Michael Wiedemann (1661−1703) | ||
Christian Wiedemann (1678−1739) | ||
Johann Georg Wiedemann I (1681−1743) | ||
Johann Baptist Wiedemann (1715−1773) | ||
In Unterelchingen macht eine Gedenktafel auf die einheimische Wiedemann-Sippe der Stuckateure und Baumeister aufmerksam macht. Sie enthält, nach Lebensdaten geordnet, die Namen Johann (1654−1729), Michael (1661−1703), Christian (1678−1729), Johann Georg (1681−1743), «Mathias» (1681-?) und Johann (1692−1775). Damit sind nur wenige Meister des weitverbreiteten Geschlechts genannt. Die Wiedemann sind oft, auch irrtümlich als verschiedene Meister, unter dem Namen Widenmann, Wittmann oder Widmann aufgeführt. Wird dann aus einem der vielen Johann noch ein Hans, sind Verwechslungen fast zwangsläufig. Tatsächlich ist das Wirken dieser Baumeister- und Stuckateurendynastie mit verschiedenen, im oberen Donauraum von Ehingen bis Donauwörth lebenden Familienstämmen noch kaum erforscht. Im Gegensatz zu den gleichzeitig tätigen Vorarlberger und Wessobrunner werden ihre Mitglieder selten für grössere und architektonisch anspruchsvolle Bauaufgaben beigezogen. Ausnahmen sind nur der Ende des 17. Jahrhunderts tätige Michael Wiedemann und der in den ersten vier Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts gesuchte Christian Wiedemann mit seinem Bruder Johann Georg. Schon ihre Nachfolger mit dem Namen Johann sind nur noch als Vollender erwähnenswert.
Der in Unterelchingen am 2. Oktober 1661 als Sohn des Johann Wiedemann I[1] geborene Michael ist Zeitgenosse der Vorarlberger Valerian Brenner und Franz Beer II von Bleichten. Valerian Brenner ist in Günzburg wohnhaft und hat seinen Ruf als Erbauer der Wallfahrtskirche Biberbach gefestigt und baut seit 1692 in Neresheim.[2] Franz Beer II ist zu dieser Zeit noch in Obermarchtal tätig und erhält 1697 den Grossauftrag für den Neubau der Konventanlage in Salem.[3] Im gleichen Jahr wird Michael Wiedemann im Zusammenhang mit dem Neubau des Schlosses Freudental bei Allensbach am Bodensee zum ersten Mal erwähnt. Er erstellt den Bau im Generalakkord. Es mag sein, dass ihn der Bauherr, ein Konstanzer Domkapitular, nach Salem empfiehlt, wo ihm der Abt, wieder im Generalakkord, die Stuckateurarbeiten im Neubau von Franz Beer II überträgt. Michael Wiedemann arbeitet hier mit der Werkstatt des Johann Schmuzer (Franz und Joseph Schmuzer) aus Wessobrunn, die schon vorher mit Franz Beer II tätig sind. Er zeigt sich als guter Organisator, denn 1698 engagiert er 17 Stuckateure und 1699 gar 23 Stuckateure. Die Sakristei, der Bernhardusgang und das Sommerrefektorium, alles Räume der zweiten Bauetappe, sind Werke dieser Arbeitsgemeinschaft und um 1700 vollendet. Dass Michael Wiedemann in Salem kaum selbst Hand anlegt, belegen die von ihm gleichzeitig eingegangen Akkorde. So baut sein Trupp gleichzeitig in Säckingen, in Ellwangen und in Neresheim. Hier erstellt er ab 1699, nun in Nachfolge des in Donauwörth, Obermedlingen und Neuburg an der Donau mit Kirchen- und Klosterbauten beschäftigten Valerian Brunner den Konventneubau. Die Klosteranlage von Neresheim ist das Hauptwerk von Michael Wiedemann. Die Fassadengestaltung mit Bezug zum italienischen Residenzbau des 17. Jahrhunderts und der Schweifgiebel des Mittelrisalites an der Westfassade weisen ihn als Meister der Baukunst aus.[4] Der seit kurzem wieder rekonstruierte Schweifgiebel ist ein Pendant zur bis 1782 bestehenden Kirchen-Westfassade von Valerian Brenner von 1695. Parallel zur alten Kirche baut Wiedemann, durch einen schmalen Hof vom Seitenschiff getrennt, einen nördlichen Verbindungsflügel. Die damit entstandene Vierflügelanlage vereinfacht später den Neubau der Kirche von Balthasar Neumann erheblich. 1702 greifen die Kriegshandlungen des Spanischen Erbfolgekrieges auch auf das Klostergebiet über. West- und Südflügel sind bei Kriegsausbruch erstellt. Erst 1706 kann weitergebaut werden.[5] Inzwischen ist aber Michael Wiedemann am 16. Oktober 1703 in Unterelchingen im Alter von erst 42 Jahren verstorben.[6] Aus seiner 1685 geschlossenen Ehe mit Magdalena Benz erreichen vier Kinder das Erwachsenenalter, darunter der Sohn Johann Wiedemann (III). Er ist beim Tod des Vaters erst 11-jährig.[7]
Pius Bieri
Literatur:
Aubele, Anton und Ohngemach, Ludwig: Die Familie Wiedemann − eine bisher wenig erforschte Baumeisterfamilie der Barockzeit aus Unterelchingen und Ehingen. In: Geschichte im Landkreis Neu-Ulm. Jahrbuch des Landkreises Neu-Ulm, 6. Jg., 2000, S. 60-90.
[1] Johann Wiedemann I ist Mauer und stirbt 1692 in Unterelchingen.
[2] Valerian Brenner (1652–1715) aus Au im Bregenzerwald, Palier von Michael Thumb in Wettenhausen, seit 1687 in Diensten des Augsburger Domkapitels. Er baut 1684–1694 die Wallfahrtskirche im nahen Biberbach und ist seit 1683 laufend auch in Fultenbach tätig. 1692-1695 erstellt er in Neresheim die neuen Kirchenfassade und die Wirtschaftsgebäude.
[3] Franz Beer II (1660−1763) aus Au im Bregenzerwald, Lehre bei Michael Thumb, ist vor dem Grossauftrag in Salem Baumeister des Klosterkirchen-Neubaus Mariaberg, nach 1690 in Obermarchtal, 1693 in Zwiefalten und 1694 in Beuron.
[4] Während die Stockwerksgliederung italienische Vorbilder wie den Palazzo Reale (1600) in Neapel hat, ist der Volutengiebel ein Motiv der deutschen Spätrenaissance.
[5] Der Konventneubau in Neresheim wird bis 1714 vollendet.
[6] Vermutlich an den Folgen eines Bauunfalls. Die Klöster Salem und Neresheim übernehmen die Kosten der Ausbildung des Sohnes Johann bis zu seinem Lehreintritt.
[7] Johann Wiedemann III (1692−1775) arbeitet als Baumeister 1729−1755 für die Abteien Ochsenhausen (Laupheim, Winterrieden) und Elchingen (Strass). Er ist in Wiblingen 1727−1740 Palier seines Onkels Christian Wiedemann. Der unter Balthasar Neumann 1748−1756 in Neresheim arbeitende Dominikus Wiedemann (1715−1785) ist Sohn des Johann III und Neffe von Michael.
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Jahr | Ort | Bauwerk und Arbeit | Herrschaft, Bauherr | Heute (Kreis, Land) |
1697− |
Freudental bei Allensbach. |
Schloss. Planung und Ausführung Neubau. | Freiherr Franz Dominik von Altensumerau und Prassberg. | Allensbach (Konstanz, BW). |
1698− |
Salem, Kloster . |
Im Konventneubau des Franz Beer II erstellt der Trupp Wiedemann den Stuck. Mitwirkung an der Gesamtplanung wird angenommen. | Zisterzienser-Reichsabtei Salem. Abt OCist Emanuel Sulger. |
Salem (Bodenseekreis, BW). |
1698 |
Säckingen, Adeliges Damenstift. | Umbau Langhaus und Kapellenanbauten der Stiftskirche. | Stift Säckingen. Fürstäbtissin Maria Regina von Ostein. | Bad Säckingen (Waldshut, BW). |
1699− |
Neresheim. Kloster. | Konvent-Neubauten. Fertigstellung durch Nachfolger 1711 bis 1714. | Benediktinerabtei Neresheim. Abt OSB Simpert Niggl. |
Neresheim (Ostalbkreis, BW). |
1699- |
Ellwangen. Chorherren-stift. |
Stiftskirche St. Vitus. Sakristeianbau | Fürstpropstei Ellwangen. Propst Franz Ludwig von Neuburg-Pfalz. | Ellwangen an der Jagst (Ostalbkreis BW). |
1699− |
Gnotzheim. | Pfarrkirche St. Michael. Neubau. | Herrschaft Öttingen-Spielberg. | Gnotzheim (Weissenburg-Gunzenhausen, BY). |
1704− |
Ostrach |
Pfarrkirche St. Pankratius. Neubau. Zuschreibung Dehio. Ausführung nicht durch Michael Wiedemann. | Zisterzienser-Reichsabtei Salem. Abt OCist Stephan I. Jung. |
Ostrach (Sigmaringen, BW). |
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