph Greissing. Beim Sommerschloss des Würzburger Fürstbischofs in Werneck, das 1733 begonnen wird, muss er erneut mit Johann Lucas von Hildebrandt zusammenarbeiten.
Seine grossen Leistungen im Sakralbau datieren aus den 1740er-Jahren. 1742 zieht ihn Abt Stephan Mösinger (1734–1751) zu Planung der neuen Abteikirche von Langheim[7] zu. Vom Baumeister Gottfried Heinrich Krohne, der durch den Mainzer Maximilian von Welsch vermittelt wird, lässt sich der Zisterzienserabt das neue Kloster bauen. Trotz angespannter Finanzlage will er auch die mittelalterliche Basilika ersetzen. Balthasar Neumann liefert ihm einen der phantasievollsten Kirchenentwürfe des ganzen europäischen Barocks. Zur Zweiturmfassade im Westen kommen vier die Vierungskuppel flankierenden Türme dazu. Auf der Kuppel sitzt ein weiterer Turm. Die insgesamt sieben Türme lassen alles bisher Geplante im süddeutschen Sakralbau im Schatten stehen. Das Projekt wird nicht ausgeführt, denn Abt Stephan muss die Mittel für einen bereits begonnenen Bau aufwenden. Es ist die Wallfahrtskirche von Vierzehnheiligen, die er 1743 mit Krohne auf der Grundlage eines Projektes Neumanns beginnt. Krohne verändert das Projekt auf Druck des Abtes, der Kosten sparen will. Nach der energischen Intervention Neumanns und des Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn entlässt der Langheimer Abt 1744 seinen Baumeister Krohne und setzt wieder Balthasar Neumann ein. Was dieser aus dem bereits begonnen Bau macht, ist von genialer Grossartigkeit. Das weithin sichtbare, zweitürmige Vierzehnheiligen kann als das Hauptwerk von Balthasar Neumann bezeichnet werden.

Letzte Werke
Inzwischen ist 1746 der Fürstbischof von Bamberg und Würzburg, Friedrich Carl von Schönborn, gestorben. Der neue Fürstbischof ist kein Schönborn, er setzt Balthasar Neumann und alle Schönborn-Günstlinge sofort ab, stirbt aber nach drei Jahren. Sein Nachfolger ist wieder, wie zu Beginn der Karriere, ein Greiffenclau. Neumann wird rehabilitiert. Er plant in der Zwischenzeit die Ausführung für sein letztes Hauptwerk, der Benediktiner-Stiftskirche von Neresheim. 1747 liefert er die endgültigen Risse, 1750 erfolgt die Grundsteinlegung. Die Stiftskirche ist mit Backsteingewölben geplant. 1755 liefert der 22-jährige Sohn Franz Ignaz Michael den berühmten Gewölbeplan. Der Neresheimer Konvent traut dem jungen Neumann das Werk nicht zu und lässt anstelle des Backsteingewölbes eine abgehängte Holzkonstruktion erstellen. Die Kirche wird erst 1782 vollendet.
1748 plant Neumann das Schloss Schönbornlust bei Koblenz. Noch baut er zwei Wallfahrtskirchen. 1748 ist es das «Käppele» auf dem Nikolausberg in Würzburg und 1751 die Wallfahrtskirche Maria-Limbach.
Am 19. August 1753 stirbt Balthasar Neumann in Würzburg im Alter von 67 Jahren. Er wird als Obrist der Fränkischen Kreisartillerie mit militärischen Ehren in der spätgotischen Marienkapelle beigesetzt. Der Fürstbischof erlässt seiner Witwe die erheblichen Schulden und finanziellen Unstimmigkeiten, die Neumann nebst seinem reichen Lebenswerk auch hinterlässt.

Nachfolge und Nachwirkung

Balthasar Neumann, selber kein begnadeter Zeichner, beschäftigt schon 1722 Angestellte. 1740 werden sechs Mitarbeiter aufgelistet. Viele dieser jungen Zeichner benutzen die Tätigkeit als  im Büro Neumann als Sprungbrett zur eigenen Karriere. Darunter ist auch Ingenieur-Lieutenant Joseph Raphael Tatz, der vor allem für Johann Lucas von Hildebrandt arbeitet und 1742 sogar einen Aufstand gegen Neumann wagt. Fruchtbarster Schüler ist Johannes Seitz, der ab 1738 für die Planung und Ausführung einiger Bauten Neumanns verantwortlich zeichnet und zum letzten grossen Baumeister des ausklingenden fränkischen Spätbarocks wird. Balthasar Neumanns Sohn Franz Ignaz Michael ist beim Tod seines Vaters erst 20 Jahre alt, beweist aber sofort seine Fähigkeiten mit dem Gewölbeplan von Neresheim. In Fortsetzung der bereits beim Vater vorhandenen klassizistischen Tendenzen wird er nach seiner Rückkehr aus Italien 1760 zum ausgeprägten Vertreter des französischen Frühklassizismus und der beginnenden Romantik.
Das Lebenswerk Balthasar Neumanns stellt einen der letzten Höhepunkte des Spätbarocks dar. Die Residenz in Würzburg und die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen sind die letzten barocken Gesamtkunstwerke in Franken, bei denen die Architektur Neumanns allerdings nur Teil des Ganzen ist. Wenige Jahrzehnte nach dem Tod Neumanns ist die Architektur der geraden Linie und des Kreises alles, Freskanten und Stuckateure sind nicht mehr gesucht.
Pius Bieri 2010

Benutzte Literatur:

Reuther, Hans: Balthasar Neumann, der mainfränkische Barockbaumeister. München 1983.
Sedlmaier, Richard und Pfister, Rudolf: Die Fürstbischöfliche Residenz zu Würzburg. München 1923.
Braunfels, Wolfgang: Abendländische Stadtbaukunst. Köln 1991

Links:

http://www.residenz-wuerzburg.de/deutsch/residenz/bauges.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrzburger_Residenz

Anmerkungen:

[1] Heute Cheb. Die Stadt liegt zehn Kilometer nordöstlich von Waldsassen am Oberlauf des Flusses Eger, der bei Leitmeritz in die Elbe mündet. Die Stadt ist auch bekannt durch die Ermordung Wallensteins im Februar 1634.

[2] In: Johann Jacob Schübler, Sciagraphia Artis Tignariae, Bd. 2, 1736, einem zeitgenössischen Werk zu Holzbaukunst, werden gleich zwei solcher Beispiele von Balthasar Neumann aufgenommen. Die Technik ist bereit den Misoxer Baumeistern bekannt, Greissing könnte sie von ihnen oder von Br. Heinrich Mayer in Ellwangen kennen gelernt haben. Br. Heinrich Mayer wendet sie bei allen seinen Gewölben an. Vergleiche: Kraus, Franz Xaver: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden, Erster Band, Freiburg 1887, Seite 133. Siehe auch Beitrag Klosterkirche Fischingen.

[3] Die hohe Entschädigung von 100 Gulden «für verschiedene Abriss über den neuen Abteibau» kann nur im Zusammenhang mit umfangreichen Geometer- und Vermessungsarbeiten, verbunden mit Planungen und Zeichnerarbeiten im Trupp Greissings erklärt werden. Für reine Planungen wären sie selbst bei einem bereits bekannten Baumeister-Architekten mehrfach zu hoch. Neumann hat zu dieser Zeit weder Bekanntheitsgrad noch Erfahrung in Zivilarchitektur, für die er sich erst nach 1712 interessiert, er gilt also in dieser Sparte mit drei Jahren Erfahrung noch als «Praktikant». Die Kunstgeschichte, die grosse Namen bevorzugt und Praktiker vernachlässigt, hat trotzdem jahrelang dem Fähnrich und Architekturpraktikanten Neumann die Pläne für Ebrach zugesprochen.

[4] Die Tätigkeit Balthasar Neumanns als Wasserbauingenieur wird von Wolfgang Wiemer in: «Zur Entstehungsgeschichte des neuen Baues der Abtei Ebrach, Würzburg 1989» klar widerlegt.

[5] Dies haben Richard Sedlmaier und Rudolf Pfister 1922 in ihrem Standardwerk über die Würzburger Residenz detailliert und mit den entsprechenden Plandokumenten nachgewiesen.

[6] Zum  Beispiel die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. Völlig unbelastet von der Bauforschung heisst es hier: «Im Wesentlichen ist dies die Leistung von Balthasar Neumann, der nicht nur die oft divergierenden Wünsche der kunstverständigen Familie Schönborn auf einen Nenner zu bringen hatte. Er musste auch die als Anregung, Konkurrenz und Korrektur angeforderten Entwürfe der damals führenden Architekten wie Maximilian von Welsch, Lucas von Hildebrandt, Germain Boffrand und Robert de Cotte auswerten und teilweise in die Planung einbeziehen». Seriöser und weniger lokalpatriotisch ist der Beitrag in der «Wikipedia».

[7] Heute Klosterlangheim.

Ausgeführte und gesicherte Werke Balthasar Neumanns im Residenz- und Sakralbau

Jahr Ort und Art des Bauwerks Bemerkungen
1719–1746 Würzburg, Fürstbischöfliche Residenz, Neubau, auf Planungsgrundlagen von Maximilian von Welsch und Johann Lucas von Hildebrandt. Bauleitung und Ausführungsplanung durch Balthasar Neumann. Ebenso Entwurfsplanung von Einzelbauteilen wie Treppenhaus und Gewölbekonstruktionen.
1721 Würzburg, Schönbornkapelle am Dom, Neubau, Mitarbeit im Planungskollektiv. Planungseingriffe und Fertigstellung des Projektes von Maximilian von Welsch.
1723–1732 Heidenfeld, Augustinerchorherrenstift , Konventgebäude. Der ebenfalls geplante Kirchenbau unterbleibt. Heute Erholungsheim.
1726 Wiesentheid, Pfarrkirche St. Mauritius. Planung der Westfassade nach dem Vorbild der Kirche Obertheres (Joseph Greissing). Beteiligung Neumann unsicher. Baumeister ist Johann Georg Seitz (1689–1739)
1727–1743 Münsterschwarzach, Benediktinerabtei, Neubau der Stiftskirche. Die Konventgebäude und die Kirche werden bis 1821 vollständig abgebrochen.
1729–1738 Bamberg, Katharinenspital, Grüner Markt 31, Maxplatz 1, und Fleischstrasse 4. Heute Wohn- und Geschäftshäuser.
1729 Pommersfelden, Schloss Weissenstein, Gartenanlage Ost und West, Planung. Die Boskettzonen werden 1743 ausgeführt, der barocke Garten ist heute nicht mehr erhalten.
1730–1731 Bruchsal, Fürstbischöfliches Residenzschloss St. Damiansburg, Treppenhaus. Das Treppenhaus wird nach dem Modell Neumanns in den bestehenden Rohbau eingefügt.
1730–1733 Bamberg, Domkapitelhaus am Dom, Neubau. Mit anschliessender Rekonstruktion des gotischen Kreuzganges.
1730–1735 Forchheim, Kaserne, Kasernenstrasse7, Neubau. Später Waisenhaus.
1731–1735 Klosterdorf bei Scheinfeld, Franziskaner-Minoritenklosterkirche Mariä Geburt, Neubau. Nur Planung durch Neumann.
1730–1739 Gössweinstein, Pfarr- und Wallfahrtskirche zur heiligsten Dreifaltigkeit, Neubau. Innenausstattung durch Neumanns Mitarbeiter Johann Jacob Michael Küchel.
1733–1744 Werneck, Sommerresidenz der  Würzburger Fürstbischöfe, Neubau. Mitplanung Johann Lucas von Hildebrandt. Heute Krankenhaus.
1738 Bruchsal, Pfarrkirche St. Peter, Neubau. Planung. Ausführung 1740–1746 durch Johann Georg Stahl.
1738–1740 Würzburg, Ursulinenkloster an der Augustinerstrasse 17. Neubau. Planung Büro Balthasar Neumann. 1945 weitgehend zerstört. 1947–1972 veränderter Wiederaufbau.
1738–1752 Michelau im Steigerwald, Kirche St. Michael und Georg, Neubau. Erstmaliges Auftreten der eingeschnürten Zwiebelhaube.
1739 Bamberg, Curia St. Hippolyti, Domplatz 1. Mitwirkung an Neubauplanung . Ausführung durch Justus Heinrich Dientzenhofer.
1739–1744 Heusenstamm an der Bieber, Pfarrkirche St. Cäcilia und St. Barbara, Neubau. Bauherrin ist Maria Theresia Gräfin von Schönborn.
1739–1748 Koblenz-Ehrenbreitstein, Dikasterialgebäude, Entwurf. Ausführung durch den Neumannschüler Johannes Seitz. Heute Finanzamt.
1740 Gaibach bei Volkach, Patronatskirche des Hauses Schönborn zur heiligen Dreifaltigkeit. Ausführung 1742-1745 nach Planung Neumanns. Im nüchternen Innenraum das Altarblatt der Schönborn-Sippe.
1740–1743 Meersburg, Fürstbischöfliches Neues Schloss. Neues Treppenhaus und Umbau Schlosskirche. Planung für Damian Hugo von Schönborn aufgrund des Aufnahmeplans Pozzi. Baustellenleitung Johann Georg Stahl.
1741–1744 Würzburg, Dominikanerkirche, Neubau Langhaus. Übernahme der basilikalen Form. Heute Augustinerkirche. Nach 1945 vereinfacht wiederaufgebaut.
1741–1745 Kitzingen-Etwashausen, Heiligkreuzkirche, Neubau. Planung 1740. Innenraum in schon klassizistischer Nüchternheit.
1742–1746 Mainz, Jesuitenkirche St. Ignatius von Loyola, Planung. Ausführung durch Johann Anton Valentin Thoman. Die Kirche wird 1793 durch die Franzosen zerstört und 1805 abgebrochen.
1743 Brühl, Kurkölnische Residenz Augustusburg, Umplanung und Neubau Treppenhaus. Neumann verändert die Planung von Schleun und Cuvillié zugunsten des Prunktreppenhauses.
1743–1772 Vierzehnheiligen, Wallfahrtskirche der Zisterzienserabtei Langheim. Erste Planung 1742. Nach Entlassung des Baumeisters Krohne 1744 Übernahme und Neuplanung Balthasar Neumann.
1744 Trier, St. Paulinusstift, Stiftskirche Baubeginn 1734. Beizug Neumanns für Turmfassade und Innenausbau.
1744-1756 Prüm, Benediktinerabtei, Konvent-Neubau. Neumannschüler Johannes Seitz baut ab 1735 drei Flügel. Erweiterung um einen Hof durch Neumann. Heute Gymnasium.
1744-1760 Oberzell bei Würzburg, Prämonstratenserabtei, Neubau der Konventanlage. Heute Kloster der Dienerinnen der Kindheit Jesu. Treppenhaus durch Sohn Franz Ignaz Michael 1753.
1746 Bruchsal, Kaserne, Huttenstrasse 20–22. Entwurf. Ausführung 1750–1753 durch Johann Georg und Leonhard  Stahl. 1945 zerstört.
1747–1792 Neresheim, Stiftskirche der Benediktinerabtei, Neubau. Planung ab 1745. Die Ausführung ab 1749 bei Dominikus Wiedemann, der dazu nicht die nötige Qualifikation hat. Das geplante Massivgewölbe deswegen nicht ausgeführt.
1748–1749 Würzburg, Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung auf dem Nikolausberg, «Käppele», Neubau. 1778 wird die alte Gnadenkapelle in Anpassung an den Neubau umgebaut. Türme mit eingeschnürten Zwiebelhauben.
1748–1752 Koblenz-Kesselheim, Sommerschloss Schönbornlust. Entwurf. Ausführung durch den Neumannschüler Johannes Seitz. Abgebrochen 1806.
1751 Koblenz, Kurfürstliche Residenz Philippsburg, Kapelle, Planung. Ausführung durch den Neumannschüler Johannes Seitz. Abgebrochen 1802.
1751 Ingolstadt bei Giebelstadt, Pfarrkirche Unbefleckte Empfängnis. Neubau. Letzte Landkirche Balthasar Neumanns. Kleines Bauwerk.
1751–1755 Maria Limbach bei Eltmann, Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung. Neubau. Stiftung von Friedrich Carl von Schönborn. Ausführung Mit Sohn Franz Ignaz Michael.

Ausgeführte profane Bauten in Würzburg
Die profanen Bauwerke Neumanns in Würzburg werden mit wenigen Ausnahmen in der Bombennacht des 16. März 1945 zerstört. Wenige werden rekonstruiert, einige ohne Ansprüche wiederaufgebaut.

Jahr Gebäudetypus, Lage Bemerkungen
1719 Wohnhäuser Burkarderstrasse 22-32. Reihenhäuser. Nach 1945 wiederaufgebaut, das Haus Nummer 22 als Rekonstruktion.
1722–1725 Wohnhäuser in der Kapuzinerstrasse 2, 4 und 6. Planung. Heute Klinik, Altersheim und Wohnheim. Nur Nummer 2 durch Neumann verwirklicht. Alle Häuser 1945 zerstört, äusserlich wiederaufgebaut.
1724 Fürstbischöfliches Jagdzeughaus, Zeller Strasse 40. Heute Direktion für ländliche Entwicklung. Gebäude ohne Kriegseinwirkungen erhalten.
1724 Mainkaserne, am Pleidenturm 2–14 Zerstört 1945.
1724 Fichtelscher Hof, Bronnbacher Gasse 8, 8a. Modernisierung eines Baus aus dem 17. Jahrhundert. 1949–1957 wiederaufgebaut.
1724–1734 Wohnhäuser in der Neubaustrasse 6, 8, 10, 12. Planung, Oberleitung. 1945 grösstenteils zerstört. Wiederaufgebaut.
1725 Eigenes Wohnhaus Hof Oberfrankfurt, Aufbau «Belvedere». 1945 zerstört.
1725–1727 Dietricher Spital, Marktplatz 36–38. Nordflügel. (Hauptbau von Petrini) Nach 1945 wiederaufgebaut. Der Hauptbau wird 1950 abgebrochen.
1726–1727 Gasthof «Zum Hirschen», Beim Grafenekart 11. 1945 zerstört. 1952 wiederaufgebaut. Heute Dresdner Bank.
1736–1750 Wohnhausbebauung auf dem Graben, heute Theaterstrasse. Nach 1945 haben sich nur Theaterstrasse 4 und 16 erhalten.
1738–1740 Hof Rombach, Eichornstrasse 23. Zerstört 1945.
1739–1741 «Handlung Hauss», Marktplatz 14-16. Nach 1945 als Geschäftshaus wiederaufgebaut.
1747 Domherrenhof Marmelstein, Domerschulstrasse 2 / Ecke Plattnersgasse. Nach 1945 rekonstruiert. Heute Bischöfliches Ordinariat.

Nicht ausgeführte wichtige Planungen

Jahr Ort, Bauwerk Dokumente
1748 Forchheim, Entwurf die Kirche des Garnisonshospitals. Pläne Sammlung Eckert 215.
1751 Karlsruhe, Residenzschloss des Markgrafen von Baden. Pläne im GLA Karlsruhe.
1742 Langheim, Zisterzienserabtei, Stiftskirche. Pläne Sammlung Eckert 105, 108.
1748 Stuttgart, Herzogliche Residenz, Neubau. Pläne in Kunstbibliothek Berlin.
 
  Balthasar Neumann (1687–1753)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  30. Januar 1687 Eger (Cheb)     Tschechien  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Böhmen     Prag  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  19. August 1753 Würzburg     Bayern D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Fürstbistum Würzburg     Würzburg  
  Kurzbiografie        
  Balthasar Neumann ist der grosse Baumeister der Schönborn-Fürstbischöfe. Seine Ausbildung im Zivilbauwesen verdankt er Joseph Greissing, der das Würzberger Bauwesen Anfang des 18. Jahrhunderts dominiert. Bei ihm wird er auch in den Gewölbebau eingeführt, dessen perfekte Beherrschung alle späteren Arbeiten Neumanns auszeichnen. In der Würzburger Residenz als Planer noch im Schatten des vom Fürstbischof bevorzugten Johann Lucas von Hildebrandt stehend, zeigt er bei den gleichzeitigen Bauten ab 1727 seine eigentliche geniale Grösse. Unerreichbar ist er als Architekt der Sakralbauten von Münsterschwarzach, Vierzehnheiligen und Neresheim. Das Lebenswerk Balthasar Neumanns stellt einen der letzten Höhepunkte des Spätbarocks dar.     Neumann  
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Marcus Friedrich Kleinert malt 1727 das wohl bekannteste Porträt des Baumeisters. In der Hand hält er einen Festungsplan mit der Beschriftung:
«Seiner Hochfürstl. Gnaden zu Würtzburg Obrist Wacht Meister der Artillerie Ingenieur und Architekt Balthasar Neumann, Aet 40. Anno 1727». Original im Mainfränkischen Museum Würzburg. Öl auf Leinwand. Grösse 760 x 940 mm.
Foto: Michael Zacher 2011.
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