Mitglieder der Familie Pozzi aus Castel San Pietro,[1] sind im 17. und 18. Jahrhundert während sechs Generationen als Bau- und Maurermeister, Stuckateure, Bildhauer und Maler tätig. Ist ihr Arbeitsgebiet im 17. Jahrhundert vor allem Italien, verlagert es sich Anfang des 18. Jahrhundert in den Norden. Sie sind Ortsürger (Patrizi) von Castel San Pietro. Vorerst ist es Carlo Maria Pozzi, der zwischen 1700 und 1735 gesuchter Stuckateur in der Landgrafschaft Kassel, in Fulda und bis nach Dänemark wird.[2] Er ist auch als Autor eines Werkes über die Kunst des Stuckierens bekannt. Eine Generation später ist im Umfeld des Deutschordens-Baumeisters Johann Caspar Bagnato ein weiterer Pozzi als Stuckateur nördlich der Alpen tätig. Der Familienstamm dieses Francesco Pozzi hat seit 1644 in Bruzella Wohnsitz und kehrt 1750 nach Castel San Pietro zurück.
Giuseppe Antonio wird am 4. September 1732 als ältester Sohn von Francesco Pozzi und seiner Ehefrau Orsola Pettondi in Bruzella geboren.[3] Die Lehre als Stuckateur macht er vielleicht bei seinem Vater. Anlässlich der Arbeit an der Damenstiftskirche von Lindau ist er als junger Geselle von 17 Jahren zum ersten Mal aktenkundig. Er schreibt sich 1749 als «Pozzi. Joseph: Ant: de Bruzella Stuckador de Bruzella Italus» in die dortige Rosenkranzbruderschaft ein. Er arbeitet im folgenden Jahrzehnt fast immer im Stuckateurtrupp seines Vaters. Am 22. September 1760 wird in Arlesheim die Vermählung des «D. Jos. Ant. Boozi» mit der Maria Magdalena Wahr eingetragen. Widersprüchlich und abenteuerlich sind die Angaben über seinen Lebensweg vom Familienauftrag in Arlesheim bis zu der 1765 oder 1766 erfolgten Berufung als Hofstuckateur des pfälzischen Kurfürsten in Mannheim.[4] Mit dem Wechsel an den Hof Carl Theodors und dessen Hofarchitekten Nicolas de Pigage ist eine Abkehr vom späten Rokoko und die Hinwendung zum strengen Klassizismus verbunden, die ihm und seinen Brüdern mühelos gelingt. Schon in den Räumen des Schlosses Benrath bei Düsseldorf sind seine Stuckplastiken und Stuckaturen bester Frühklassizismus. Im Schwetzinger Schlossgarten sind die Stuckaturen aller Gartengebäude seine Werke, etwa die Stuckaturen und Stuckreliefs im Badhaus (1767) oder die diejenigen der grossen Moschee mit den Bauten des Vorhofs (1778–1793). Zwei Söhne der offensichtlich grösseren Familie werden in Mannheim geboren.[5] Karl Ignaz (1766–1842) wird Maler und später Baurat in Dessau, Maximilian Joseph (1770–1842) Hofbildhauer.
Am 29. April 1811 stirbt er in Mannheim.
Pius Bieri 2011
[2] Carlo Maria Pozzi (1676–1741).
Biographie siehe: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D25606.php.
Er stammt aus dem Zweig der Pozzi von Castel San Pietro, ist aber in Lugano geboren und stirbt auch dort (Textkorrektur Anastasia Gilardi).
[3] Das Geburtsdatum ist aus den Pfarrmatrikeln.
[4] Nach der Deutschen Biographischen Enzyklopädie (2007, aus Thieme-Becker 1933) stuckiert er die Ungarische Kapelle des Aachener Münsters (nach 1764), wird 1765 Hofstuckateur in Mannheim, arbeitet hier im Schloss, stuckiert auf Schloss Ellingen (seit 1774), ist um 1780 im Mannheimer Nationaltheater tätig und gestaltet die Bauten des Schwetzinger Schlossgartens. Giuseppe wird in diesem Lexikonbeitrag sogar mit Johann übersetzt.
Naglers «Neues allgemeines Künstler Lexicon» (1842) vermeldet nebst den bekannten Söhnen Carlo Ignazio (1766 Mannheim–1842 Dessau) und Massimiliano oder Maximilian Joseph (1770 Mannheim–1842 Mannheim) einen Sohn Francesco Antonio (1763 Pruntrut–1807 Frankfurt am Main) der an der Akademie in Mannheim studiert, mit seinem Onkel Carlo Luca nach Frankreich geht, und dann in Frankfurt zusammen mit seinem Vater um 1792 in den «Schweizer- und Schmidtschen Gebäuden zu Frankfurt» arbeitet und hier «seine schönsten Arbeiten, Statuen und Basreliefs in Stucco» ausführt. > Auszug «Pozzi, Giuseppe», in Naglers Neues allgemeines Künstler-Lexicon.
Die Allgemeine Deutsche Biographie (1888) übernimmt diese Version.
Seine Mitarbeit für die Stuckaturen der St. Ursenkirche von Solothurn 1768–1771 ist nicht belegt, aber vielfach genannt und auch wahrscheinlich, denn Vater Francesco arbeitet nicht mehr am Bau und der in Solothurn nachgewiesene Bruder Carlo Luca wird vor allem als Altarbauer und Bildhauer genannt..
[5] Die Nennung eines 1763 geborenen Sohns in Nagel ist plausibel. Die Töchter werden nicht erwähnt. Joseph Anton Pozzi heiratet in Mannheim ein zweites Mal. Der Name der zweiten Ehefrau ist Theres Söller. Man kann davon ausgehen, dass er schon nach der ersten Heirat von 1760 nicht mehr saisonal in seine Heimat zurückkehrt.
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