Die Meister
von
1683 ~1688
1700 1707
~1695 ~1698
1725 1727
1725 1727


Freiburg im Breisgau
Universitätskirche und Jesuitenkolleg

Lage und Geschichte

Kolleggründung 1620
Im vorderösterreichischen Freiburg gründet Erzherzog Albrecht VI. von Habsburg 1457 eine Universität. Albrecht wird auch Adalbert oder Albert genannt. Die Universität wird zu Ehren des Gründers Albertina genannt. Anders als in den benachbarten Universitätsstädten Basel, Strassburg, Heidelberg und Tübingen kann sich die Reformation des 16. Jahrhunderts in Freiburg nicht durchsetzen. Als Gegengewicht zu den nahen protestantischen Universitäten werden schon 1556 erste Pläne zu einem Freiburger Jesuitenkolleg geschmiedet, um der Albertina katholische Studenten zuzuführen. Diese erste Bemühungen scheitern am Widerstand des akademischen Senats, später auch am akuten Personalmangel der oberdeutschen Jesuitenprovinz, denn neue Kollegien in Luzern (1577), Fribourg (1582) und Augsburg (1582) absorbieren die notwendige Anzahl der jesuitischen Lehrkräfte. Das Ansehen der Albertina geht gleichzeitig rasch zurück. 1617 zählt sie samt dem Gymnasium nur noch 512 Immatrikulierte.[1] Ihre dringende Restaurierung wird nur noch in der schnellen Angliederung eines Jesuitenkollegs gesehen. 1620 gelingt Erzherzog Leopold von Österreich die Gründung. Die Jesuiten übernehmen das Gymnasium, alle Lehrstühle der philosophischen und einige der theologischen Fakultät, das Pädagogium und seelsorgerische Aufgaben. Unter den ersten 16 Jesuiten finden sich mehrere prominente Persönlichkeiten wie der Mathematiker und Astronom Christoph Scheiner. Der nun folgende Aufschwung der Studentenzahlen an der Universität gibt den Gründern recht. 1625 sind trotz des Dreissigjährigen Krieges 1187 Studenten immatrikuliert. Die Ankunft der Jesuiten bedeutet nicht nur einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Universität, sondern auch ihre Rettung vor dem sicheren Abstieg zur Konkurrenzunfähigkeit.[2]

Kriegswirren 1620 bis 1697
Im Jahr der Kolleg-Gründung hat der Dreissigjährige Krieg bereits begonnen. Zwar leidet vorerst nur die Landbevölkerung unter der marodierenden Soldateska der vielen Truppendurchmärsche,[3] aber 1632 beginnt auch für Freiburg eine mehrere Generationen dauernde Zeit ständiger Kriegswirren mit wechselnden Besatzungen.

Für eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse gehe zum Anhang «Kriegswirren»

Die Tätigkeit der Freiburger Jesuiten während der Kriegsjahre ist in der Geschichtsschreibung der Universität von der Jesuitenfeindlichkeit des 19. Jahrhunderts geprägt und deshalb unglaubwürdig. Die Jesuiten werden 1633 aus der besetzten Stadt vertrieben, kehren aber 1634 teilweise aus dem Schweizer Exil zurück. Erst 1649 herrschen wieder normale Verhältnisse. Das während 15 Jahren praktisch verwaiste Gymnasium hat jetzt wieder sechs volle Klassen mit 99 Schülern. Auch bei den Jesuiten normalisiert sich der Personalbestand. Fünf Paters unterrichten am Gymnasium, sechs Patres sind Professoren an der Universität. Aber schon 1678 steht der Universitätsbetrieb wieder still. Alle weltlichen Professoren der Albertina und auch einige Jesuiten gehen ins Exil nach Konstanz, wohin die Universität jetzt verlegt wird. Die französische Verwaltung in Freiburg ermuntert die verbleibenden Jesuiten zur Weiterführung des Gymnasiums. Die folgenden zwanzig Jahre unterrichten deshalb hauptsächlich Jesuiten aus der Schweiz. Alle Kollegrektoren von 1679 bis 1698 stammen aus den schweizerischen Kollegien Fribourg und Porrentruy und aus der Residenz Bellinzona. 1684 eröffnen die Franzosen anstelle der verlassenen Albertina das «Studium Gallicum». Deren Lehrstühle werden bis 1698, der Rückkehr der Albertina aus Konstanz, durch Jesuiten besetzt. Die Freiburger Universitäts-Geschichtsschreibung blendet diese Periode gerne aus, auch dass der Bau der Universitätskirche während der französischen Herrschaft begonnen und vollendet wird.[4] Baubeginn der Barockkirche ist 1683. Sie wird 1689 in Gebrauch genommen.

Das Freiburger Kolleg 1698 bis 1773

Die österreichische Herrschaft über den Breisgau bleibt nach 1698 bestehen. Zwar bringen Kriege noch zweimal grosse Rückschläge für Freiburg, so in den Jahren 1713–1715 und 1744–1745. 1713 wird die Stadt zum letzten Mal von den Franzosen eingenommen, die Belagerung 1744 bringt vor allem grosse Schäden durch Artilleriebeschuss. In den Zwischenkriegsjahren können die Jesuiten den längst fälligen Kollegneubau fertigstellen, für den die Baupläne schon seit 1682 existieren. Gebaut wird mit Unterbrüchen seit 1699. Widersprüchliche Baudaten stimmen nur im Fertigstellungstermin aller Bauten 1727 überein.[5] Noch heute wird in der Literatur der Neubau des Gymnasiums (1725–1727) mit dem Kollegneubau verwechselt.
Nach 1750 vermehren sich Eingriffe des absolutistisch regierten österreichischen Staates auch in das Schulwesen der Freiburger Jesuiten. Zwar halten die meisten deutschen Fürsten die Jesuiten für unentbehrlich. Die unabhängige und wenig ortsgebundene Organisation des Ordens, die zu soziale Einstellung im Bildungswesen, auch Gerüchte von Verschwörungen des Ordens gegen die Monarchie sind aber Ursache einer grossen Feindschaft der französischen, spanischen und portugiesischen Monarchen. Schon 1764 wird der Orden in Frankreich wegen Illoyalität gegenüber der Krone aufgelöst. 1773 hebt der von den Bourbonen abhängige und unter Druck gesetzte Papst den Orden auf.
Nach 153 Jahren ihres Wirkens in Freiburg wird damit die Lehr- und Seelsorgetätigkeit der Jesuiten gewaltsam beendet. Die Ordensaufhebung betrifft hier 26 Patres, 11 Scholastiker und 5 Laienbrüder. Kolleg und Kirche gehen 1774 in einer Versteigerung für 46 000 Gulden an die Stadt, die 700 Gulden mehr als die Universität geboten hat.[6] In anschliessenden Verhandlungen einigt sich die Stadt mit der Universität. Die Kirche und ein Teil des Kollegs wird der Universität, ein anderer Teil dem Kollegium Sapientiae[7] zur Verfügung gestellt. Einzig das Gymnasium wird von der vorderösterreichischen Regierung kostenlos der Universität übergeben. Die verbleibenden Exjesuiten müssen jetzt das Kolleg verlassen. Sie lehren kurzzeitig noch an zwei Lehrstühlen der Universität und am Gymnasium, dessen Lehrkräfte später fünf vorderösterreichische Benediktinerabteien stellen. Die ehemalige Kollegiumskirche zur unbefleckten Empfängnis geht 1777 endgültig an die Universität und muss nun Universitätskirche genannt werden.

Baugeschichte von Kirche und Kolleg

Universitätskirche

Kirchenneubau, der Verlauf und seine Meister

Freiburg ist 1677 bis 1697 in französischer Hand. Die deutsche Universität ist nach Konstanz verlegt. Mit französischer Unterstützung können die Freiburger Jesuiten ihr Gymnasium aber weiterführen und leiten ab 1684 auch das vom Sonnenkönig befohlene «Studium Gallicum» an der «Universitas Regie Gallica». Es sind keine deutschen Landesverräter, die sich mit den Franzosen arrangieren, sondern zum grössten Teil aus den schweizerischen Kollegien Fribourg (Freiburg im Üechtland) und Porrentruy (Pruntrut) stammende Jesuiten. Während des Rektorats von Louis Rossier[8] werden ab 1679 die Vorbereitungen zum Bau der längst notwendigen eigenen Kirche getroffen. Die Rektoren Jost Bernhard von Sonnenberg[9] und Jakob Welti[10] führen ihren Bau durch. Die Kirche ersetzt eine bisher genutzte Kapelle des Kartäuserhauses. Nach zusätzlichen Häuserkäufen und einer Gassenverlegung kann 1683 mit dem Neubau begonnen werden. Die Keller des Kartäuserhauses werden für eine neue Jesuitengruft unter der Kirche verstärkt und gewölbt.[11] 1686 kann der Kirchendachstuhl erstellt werden. 1687 folgen die massiven Gewölbe,[12] die Emporen und die Schaufassade. 1688 ist die Kirche mit Ausnahme der «Kapellen» (Wandpfeilernischen) stuckiert. Sie wird im März 1689, noch mit alten Altären, erstmals benutzt.
Der Planer des Kirchenneubaus ist zwar nicht dokumentiert. Es kann sich aber nur um den Jesuitenbaumeister Heinrich Mayer handeln, nach dessen Plänen 1680 die baugleiche Jesuitenkirche von Solothurn begonnen wird.[13] Mayer gehört in diesen Jahren zum Konstanzer Kolleg. Wahrscheinlich leitet er den Bau nicht selber, denn ab 1683 stellt er auch die Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg ob Ellwangen fertig. Weil der Jesuitenbaumeister für seine Bauwerke fast immer auch die Pläne für das Stuckkleid und für die Altäre liefert, könnte auch der Stuck von 1688 auf seinen Entwürfen basieren. Die Altäre dürfen aber nicht Mayer zugeschrieben werden. Ihr Schöpfer ist der Jesuitenbruder und Altarbauer Johannes Veit[14] aus dem Kolleg München. 1700 bis 1707 wird er in den Rechnungslisten aufgeführt. 1702 und dann wieder vom Herbst 1703–1707 ist er auch ausführend in Freiburg tätig. Die zwischen 1701 und 1705 gebauten Altäre sind seine Werke, vielleicht nicht in der Ausführung, aber sicher in der Planung. Die muss auch für die weitere Ausstattung, wie den Stuhlwangen mit den Akanthusschnitzereien und dem Chorgestühl angenommen werden. Auch die Kanzel wird trotz Ungereimtheiten als sein Werk angesehen. Vielleicht ist auch das Prospektgehäuse der Orgel von Veit. Der Maler des grossen Hochaltarblattes und vermutlich auch derjenige des Barbara- und Josephsaltar ist Johannes Degler.[15] Irritierend ist eine 1686 erfolgte Zahlung an den berühmten Jesuiten Andrea Pozzo von 90 Gulden «pro Pictura».[16]
Der Chorturm kann bis 1689 nur bis zum Kranzgesims hochgeführt werden. Der Weiterbau nach den Plänen Mayers scheitert an Fundationsproblemen. 1725–1727 wird das neun Meter hohe Glockengeschoss deshalb in Zimmermannskonstruktion erstellt und mit einem Zwiebelhelm bekrönt. Die Ausführung leitet wahrscheinlich der Jesuitenbaumeister Ignaz Merani,[17] der sich zu dieser Zeit im Kolleg Freiburg aufhält.

Die Kirche nach 1773

1777 erfolgt der endgültige Übergang der ehemaligen Jesuitenkirche an die Universität. Sie muss nun Universitätskirche genannt werden. Aber erst 1799 wird ein offizieller Universitätsgottesdienst eingeführt. In diesem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts bleibt die Kirche mit Ausnahme des Fassaden-Giebelgeschosses im Zustand der Erbauungszeit.[18] 1813 beschliesst der akademische Senat, «die ohnehin wenig besuchte Kirche» zu einer Bibliothek umzubauen, was dann unterbleibt, weil sie inzwischen als Militär-Magazin dient. Die beschädigte Kirche wird 1826 wiederhergestellt. Von Restaurationen und grösseren Eingriffen im barockfeindlichen 19. Jahrhundert ist nichts bekannt. Die wenigen zugänglichen Fotografien des Innenraums vor 1944 scheinen noch den barocken Zustand zu zeigen. Dieser wird mit der Bombardierung der Kirche im Zweiten Weltkrieg vollständig ausgelöscht. Nur noch erhaltene und rekonstruierte Stuckaturen in den seitlichen Wandpfeilerbereichen lassen erahnen, warum Joseph Braun 1910 den Eindruck als recht stimmungsvoll bezeichnet und anfügt: «Die derb gegliederte, herbe Fassade lässt ein so gefälliges und harmonisch wirkendes Innere, wie es sich dem Blick des Eintretenden darbietet, keineswegs vermuten». Die von Braun derart beschriebene Fassade ist zur Nachkriegszeit nochmals derber und herber «materialgerecht» verunstaltet worden.

 

Baubeschrieb der barocken Kirche

Wandpfeiler-Emporenhalle
Der Bautypus der Wandpfeiler-Halle setzt sich seit dem Initialbau der Jesuitenkirche Dillingen (1610/17) im süddeutschen Raum gegen das Jahrhundertende bei den Kirchenneubauten durch.[19] Schon früh werden auch bei Jesuitenkirchen die Wandpfeilernischen mit Emporen versehen, wie in Eichstätt 1617/20 und später bei den Kirchenbauten der Vorarlberger. Der Jesuitenbaumeister Heinrich Mayer kennt den rationellen Bautypus seit seiner Landshuter Zeit,[20] kann ihn aber erst 1680 in Solothurn[21] durchsetzen. Die Jesuitenkirche Solothurn wird Vorbild für die Wandpfeiler-Emporenhalle von Freiburg. Beide Kirchen sind tonnengewölbte Wandpfeiler-Emporensäle mit einem Emporenjoch, drei Langhausjochen und einem halbrund schliessenden Chor. Die beiden Kirchen haben im Wesentlichen auch ähnliche Innenmasse.[22] Nur die Erweiterung und Verbreiterung des dritten Jochs in Solothurn zu einem angedeuteten Querhaus unterscheidet die Kirchenräume. Wenn die Doppelempore nach der Planung von Heinrich Meyer ausgeführt worden wäre, würde das Emporenjoch ebenfalls der Solothurner Kirche entsprechen. In Freiburg wird die obere Empore 1701 als wenig ansprechender Leichtbau eingefügt.

Fassade
Die Fassade hat den Weltkrieg überlebt. Das untere Geschoss ist mit massigen Pilastern toskanischer Ordnung in drei Felder gegliedert. Gegenüber der Planung von Heinrich Mayer sind die Seitenfelder zu breit und «ohne rechtes Verhältnis»[23] gebaut. Der Grund dieser Änderung ist nicht ersichtlich. Auch das Giebelgeschoss entspricht nicht der Planung. Die von Joseph Braun treffend als «schwer, steif und ohne rechtes Verhältnis» kritisierte Fassade ist schon 1687 ohne Verständnis für die Absichten des Planers gebaut worden, der aussen den Innenraum spiegeln will. Immerhin hat der Segmentgiebel mit den seitlichen Voluten, offensichtlich entsprechend der Planung gebaut, noch im 18. Jahrhundert bestanden. Das heutige nüchterne Giebelgeschoss ist ein undatiertes Werk des Klassizismus.
Eine Fotochrom-Lithographie um 1900 zeigt, wie die Fassade ohne die Hervorhebung der wilden Haustein-Oberflächen von Sockel, Pilaster und Gebälk aussehen könnte, und wahrscheinlich im Barock auch ausgesehen hat.


Stuckaturen und barocke Ausstattungen


Seit der Wiederherstellung der Gebäudehülle von 1956/57 präsentiert sich der Innenraum als nüchterne helle Halle mit teilweise erhaltenen Stuckaturen in den Wandpfeilerbereichen und mit einem Gewölbe, in dem sich die Schalbretter des Betons abzeichnen. Die jede Barockkirche prägende Ausstattung ist noch bis 1944 unverändert erhalten. Auf leider nur wenigen Schwarzweiss-Abbildungen ist der ursprüngliche Kirchenraum noch zu sehen und zeigt den grossen Verlust durch die vollständige Zerstörung der Ausstattung im Zweiten Weltkrieg.

Die Stuckaturen
Die Stuckaturen bilden ursprünglich das Raumkleid des ganzen Innenraums. Erhalten sind sie in der Gebälkzone des Langhauses, in den Quertonnen der Wandpfeiler-Nischen und in den Gewölben der Seitenemporen. Erhalten ist auch der Stuck am Chorbogen. Die Gewölbe sind in den Aufnahmen vor der Zerstörung sehr zurückhaltend stuckiert. Die leeren Deckenspiegel sind mit Blattstäben gefasst. Die Gurtbögen enthalten in Kassetten vertiefte Blattrosetten und Akanthus. Die restliche Gewölbefläche mit den Stichkappen ist nur noch geometrisch gegliedert. Reicher sind der noch vorhandene Stuck des Wandpfeiler-Gebälks und die Kompositkapitelle gestaltet. Der ausführende Stuckateurtrupp bleibt unbekannt.
Die Fotos vor 1944 zeigen keine Stuckfassungen und auch keine Malereien in den Deckenspiegeln, die wahrscheinlich aus Kostengründen unterbleiben.

Die Altäre
Der Hochaltar und die sechs an den Wandpfeiler aufgestellte Seitenaltäre werden 1701 bis 1705 in der Kirche aufgebaut. Es sind keine Stuckmarmor-Altäre, wie dies noch Joseph Braun 1910 schreibt, denn ihre Oberfläche ist eine Stucco-lustro-Marmorierung.[24]
Der 1705 gebaute Hochaltar besitzt ein mächtiges, 17 Meter hohes, sechssäuliges Retabel. Der Mittelbau ist eine zweisäulige Ädikula mit gesprengtem Segmentgiebel. Der Auszug ist wieder eine Ädikula mit Doppelpilaster und gesprengtem Giebel. Die vier äusseren Säulen greifen in den Chorraum vor und übernehmen dessen Breite. Auf dem Gebälk schweben beidseits des Auszugs Engelgruppen auf Wolken. Im Hochaltarblatt von Johannes Degler ist die Aufnahme Mariens in den Himmel dargestellt.[25] Darüber, im Sprenggiebel, sind drei Wappenschilde der vorderösterreichischen Stände zu sehen, die den Hochaltar 1704 mitfinanzieren. Johannes Veit stellt dieses schon in den Spätbarock weisendes Altarretabel in seiner 1729 datierten Zeichnungsmappe vor.
Die sechs Seitenaltäre sind photographisch nicht dokumentiert. Es sind nach dem Beschrieb Braun (1910) einfache Ädikula-Säulenretabel mit Auszug und ebenfalls in Stucco lustro ausgeführt.[26]

Gestühl, Orgel und Kanzel

Auf Vorkriegsaufnahmen[27] ist ein Kirchengestühl zu sehen, dessen Wangen reiche Akanthus- Schnitzereien aufweisen. Auch das Chorgestühl gilt als bemerkenswert.
Von der barocken Orgel ist weder der Orgelbauer noch die Disposition bekannt. Sie wird von Dischler (1934) als «ziemlich einfach» beschrieben. Allerdings zeigt die Fotografie bei Braun 1910 auf der improvisiert wirkenden oberen Empore einen ansprechenden siebenteiligen Barockprospekt mit zwei Mitteltürmen und Figuralplastik.
Die Kanzel beschreibt Dischler (1934) als «das schönste Stück». Sie wird durch einen im Wandpfeiler angelegten Zugang erreicht. Im Gegensatz zu den hochbarocken Kanzelentwürfen und -Ausführungen durch Hörmann und Veit wirkt sie sehr streng und hat als Schalldeckelbekrönung einen architektonischen Laubenaufbau mit Pyramide, der eher an Neorenaissance als an Hochbarock erinnert und optisch den Schalldeckel nach vorne kippen lässt.[28]

Baugeschichte des Kollegs und des Gymnasiums

Neu- und Umbauten 1699–1727
Nach dem Friedensschluss 1696 werden mit kaiserlichem Dekret die französische Universität und auch deren Professoren kassiert. 1698 kehrt die Albertina wieder aus Konstanz zurück. Rektor des Kollegs ist 1698–1703 Leopold Schlechten.[29] Schlechten beginnt 1699 mit dem Patresbau nördlich der Kirche an der Brunngasse. Der Bau ist die erste Etappe des neuen Kollegbaus. Grundlage ist die Planung von Heinrich Meyer aus 1682.[30] Der Bau ist kaum vollendet, als wegen des auf den Breisgau übergreifende Spanische Erbfolgekrieges ein Unterbuch notwendig wird. Aber schon 1707 wird weitergebaut. Rektor ist jetzt Renatus Paulin.[31] 1707–1708 lässt er den zweigeschossigen Arkadenbau mit der Bibliothek im Obergeschoss bauen. Der Neubau grenzt im Norden das Kolleg gegen die Häuser der heutigen Rathausgasse ab. Erstmals wird jetzt als Planer Johann Baptist Heintze genannt.[32] Der in Freiburg tätige Jesuit Stanislaus Herzog ist aber mit Sicherheit entscheidend an der Bauausführung mitbeteiligt.[33]
Nach dem Frieden von 1714 werden zuerst die erheblichen Schäden der Bombardierung von 1713 ausgebessert. Erst 1725 sind aber genügend Finanzmittel zur Vollendung des Kollegneubaus und auch des neuen Gymnasiums vorhanden.[34] Die Finanzierung und die nun beginnende Bauausführung sind Verdienste des Rektors und späteren Provinzials Franz Xaver Hallauer[35] und des Rektors Emanuel Kofler.[36] Noch immer ist der «Masterplan» des 17. Jahrhunderts von Br. Heinrich Mayer Leitlinie der Planung. Weil schon seit 1685 das Grundstück für ein neues Gymnasium auf der dem Kolleg gegenüberliegenden Strassenseite erworben ist, werden Planvarianten mit seinem kostengünstigeren Einbezug in das Geviert des Kollegs verworfen. Stattdessen bestimmt Provinzial Hallauer das Projekt Heintzes mit einem Gymnasium auf dem gegenüberliegenden Grundstück und dem Erhalt des alten Südflügels zur Ausführung. Mit dem Bau des Kolleg-Ostflügels und des Gymnasiums wird 1725 begonnen. Der Kollegbau mit dem Wirtschaftshof ist schon Ende Jahr unter Dach und kann im Frühjahr 1726 bezogen werden. Der Umbau des alten Kolleg-Südflügels erfolgt 1726–1727. Alle Räume erhalten Deckenstuckaturen, wahrscheinlich von Wessobrunner Meistern. Genannt wird nur ein Joseph Vogel.[37] Die Decke des Festsaals im 2. Obergeschoss und auch des Haupttreppenhauses erhalten Malereien, deren Schöpfer nicht genannt wird.
Zur gleichen Zeit erfolgt auch das Gymnasium nach den Plänen Heintzes. Der dreigeschossige Bau mit neun Fensterachsen enthält sechs Klassenzimmer, zwei Kongregationssäle und in den beiden obersten Geschossen die zweigeschossige grosse Aula.

 

Kolleg und Gymnasium nach 1773

Die barocken Räume des Kollegs bleiben nach der Neunutzung durch die Universität bis zu ihrer Zerstörung 1944 zum grossen Teil unverändert im barocken Zustand. Beim Wiederaufbau wird nur die äussere Erscheinung im Wesentlichen beibehalten. Hinter den Fassaden bleibt aber nichts mehr von den barocken Räumen erhalten. Sie weichen nach Abbruch verbleibender Reste einer völligen Modernisierung des Innern.
Das Gymnasium wird schon im 18. Jahrhundert mehrfach umgebaut. 1783 baut Bildhauer Joseph Hörr[38] die Aula zur Universitätsbibliothek um. Dieser Umbau ist fotografisch dokumentiert. Aus der Aula und ihren Nebenräumen entsteht ein zweigeschossiger, streng klassizistischer Saal, mit einer hölzernen Empore auf toskanischen Säulen. Das nun Bibliotheksgebäude genannte ehemalige Gymnasium wird nach dem Zweiten Weltkrieg für eine autogerechte Strassenverbreiterung abgebrochen.
Ein Gebäudebeschrieb von Kolleg und Gymnasium ist nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und in den 1950er-Jahren nicht mehr sinnvoll. Ausführlich sind die vor dem Krieg noch erhaltenen barocken Räume aber in der Baugeschichte von Arthur Dischler beschrieben.

Pius Bieri 2021


Literatur


Schreiber, Heinrich: Geschichte der Stadt und Universität Freiburg im Breisgau. Freiburg 1857 und 1859.
Badischer Architecten- und Ingenieur-Verein (Hrsg.): Freiburg im Breisgau, die Stadt und ihre Bauten. Freiburg 1898.
Braun, Joseph SJ: Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten. Freiburg im Breisgau 1910.
Allgeier, Arthur: Die Auflösung des Jesuitenkollegiums zu Freiburg im Breisgau im Jahre 1773, in Freiburger Diözesanarchiv Band 40, 1912.
Kempf, Anna: Das Hochaltargemälde der Universitätskirche zu Freiburg i. Br., in: Zeitschrift des Freiburger Geschichtsvereins, Band 43, 1931.
Dischler, Arthur: Die Baugeschichte der alten Universität zu Freiburg im Breisgau, in: : Zeitschrift des Freiburger Geschichtsvereins, Band 44, 1934.
Strobel, Ferdinand SJ: Die Gesellschaft Jesu in der Schweiz (Kolleg Freiburg i. Br.) in : Helvetia Sacra, Abteilung VII, Bern 1976.
Nising, Horst: «...unseren Zwecken aufs beste angepasst». Die Jesuitenkollegien der Süddeutschen Ordensprovinz im 16. bis 17. Jahrhundert und ihre Darstellung in fünf Bilderzyklen. München 2003.

 

Anmerkungen

[1] Der schon lange vor der Übernahme durch die Jesuiten beginnende Niedergang der Universität in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird in der Freiburger Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts den Jesuiten angelastet, obwohl diese wahrscheinlich die Universität gerettet haben. Schon die «Geschichte der Stadt und Universität Freiburg im Breisgau» (1857-1860) des katholischen Geschichtsforschers Heinrich Schreiber (1793–1872) lässt an den Jesuiten kein gutes Haar und vernachlässigt vor allem die Folgen der 1620–1714 dauernden Kriege.

[2] Friedrich Schaub, Freiburg in: Die Jesuiten in Freiburg i. Br. (Deutsche Bodenseezeitung 1931).

[3] Damals geht das Sprichwort um, dass jeder Soldat drei Bauern braucht: einen, der ihn ernährt, einen, der ihm ein schönes Weib beschert, und einen, der für ihn zur Hölle fährt. 

[4] In der Freiburger Universitätsgeschichte ist die zwanzigjährige Periode der Franzosenherrschaft nicht enthalten. Lediglich über einen Pater Migazzi, der am Hof von Versailles «reichlich mit Geld versehen» wird, lästert Heinrich Schreiber 1859. Der erwähnte P. Migazzi stammt aus Trient und ist vom Rektorat offenbar als Unterhändler eingesetzt. Dass ein Jesuit sich mit den Franzosen einlassen kann, ist für die darbenden damaligen Verantwortlichen der «deutschen» Universität in Konstanz vor allem deswegen ein Ärgernis, weil die Jesuiten in Freiburg nun wieder von den Einnahmen aus ihren elsässischen Besitzungen (Saint Morand und Oelenberg) profitieren können.

[5] Die heute kursierenden Daten zum Kolleg- und Kirchenneubau sind meist sehr oberflächlich und vielfach falsch.
Schon 1910 stellt Joseph Braun in seinem Beitrag zur Baugeschichte der Kirche ein fehlendes Interesse an Forschungen zu den Bauten der Freiburger Jesuiten fest. Er bemerkt zur Quellenlage: «Gedrucktes, doch mangelhaft, in: Freiburg im Breisgau, die Stadt und ihre Bauten (1898)». Dies auch, weil die Universitätskirche dort im Beitrag von K. Ritter mit «wahrscheinlich zwischen 1620 und 1630 erbaut» beschrieben ist und die Fertigstellung des Kolleg-Neubaus in das Jahr 1717 verlegt wird.
Erst 1934 erscheint ein zuverlässiger Artikel zur Baugeschichte auch des Kollegs von Arthur Dischler (siehe Literatur), der unter [http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1934-1/0007?sid=8e412b06aa590f72eac18f3ec89ae0db] abrufbar ist. In seinem Artikel befremdet einzig die falsche Information, Br. Heinrich Mayer (zu ihm siehe unten) hätte wie alle Jesuiten nichts von Statik verstanden und nur die Wünsche seiner Oberen befolgt, «die ohne Rücksicht auf die mangelnden statischen Kenntnisse derartige Aufgaben ihren Ordensbrüdern übertragen». Dieses Urteil über einen der begabtesten Gewölbebauer des späten 17. Jahrhunderts, und auch die Herabwürdigung der mathematisch-statischen Kenntnisse vieler damaligen Jesuitenoberen, zeigt eine Unkenntnis der internen Ausbildungswege im Jesuitenorden und ist mit der üblichen Voreingenommenheit gegen Ordensbaumeister zu erklären. In Bezug auf die Bauvorgänge des Kolleg-Neubaus ist der Artikel Dischler aber noch immer die einzige seriöse Quelle.

[6] Der Erlös geht an die vorderösterreichische Regierung in Freiburg (Jesuitenfond). Die Schenkung des Kollegs und der Kirche an die Universität durch die «edle» Kaiserin Maria Theresia, wie dies Arthur Allgeier 1912 beschreibt, wird von Arthur Dischler 1934 widerlegt. Maria Theresia, die seit 1765 nicht mehr Kaiserin, sondern Erzherzogin von Österreich ist, ist zwar als Schulreformerin auch in Freiburg tätig. Von ihr wird aber 1774 nur das Gymnasium direkt «geschenkt».

[7] Das Kollegium Sapientiae wird 1495 von Johannes Kerer als Konvikt für mittellose, aber begabte Studenten gegründet. Es wird 1775 versteigert. Der Grabstein des Gründers wird in die Universitätskirche versetzt.

[8] Louis Rossier SJ (1627–1680) aus Fribourg, Eintritt in das Landsberger Noviziat 1649, Studien in Ingolstadt, 1674–1677 Rektor in Porrentruy, 1678–1680 in Freiburg, dort 1679–1680 Rektor.

[9] Jost Bernhard von Sonnenberg SJ (1643–1702) aus Luzern. Nach Studien in Luzern 1661 Noviziat in Landsberg. Studium in Ingolstadt, 1673 als Mag. phil. Professor in Dillingen und Innsbruck, 1679–1681 als Dr. theol. Professor in Innsbruck. 1681–1683 Rektor in Freiburg im Breisgau, dann bis 1686 Professor der Moraltheologie in Ingolstadt, 1686–1690 Rektor in Fribourg. 1690–1694 wieder in Freiburg im Breisgau als Theologieprofessor und Präfekt der höheren Studien (Studium Gallicum). 1694/95 liest er Casuatik in München und ist 1695–1698 Tertiatsinstruktor in Ebersberg. 1702 stirbt er in München. Provinzial ist 1682–1686 Eusebius Truchsess von Waldburg (1631–1713).

[10] Jakob Welti (1628–1695) aus Solothurn, Noviziat in Landsberg 1652. Studium in München. 1662–1664 Professor in Fribourg, 1665 Studienpräfekt in Porrentruy, 1665 erneut Professor in Fribourg, 1666–1669 Superior in Bellinzona, 1669–1673 Rektor in Trient, dann bis 1676 Rektor in Fribourg, Superior in Brig bis 1678, dann bis 1680 Socius des Provinzials, 1680–1682 zweites Rektorat in Trient, 1684–1687 Rektor in Freiburg, anschliessend bis 1691 Rektorat in Solothurn. 1691–1692 Superior in Saint Morand.

[11] Setzungsschäden, vermutlich wegen der abenteuerlichen Fundation, zeigen sich schon bald.

[12] Die Gewölbe halten auch vier Treffer der Bombardierung von 1713 aus, bei der zweiten Bombardierung 1744 durchschlägt eine Kugel das Gewölbe. Erst die Direkttreffer der modernen Bombardierung von 1944 setzen den Backsteingewölben ein Ende. Sie werden 1956/57 in Stahlbeton neu erstellt.

[13] Br. Heinrich Mayer SJ (1636–1692) aus Altenburg in Sachsen. Er ist Kunstschreiner, als er 1662 ins Noviziat  in Landsberg eintritt. Er vollendet ab 1672 die Jesuitenkirche von Luzern und ist auch Planer der Jesuitenkirche Solothurn. 1683 übernimmt er die Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg in Ellwangen von Michael Thumb nach eigenen neuen Plänen. Er ist nicht nur hervorragender Baumeister, sondern auch ein guter Stuckateur des Hochbarocks und gesuchter Altarbauer. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[14] Br. Johannes Veit SJ (1663–1732) aus Ellwangen. Er tritt 1696 als Kunstschreiner in den Orden ein und ist in den Kirchen von Freiburg 1702–1707, Eichstätt 1719–1723 und Neuburg 1725 mit Ausstattungen nachgewiesen. Die Zuschreibung der Altäre (stucco-lustro, nicht Stuckmarmor!) an Veit streitet Dischler (1934) ab, weil von Veit nur Kunstschreiner-Arbeiten bekannt seien. Aber: auch der Baumeister, Stuckateur und Altarbauer Heinrich Mayer ist ursprünglich Kunstschreiner. Die ordensintern geförderte Weiterbildung von begabten Jesuitenbrüdern wird von den Kunsthistorikern regelmässig unterschätzt.
In zwei Sammelbänden von 1729 sind in der Bayerischen Staatsbibliothek informative Risse von Ausstattungen, gezeichnet von Johann Veit, Band 1 und Band 2 abrufbar. Der Entwurf des Hochaltars von Freiburg im Breisgau ist hier auch enthalten. Am Entwerfer des Altars dürften damit keine Zweifel mehr bestehen.

[15] Johannes Degler (1666–1729) aus Villnös im Südtirol. Hofmaler in München. Er ist Schüler des Münchner Hofmalers Andreas Wolff. Er malt das Freiburger Hochaltarblatt 1702–1704 für 400 Gulden. Zur Biografie von Johannes Degler und zu den Altarblättern in der Jesuitenkirche Freiburg siehe den 1931 erschienenen Aufsatz von Anna Kempf in:
Das Hochaltargemälde in der Universitätskirche Freiburg i. Br.
Darin sind auch die Fotos des Altars und der Gemälde enthalten.

[16] Dischler (1934) glaubt, dass die Summe einem Altarblatt des zu dieser Zeit in Rom beschäftigten Jesuitenmalers und -Architekten Andrea Pozzo (1642–1709) gelte. Es muss, falls es sich nicht um eine Namens-Verwechslung handelt, nach 1773 verschwunden sein.

[17] Br. Ignaz Merani (1693–1762) aus Prag. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite. Dischler (1934) schreibt die Planung und Leitung dem Freiburger Baumeister Johann Baptist Heintze zu. Die Tätigkeit des Jesuitenbaumeister Merani von 1725 bis 1727 in Freiburg dient der Bauaufsicht (Bauherrenvertretung) für das von Johann Baptist Heintze geplante Gymnasium. Für die gleichzeitige Turmfertigstellung fehlen alle Quellen zum leitenden Verantwortlichen.

[18] Das Giebelgeschoss könnte auch erst 1826 gebaut worden sein.

[19] Zum Typus der Wandpfeilerhalle und dem Unterschied zur Wandpfeiler-Basilika siehe das Glossar (Buchstabe W) in dieser Webseite.

[20] Die grosse Jesuitenkirche von Landshut ist eine Wandpfeiler-Emporenhalle des Jesuitenbaumeisters Johannes Holl (†1648). Sie wird 1637–1640 gebaut. Heinrich Mayer ist hier 1665–1667 für den Kollegneubau tätig, den die Vorarlberger Baumeister Michael Beer und Michael Thumb ausführen.

[21] Die Jesuitenkirche Solothurn plant Heinrich Mayer SJ 1679–1680, die Ausführung erfolgt durch Johann Franz Demess SJ. Mehr zum Jesuitenkolleg Solothurn siehe in dieser Webseite unter >Orte >Solothurn.

[22] Solothurn:  Gesamtlänge 39,5 m, Gewölbeweite 12,0 m, Gesamtbreite 19,4 / 21,8 m, Höhe Langhaus 20,6 m.
   Freiburg:   Gesamtlänge 41,7 m, Gewölbeweite 11,4 m, Gesamtbreite 20,4 m, Höhe Langhaus 19,2 m.          

[23] Joseph Braun 1910.

[24] Zur Technik des Stuckmarmors und des Stucco lustro siehe das Glossar in dieser Webseite, Buchstabe S.

[25] Es ist 3,10 m breit und 4,88 m hoch.

[26] Im dritten (vordersten Joch) der Franz-Xaver-Altar (R) und der Johannes-Franziskus-Regis-Altar (L). Im zweiten (mittleren) Joch der Barbara- und Stanislaus-Altar (R) und der Ignatius-Altar (L). Im ersten Joch der Josephsaltar (R) und der Altar zu den Engeln und dem hl. Aloisius (L).

[27] Fotos der Orgel oder des Chorgestühls vor 1944 sind wahrscheinlich in den staatlichen Archiven vorhanden, werden aber nicht veröffentlicht. Die zugänglichen Fotografien beschränken sich auf generelle Innenaufnahmen, meist in sehr schlechter Qualität. Es dürfte kaum ein weiteres im Krieg zerstörtes barockes Bauwerk geben, von dem derart wenig fotografisch dokumentiert ist oder dessen Fotografien in staatlichen Archiven schlummern.

[28] Br. Johannes Veit SJ (1663–1739), der die Ausstattung in Freiburg erstellt, zeichnet auch Werke des gleichzeitig wirkenden Br. Johannes Hörmann SJ (1651–1699) nach. Ihre Kanzelzeichnungen und -Ausführungen sind durchwegs hochbarocke Akanthusschnitzereien. Von Johannes Veit sind wenige Ausführungen bekannt. Sein bestes Werk ist Eichstätt 1721. Eine derart missgestaltete Schalldeckel-Architektur wie in Freiburg würde man bei ihm nicht vermuten.

[29] P. Leopold Schlechten S.J. (1653–1719) aus Kaufbeuren. Eintritt in Landsberg 1670. Studien in Ingolstadt. 1685–1687 ist er Professor an der französischen Universität in Freiburg. 1691 Doktor der Theologie, bis 1698 Professor an der Albertina in Konstanz. 1698–1703 ist er Rektor in Freiburg und beginnt 1701 nicht nur mit dem Kollegneubau, sondern auch mit der Ausstattung der Kirche (Br. Johannes Veit). 1703–1706 Rektor in Eichstätt. 1706–1715 ist er wieder in Konstanz, nun als Theologe und Beichtvater des Fürstbischofs Johann Franz Schenk von Stauffenberg. Ab 1715 ist er Spiritual in Rottenburg.

[30] Der Plan Mayers ist in der 1729 datierten Mappe des Jesuitenbaumeisters Johannes Veit als Abzeichnung enthalten. Der dreigeschossige Patresbau ist hier noch mit drei Wohnräumen pro Geschoss und mit dem Korridor zum Innenhof gezeichnet. Ausgeführt werden vier Zimmer pro Geschoss mit Ausrichtung zum Innenhof.  

[31] Renatus Paulin (1651–1718) aus Alt-Breisach. Eintritt in Landsberg 1667. Studien in Ingolstadt. Während der Franzosenzeit ist er Logikprofessor in Freiburg, geht aber 1685 als französisch sprechender Prediger nach Porrentruy. Die weiteren Stationen sind Professuren in Ingolstadt und Innsbruck. 1699–1702 ist er in Wien als Instruktor des Herzogs von Lothringen. 1706–1709 ist er Rektor in Freiburg. Noch bis 1713 bleibt er als Beichtvater in Freiburg und geht dann nach Oelenburg.

[32] Johann Baptist Heintze, auch Heinze (†1745) ist kaiserlicher Zeuglieutenant (Militärbaumeister) und seit 1716 auch Lehrer für Militär- und Zivilbaukunst. Von den Freiburger Historikern wird er deshalb als Professor bezeichnet. Die Lebensdaten sind unbekannt. Die Vermutung, dass er Planer des Arkadenbaus ist, gründet auf einer Zahlung von 45 Gulden. Erstmals lobt ihn der Rektor 1725 ausdrücklich als Verfasser der Pläne für den Kollegneubau (Ost- und Südflügel, Gymnasium) mit den Worten, dass die schönen Pläne ein Werk von Heintze seien, einem überragenden Baumeister und Militäroffizier.

[33] «Char. (?) Stanislaus Herzog S.J., Pie in Dom. def. 2. Mai 1734, natus 4. Juni 1658» ist sein Eintrag in der Gruft unter der Kirche. Mehr ist von Br. Stanislaus Herzog nicht bekannt. Dirschler (1934) nennt ihn als Mitentwerfer des Wandelgangs und der Bibliothek. Wahrscheinlich ist er bis 1725 Bauherrenvertreter.

[34] 1725 sind aus dem Fonds des Kollegs 7000 Gulden vorhanden. 1000 Gulden und zudem alle Glasscheiben aus der eigenen Glashütte stiftet Abt Blasius III. von St. Blasien. Die gesamten Baukosten betragen 16 235 Gulden. Die Finanzierung erfolgt vollumfänglich vom Orden, vor allem durch den Provinzial Hallauer. Die Baukosten des Gymnasium-Neubaus sind unbekannt, 1725 sind knapp 6000 Gulden vorhanden. Zum Gymnasium tragen die Landstände 500 Gulden bei.

[35] P. Franz Xaver Hallauer SJ (1674–1740) aus Rheinfelden wirkt seit 1707 als Philosophieprofessor an der Freiburger Universität und ist 1715–1719 Rektor des Freiburger Kollegs. 1719–1724 ist er Provinzprokurator in München, dann 1724–1728 Provinzial, dann wird er 1728 Rektor am Kolleg München. Er lässt als Provinzial an allen Kollegien den Lehrstuhl für Geschichte einführen. 1730–1737 ist er Assistens Germaniae in Rom und wird 1737 Beichtvater des bayerischen Kurfürsten. Sein 12-jähriges Wirken in Freiburg und seine Finanzhilfe als Provinzial ist ausschlaggebend für die Kollegvollendung und den Gymnasiums-Neubau.  

[36] P. Emanuel Kofler SJ (1674–1733) aus Sterzing im Südtirol. Er ist 1719–1729 Rektor in Freiburg. Während diesem ungewöhnlich langen Rektorat wird der Kollegbau vollendet und das Gymnasium gebaut. Er überträgt die Planungen dem Militärbaumeister Johann Baptist Heintze und die Bauüberwachung dem seit 1725 anwesenden Ordensbruder Ignaz Merani SJ.

[37] Wahrscheinlich Franz Joseph Vogel (1684–1756), Sohn des in Wettenhausen tätigen Georg I Vogel. Seit 1710 ist Vogel in Freiburg i. Br. wohnhaft. Ist er identisch mit dem Maurermeister Franz Joseph Vogel, der 1735 Gewölbe im Untergeschoss des Gymnasiums einbaut?

[38] Joseph Hörr (1732–1785) aus Blasiwald. Schüler von Johann Joseph Christian in Riedlingen. Tätig vor allem in St. Blasien. Seit 1763 als Bildhauer in Freiburg wohnhaft. Siehe zu ihm die Biografie in der Wikipedia.




Freiburg im Breisgau Universitätskirche und Jesuitenkolleg
FreiburgA1
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Freiburg im Breisgau Vorderösterreich
Bistum (18. Jh.) Baubeginn
Konstanz 1683
Bauherr und Bauträger
P. Jost Bernhard von Sonnenberg SJ (1681–1683)
P. Jakob Welti (Rektor 1684–1687)
P. Leopold Schlechten S.J. (Rektor 1698–1703)
P. Renatus Paulin SJ (Rektor 1706–1709)
P. Franz Xaver Hallauer SJ (Rektor 1715–1719)
P. Emanuel Kofler SJ (Rektor 1719–1729)
Das ehemalige Jesuitenkolleg mit Universitätskirche an der nach 1945 stark verbreiterten Bertoldstrasse, der ehemaligen Jesuitengasse. Foto Bieri 2021.
FreiburgA2
Der heutige Innenraum Richtung Empore.
Foto Tilmann Spaeth 2017.
PDF11
Freiburg1838
AAusschnitt aus dem Plan von Freiburg im Breisgau von C. Roesch, 1838. Das Kolleg ist rot hervorgehoben.
Quelle: Bibliothèque nationale de France.
FreiburgLageplan
Der Lageplan der Universitätskirche, des Kollegs und des Gymnasiums mit den Etappierungen basiert auf dem Zustand des 19. Jahrhunderts. Für Vergrösserung und Legende bitte anklicken!
FreiburgBodenehr
Die Vogelschau-Ansicht des Jesuitenkollegs Freiburg aus Süden. Den kolorierten Stich (Blatt 15 von 37 Niederlassungen der Oberdeutschen Provinz) veröffentlicht Gabriel Bodenehr zwischen 1735 und 1765. Der Stecher stützt sich dabei auf ältere Projekte mit einem (nicht verwirklichten) vollständigen Neubau des Südflügels. Quelle: Archivium Monacense SJ.
Pläne und Vergleiche
FreiburgHörmann1
In den «Delineationes», dem Plannachlass des Jesuitenbaumeisters Br. Johannes Hörmann SJ (1651–1699) befindet sich ein Grundrissplan mit Längsschnitt der Jesuitenkirche Freiburg, datiert 1689. Er gilt als Kopie des Originalplanes von Br. Heinrich Mayer SJ. Bildquelle:
Bayrische Staatsbibliothek München.

FreiburgGrRissvergleichSolothurn
Die Jesuitenkirche von Solothurn ist ein weiteres Bauwerk des Jesuitenbaumeisters Heinrich Mayer. Sie ist 1683 fertiggestellt und mit grosser Wahrscheinlichkeit Vorbild der Kirche in Freiburg. Hier die beiden Grundrisse im gleichen Massstab. Die Kirche von Freiburg ist entsprechend dem Projektplan (oben) gezeichnet.
FreiburgFassadenvergleichHoermann
Johannes Hörmann zeichnet 1689 auch die vergleichenden Fassaden von Solothurn (links) und Freiburg (rechts). Die Fassade von Freiburg wird schon während der Bauausführung verändert und erhält in klassizistischer Zeit ein nüchternes Obergeschoss. Quelle: Bayrische Staatsbibliothek München.
FreiburgSchnittHoermannSW
FreiburgSchnitt1898
Die Schnittpläne von 1689 (oben: Br. Johannes Hörmann) und 1898 (unten: Freiburg und seien Bauten) zeigen nur an der Fassade und dem Turm Planänderungen. Der Innenraum bleibt bis 1944 im barocken Zustand.
FreiburgAltarentwurfVeit
Br. Johannes Veit SJ stellt seinen Entwurf zum 1705 gefertigten Freiburger Hochaltar in seinem Sammelwerk von Retabel-Entwürfen vor. Als Schöpfer der Altarausstattung ist er damit nicht nur wegen seines Aufenthaltes im Kolleg ausgewiesen.. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek.

Aufnahmen vor 1944

FreiburgFoto1900
Diese Photochromlithographie datiert zwischen 1895 und 1900. Noch zeigt sich die Bertoldstrasse in der ursprünglichen Breite als Jesuitengasse. Und noch scheint die Fassadengliederung weniger aufdringlich als mit der heutigen Natursteinhervorhebung der Pilaster und Gebälke. Im Hintergrund ist der Münsterturm sichtbar.
Foto: Library of Congress Washington, D.C.
FreiburgFotoInnenraumAlt
Der Innenraum mit Blick von der Empore zum Chor vor der Zerstörung, noch mit den barocken Stuckaturen und der originalen Ausstattung. Quelle: Das Hochaltargemälde in der Universitätskirche Freiburg i. Br. (Anna Kempf 1931).
FreiburgAltEmpore
Der Innenraum mit Blick zu den noch doppelten Emporen und der barocken Orgel in einer Aufnahme der Jahrhundertwende aus Braun 1910. Das oberste Foto im Titel zeigt den gleichen Blick 2017.
FreiburgHochaltarAlt
Der Hochaltar des Br. Johannes Veit auf einer alten Postkarte.
Quelle: PK 24 Universitätsarchiv Freiburg.
FreiburgHochaltargemälde
Das Hochaltargemälde von Johannes Degler verbrennt 1944. Ohne die Arbeit von Anna Kempf (1931) hätten wir heute kein Foto dieses gewaltigen Bildes zur Verfügung. Das Bildthema ist dem Patrozinium der Unbefleckten Empfängnis gewidmet. Maria wird im Himmel von Gottvater und Gottsohn empfangen, die Taube der Dreifaltigkeit schwebt darüber. Unter ihr Engel und Putti in grosser Anzahl, in der unteren Bildecke sitzen Adam und Eva unter dem Paradiesbaum.
Bildquelle: Das Hochaltargemälde in der Universitätskirche Freiburg i. Br.
Heute
FreiburgA2
Die Fassade hat die Zerstörung von 1944 überlebt. Die harte Hervorhebung der bunt gemischten Naturstein-Gliederung anlässlich der Nachkriegs-Restaurierung dürfte allerdings kaum dem ursprünglichen Bild entsprechen. Foto Bieri 2021.
FreiburgA3
Chor und Turm der Kirche vom Innenhof gesehen. Foto: Bieri 2021.
FreiburgA4
Als Abschluss des Innenhofs gegen Norden wird 1707/08 ein Wandelgang mit einer Bibliothek im Obergeschoss gebaut.
Foto: Bieri 2021.
FreiburgKirchturm
Der Chorturm, aufgenommen von der erst nach dem Krieg entstandenen westlichen Strasse mit dem Namen «Am Schwarzen Kloster». Das ehemalige Ursulinenkloster in ihrem Westende gibt dieser von einem riesigen Kaufhaus (rechts) begleiteten Strasse den Namen.
Foto: Joergens.mi 2014 in Wikipedia.
Freiburg_I_Wiki_2
Trotz moderner Möblierung wirkt der Innenraum heute nüchtern und leer. Störend sind auch die betonten Schalbretter der gewölbten Betondecke. Ein Vergleich mit der Schwarzweiss-Foto oben zeigt den grossen Verlust durch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
Foto: Joergens.mi 2009 in Wikipedia


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Kriegswirren 1620–1714

Freiburg im Dreissigjährigen Krieg
1632 erobern die Schweden die Stadt Freiburg.[39] Nach deren Abzug übernehmen 1633 spanische Truppen die Stadt. Aber schon Anfang 1634 sind die Schweden für ein weiteres Jahr Stadtherren. Dann mischt sich Frankreich in den Krieg ein. Die französische Krone hat inzwischen das nahe Elsass erobert und unterstützt die Schweden. 1638 fällt Freiburg an den von Frankreich unterstützten Feldherrn Bernhard von Sachsen-Weimar. Ab 1644 sind erneut die Österreicher im Besitz Freiburgs. Bei Kriegsende 1648 hat die zerstörte, ehemals 14 000 Einwohner zählende Stadt noch deren 2000.
Die Nöte der Bevölkerung sind in der Webseite «Freiburgs Geschichte in Zitaten» treffend beschrieben.

Die Franzosenkriege
Während 33 Jahren bleibt Freiburg vorderösterreichisch. Die Stadt ist jetzt Regierungssitz und beherbergt in Erwartung erneuter Angriffe aus Frankreich eine Garnison. Das Motto des Sonnenkönigs «S'agrandir est la plus digne et la plus agréable occupation des souverains» bekommt auch Freiburg zu spüren. 1677 erobern die Franzosen die Stadt und den Breisgau. Freiburg bleibt für 20 Jahre in französischen Händen. Sébastien Le Prestre de Vauban baut die Stadt endgültig zur Festung aus. Für Freiburg bedeutet die Franzosenherrschaft im Vergleich zu der Zerstörung von Heidelberg und Mannheim das kleinere Übel. Nach dem Frieden von Rijswijk kommen die Österreicher 1698 wieder in den Besitz der Stadt und des Breisgaus. Trotzdem erobern 1713 am Ende des Spanischen Erbfolgekrieg französische Truppen unter Louis Hector de Villars die Festung Freiburg erneut und halten sie ein Jahr. Gosse Kontributionszahlungen retten vor der völligen Zerstörung. Mit den Frieden von Rastatt und Baden ist Freiburg 1714 wieder österreichisch. 1744 folgt eine letzte Belagerung durch die Franzosen. Bombardierungen verursachen grosse Schäden, die Stadt kann jetzt aber nicht mehr eingenommen werden.
Auch diese Periode ist in der Webseite «Freiburgs Geschichte in Zitaten» beschrieben.

Pius Bieri 2021


Anmerkung:

[39] Heinrich Schreiber (siehe Anmerkung 1) lastet auch hier den Jesuiten Feigheit an, da sie aus der Stadt flüchten und ihre Mitbürger alleinlassen.
Zu dieser vermeintlichen Jesuiten-Feigheit hier ein Auszug aus Freiburgs Geschichte in Zitaten unter dem Titel «Was Belzebub nicht hat verricht, dasselb durch ein Jesuwit geschicht»:
«Nach dem Einzug der Schweden schüttelt General Horn dem Pater Rektor freundlich die Hand: Ihr Jesuiten seid doch ganze Leute und überall zu Hause, sogar Kriegskameraden trifft man unter euch an [Schr25]. Dabei bezieht er sich auf die Verteidigung der Burghalde durch Studenten, bei der am 28. Dezember 1632 zwei Jesuitenpatres (Professoren der Mathematik und Ethik) die Geschütze befehligt hatten [Maye10]. Unter der schwedischen Besatzung bleibt der Universitätsbetrieb wesentlich eingeschränkt. Trotz der Toleranzzusage flüchten viele Jesuiten aus der Stadt, denn sie befürchten das Schlimmste, gilt doch der Hass der Protestanten vor allem ihnen: Was Belzebub nicht hat verricht, dasselb durch ein Jesuwit geschicht [Schm99]. Ein Teil der Dozenten bleibt allerdings in Freiburg, doch als ruchbar wird, dass sich einige Jesuiten in einen Briefwechsel mit der unter kaiserlichem Befehl stehenden Festung Breisach eingelassen hatten, werden die angeschwärzten Schreiber im Martinsturm festgesetzt. Diese angebliche Verschwörung der Jesuiten führt am 7. September 1633 zu ihrer Vertreibung aus der Stadt, wobei sie ausgeraubt in den Schwarzwald getrieben werden [Maye10].»

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