Dominikanerinnenpriorat 1260 bis 1803
Die Klostergemeinschaft von Siessen besteht seit 750 Jahren. Steinmar von Strahlegg, ein Ministeriale des Frauenstiftes Buchau, schenkt 1251 einer Schwesternsammlung sein Stadthaus in Saulgau. Die nach der Regel des hl. Augustinus lebenden Schwestern werden von Konstanzer Dominikanern betreut. 1259 überlässt ihnen Steinmar von Strahlegg sein Landgut in Siessen und das Patronatsrecht der dortigen Kirche St. Martin. Am 14. Mai 1260 besiedeln vorerst sechs Schwestern den hochgelegenen Ort, dreiviertel Stunden ausserhalb der Stadt gelegen.[1] Drei Wegstunden westlich von Siessen wird parallel und nach gleichem Muster das Dominikanerinnenkloster Habsthal gegründet. Wie dort scheint auch in Siessen das frühe 16. Jahrhundert den Tiefpunkt der innerklösterlichen Disziplin darzustellen. Im Unterschied zu Habsthal ist aber Siessen gegenüber den Reformen aufgeschlossener. Vier Dominikanerinnen aus Pforzheim, die während der Reformation vorübergehend nach Kirchberg[2] gehen, sorgen 1572 in Siessen für die Einführung der strengen Reformvorschriften. Der folgende neue Aufschwung wird durch den Dreissigjährigen Krieg gebremst. 1674 zerstört ein Brand den Prioratstrakt. Der Wiederaufbau und eine Barockisierung der Klosterkirche 1683–1685 belasten die Klosterökonomie, die sich nur auf Einnahmen von Höfen und Gütern in der näheren Umgebung stützen kann. Ende des 17. Jahrhunderts umfasst der Konvent 17 Chorfrauen und 14 Laienschwestern. 1688, 1703 und 1704 muss das Kloster noch einmal Verwüstungen in den beiden Erbfolgekriegen erdulden. Die dann folgenden ruhigen Jahrzehnte werden für den Konventneubau 1716–1722 und den Kirchenneubau von 1726–1729 genutzt. Die Blüte des Klosters im 18. Jahrhunderts endet mit den Napoleonischen Kriegen.
1803 folgt die Säkularisation. Das Dominikanerinnenkloster Siessen wird mit dem Reichsdeputationshauptschluss Eigentum der Fürsten von Thurn und Taxis, die auch von den Abteien Obermarchtal, Neresheim und dem Damenstift Buchau Besitz ergreifen. Mit Ennetach bei Mengen erhalten sie zudem ein weiteres Dominikanerinnenkloster zugewiesen.[3] Die verbleibenden Frauen von Ennetach werden 1826 von den neuen Herrschaften nach Siessen eingewiesen, sodass sich hier 26 Jahre nach der Säkularisation noch immer 19 Frauen und Schwestern aufhalten. Sie dürfen ihr Leben mit einer kleinen Pension, allerdings mit dem Verbot der Novizenaufnahme weiterführen.[4] Die letzte ehemalige Dominikanerinnen-Schwester von Siessen stirbt 1862.
Der Klosterneubau 1716–1722
Über die vorbarocke Klosteranlage ist wenig bekannt. Das Hochaltargemälde von Matthäus Zehender zeigt sie im Zustand von 1684.[5] Im Gemälde weist der hl. Dominikus mit dem Zeigefinger auf die Vorgängerkirche. Sie ist ein einfaches einschiffiges Gotteshaus mit gerade geschlossenem Chor und Dachreiter, wie dies bei Kirchen von Frauenkonventen des 13. Jahrhunderts üblich ist. Im heutigen Haus St. Dominikus stecken die Umfassungsmauern dieser mittelalterlichen Kirche.[6] Die Klosteranlage des Mittelalters läge damit auf der leicht ansteigenden Zugangsebene vor dem Ostflügel des barocken Klosters.
Erst Priorin Maria Josepha Baiz oder Baizin aus Riedlingen (1665–1734), deren erste Amtszeit 1716 beginnt, kann sich mit einem Klosterneubau befassen. Unterstützung erhält sie von den Provinzialen der 1709 neu gegründeten süddeutschen Ordensprovinz Saxonia, insbesondere von Pater Andreas Roth (1654–1735).[7] Sofort nach ihrer Wahl überträgt sie den Neubau an den Vorarlberger Baumeister Franz Beer I (1659–1722). Dieser ist um diese Zeit an Kirchenbauten im Auftrag der Abtei Ochsenhausen beschäftigt, die er nach Planungen des Liebhaberarchitekten von Ottobeuren, Pater Christoph Vogt ausführt. Für diesen genialen Planer hat Beer 1696–1696 bereits das Benediktinerinnenkloster Holzen erstellt. Es erstaunt deshalb nicht, dass in Siessen das Konzept einer dem Klostergeviert angehängten Kirche vorgeschlagen wird, wie dies in Holzen gebaut und in Ottobeuren im Bau ist.[8] Die klassische, schlossähnliche Betonung der Ecken mit Risaliten oder Eckpavillons ist inzwischen im Residenz- und Abteibau Usanz. Sie ist in dieser geometrischen Klarheit für einen Frauenkonvent aber doch überraschend.[9] Franz Beer I hat bisher keine Eckpavillons angewendet und wird bei seinem nächsten Konventbau in Wörishofen wieder auf die alten angesetzten Flügel zurückgreifen, was stark auf externe Einflüsse schliessen lässt. Von 1716 bis 1718 bringt er die vier neuen Konventflügel, noch ohne Kirche, auf dem freien Platz oberhalb des alten Klosters unter Dach. Sein Sohn Johann Michael I (1696–1780) ist im Baumeistertrupp tätig. Am 21. November 1722 kann der Konvent in die neuen Klausurräume einziehen. Der Bau hat bis dahin 24 338 Gulden gekostet.
Der Kirchenneubau von Dominikus Zimmermann, 1726–1733
Baumeister Franz Beer I übernimmt 1719 den Klosterneubau für die Dominikanerinnen in Wörishofen. Er stirbt im Mai 1722. Die Arbeiten in Wörishofen beendet sein Sohn. Hier ist 1722 und 1723 Dominikus Zimmermann (1685–1766) als Stuckateur tätig, nachdem er vorher in Siessen das Sommerrefektorium stuckiert hat. Vermutlich auf Empfehlung des jetzt als Spiritual in Wörishofen wirkenden Pater Andreas Roth zieht die Priorin 1725 Dominikus Zimmermann (1685–1766) für den Kirchenneubau bei. Er ist nicht nur als Stuckateur und Altarbauer, sondern auch als Baumeister bereits eine bekannte Persönlichkeit.[10] Der Verding über die Steinhauer-, Maurer- und Stuckateurarbeit lautet auf 4000 Gulden. Die bestehende Planung von 1716 sieht ein in der Mittelachse des Südflügels vorstehendes Kirchenschiff schon vor. Zimmermann fügt wahrscheinlich die querschiffartige Erweiterung und den nur leicht eingezogenen Chor bei, ist aber sicher Schöpfer des Kirchenraumes mit der prägenden zweiten Innenraumschicht. Leicht gelöste Wandpfeiler in Form von Doppelpilastern tragen, durch Schildbögen verbunden, in der Art einer Freipfeilerhalle die Abfolge der mit Gurtbögen getrennten Flachkuppeln. Diese sogenannten Pendentifkuppeln sind eine von der venezianischen Architektur angeregte Wölbform, die der Lehrer von Dominikus Zimmermann, Johann Jakob Herkomer, zum ersten Mal 1701 bei seinem Umbau von St. Mang in Füssen einführt. Durch die Trennung der tektonischen Struktur von der Aussenwand kann Zimmermann seine charakteristischen dreigeteilten Ohrenfenster sehr hoch ansetzen und damit eine unerwartete Helligkeit in den Raum bringen. Gleichzeitig mit dem Bau der Kirche in Siessen plant Zimmermann für den Schussenrieder Abt Didakus Ströbele die Wallfahrtskirche von Steinhausen, sein erstes grosses Meisterwerk. In Steinhausen beginnt er 1728, im gleichen Jahr hat er mit der Stuckierung der Kirche von Siessen die vertraglichen Abmachungen erfüllt. In die mit feinen Régencestuckaturen umspielten Gewölbekuppeln und Gewölbezwickel malt sein Bruder Johann Baptist Zimmermann (1680–1758) in den Jahren 1728 und 1729 die Fresken. Sie geben uns in ihrer Farbgebung, die auch die umgebende Rahmung einbezieht, schon eine Vorahnung des kommenden Rokoko. Der Kirchenneubau wird mit 9683 Gulden abgerechnet.
Die Ausstattung und ihre wechselvolle Geschichte
Der Konstanzer Bischof weiht die Kirche 1733, gleich anschliessend an die Weihe der Wallfahrtskirche von Steinhausen. In der neuen Kirche sind zu dieser Zeit die Barockaltäre des alten, bis dahin noch immer benutzten mittelalterlichen Gotteshauses aufgestellt. 1762–1763 werden sie durch Rokoko-Altäre ersetzt. Der Bildhauer ist nicht bekannt, Indizien weisen auf Fidel Sporer.[11] Zwei Altarblätter von Matthäus Zehender (1641–1697), das Hauptaltarblatt mit der Rosenkranzspende und das Seitenaltarblatt mit dem hl. Thomas von Aquin, finden wieder Verwendung. Johann Georg Messmer[12] malt ein weiteres Altarblatt mit dem hl. Dominikus und verlängert die Blätter von Zehender. Gleichzeitig wird eine neue Kanzel erstellt.
1878–1880 wird der Innenraum durch schwerwiegende Eingriffe verändert. Noch wird zu dieser Zeit der Barock als Dekadenzsstil der Renaissance betrachtet und vor allem den Rokoko- oder «Zopf»-Altären[13] der Kampf angesagt. Der Raum wird nicht nur farblich verändert, 1878 werden alle Altäre und die Kanzel mit Ausnahme der Altarblätter zerstört. Schwere, dunkle Neurenaissance-Gebilde ersetzen die Rokoko-Ausstattung. Auch die Barockorgel mit 30 Registern von Aegidius Schnitzer aus Hayingen wird ersetzt. 1941 findet eine Schwester das Hauptaltarblatt Zehenders gerollt auf dem Kirchenboden. 1948 kommen die dunklen Altar-Ungetüme des vergangenen Jahrhunderts wieder weg. In Altsteusslingen erworbene ehemalige Seitenaltäre der Ulmer Wengenkirche finden nun Aufstellung.[14] Die Seitenaltarblätter der ursprünglichen Rokokoaltäre, die den hl. Dominikus und den hl. Thomas von Aquin darstellen, sind heute als Gemälde an den Längswänden des Kirchenschiffs zu sehen.
Von 1948 bis 1988 sind das Hauptaltargemälde Zehenders und die Figuren von 1762 isoliert im Chor aufgestellt. In der Zwischenzeit wird um Form und Farbe des neu zu schaffenden Hochaltars gerungen. Das heutige Werk, ein Stuckmarmoraltar nach Entwürfen des Innsbruckers Wolfram Köberl,[15] gibt sich selbst einem Kunstkenner nicht als Neuschöpfung zu erkennen. Die hervorragende Neuschöpfung unter Verwendung der Figuren des Altars von 1762 fügt sich selbstverständlich in den Innenraum des Dominikus Zimmermann ein. Dies bestätigt auch ein nachträglich gefundener Detailbeschrieb des Rokokoaltares vor seiner Zerstörung.
Das Kloster der Franziskanerinnen von Siessen im 19. und 20. Jahrhundert
1860 kann ein württembergischer Zweig der Franziskanerinnen von Dillingen das Kloster Siessen von den Fürsten Thurn und Taxis zurückerwerben. Noch lebt eine ehemalige Schwester der Dominikanerinnen und wird Zeuge der Neubelebung des alten Klosters. Die Franziskanerinnen von Siessen verstehen sich als Schulschwestern und entfalten im 19. Jahrhundert eine rege Schultätigkeit in Württemberg. Siessen ist Mutterhaus. Baulich zeigt sich dies in den Schulhausneubauten von 1902, die das alte Klostergeviert auf der Westseite völlig verdecken, aber auch in den 1926–1927 erfolgten Neubauten des Kirchenarchitekten Otto Linder im Norden. Die Eingriffe des 19. Jahrhunderts im Kircheninnern sind heute glücklich behoben. Am Äussern der Kirche, heute ebenfalls restauriert, vermisst man die barocken Giebelvoluten und vor allem den barocken Helm des Dachreiters, welche schon kurz nach der Säkularisation dem Nützlichkeitsdenken der neuen Besitzer zum Opfer fallen.
Heute
Die Franziskanerinnen von Siessen sind noch immer eine aktive Ordensgemeinschaft mit Nachwuchs. Im Mutterhaus Siessen beträgt ihre Mitgliederzahl über 130 Schwestern. Der Bildungsauftrag ist inzwischen durch den Ausbau des staatlichen Systems etwas in den Hintergrund gerückt. Die Schulen und das Internat gehören seit 1996 einer neuen Trägerschaft an. Noch immer ist aber die Jugendförderung Hauptziel. Vermehrt sind die Schwestern heute in der Krankenpflege und in der Mission tätig. Es ist zu wünschen, dass der seit der Gründung ununterbrochene klösterliche Geist in Siessen auch in Zukunft weiterlebt und weitere runde Gründungsjubiläen ermöglicht.
Pius Bieri 2010
Benutzte Einzeldarstellungen:
Binder-Etter, Elisabeth: Kloster- und Pfarrkirche St. Markus, Siessen, Kunstführer, Regensburg 2008.
Pfarramt St. Markus Siessen (Hrsg.): Pfarrkirche St. Markus Siessen, Der neue Hochaltar, Festschrift zur Altarweihe 1988.
Von Memminger, Johann Daniel Georg: Beschreibung des Oberamts Saulgau, Stuttgart und Tübingen 1829.
Wehrli-Johns, Martina: Dominikanerinnenkloster Siessen – Geschichte, in: http://www.kloester-bw.de/
Links:
Kloster Siessen, Homepage
Geschichte des ältesten Teiles der Klosteranlage in Siessen – des Hauses St. Dominikus (PDF 5,5 Mb)
[1] Der Gründungsvorgang ist bezeichnend für die Situation im deutschen Südwesten der Mitte des 13. Jahrhunderts. Obwohl der Dominikanerorden ein städtischer Predigerorden ist, setzen sich die angeschlossenen Frauenverbände von der Stadt ins ländliche Umfeld ab, um wie die alten Frauenorden je nach Grösse der Stiftung oder nach Beziehungen zum Adel mehr oder weniger autark zu leben. Fast alle diese Neugründungen finden bei den städtischen Dominikanern kaum Unterstützung und haben später Mühe, in den Orden inkorporiert zu werden.
[2] Dominikanerinnenkloster bei Sulz am Neckar. Heute Nutzung durch die evangelische St. Michaelsbruderschaft.
[3] Ennetach bei Mengen. Es hat 1803 14 Frauen und 7 Laienschwestern. Die Gebäude von 1701–1710 werden 1827–1840 abgebrochen.
[4] Gegenüber den anspruchsvollen adeligen Damen von Buchau sind die Pensionen der Frauen in Siessen bescheiden: dort 1450 bis 1600 Gulden, hier 200 Gulden.
[5] Matthäus Zehender hat 1681 in Habsthal in ähnlicher Art die dortige neue Anlage sehr realitätsnah auf ein Altarblatt gemalt. Man darf deshalb auch für Siessen von einer korrekten Darstellung ausgehen. Das 1687 erstellte Gästehaus ist noch nicht dargestellt. Das heutige Haus St. Dominikus ist nicht der Südtrakt der Klausur, wie im «Dehio» beschrieben, sondern die ehemalige mittelalterliche Kirche St. Markus. Das Kloster ist von Süden dargestellt. Die Kirche liegt damit eher ungewöhnlich im Süden der wahrscheinlich nur zweigeschossigen Klausurgebäude. Ein nach Osten gerichtetes Satteldachgebäude bildet den Westabschluss des ersten Hofes, der von Süden über eine Holzbrücke erreicht wird. Anstelle des Tores wird 1687 das Gästehaus errichtet.
[6] Die Kirche wird nach dem Neubau von 1733, ihrer Ausstattung beraubt, wahrscheinlich nicht mehr benutzt. 1771 wird sie Kornschütte. 1870 können die Franziskanerinnen das Gebäude von den Fürsten von Thurn und Taxis erweben und bauen es zu Wohnzwecken um. 1994–1996 erfolgt ein erneuter Umbau in das heutige Haus St. Dominikus, wobei Befunde bestätigen, dass es sich um die alte Kirche St. Markus handelt. Quelle: Hausarbeit bei Dr. Christoph Schmider im Volkensberger-Kurs 2009.
[7] Provinzial Pater Andreas Roth (1654–1735) ist Provinzial von 1717–1721, betreibt die Gründung eines Klosters der strengen Observanz in Wörishofen und ist dann 1721–1735 Spiritual in Wörishofen. Für den Neubau in Wörishofen beruft er wieder Franz Beer I.
[8] In Ottobeuren mit vorgestellter Kirche (Chor zum Klostergeviert gerichtet).
[9] Eckrisalite oder Eckpavillons sind Ausdruck der Residenzbauten ab 1700. Franz Beer II wendet Eckrisalite 1697 in Salem erstmals an. Pater Christoph Vogt OSB plant 1711 das Kloster Ottobeuren mit Eckrisaliten und vorgestellter Kirche und führt es mit dem Vorarlberger Baumeister Johann Brenner bis 1717 aus. Franz Beer I baut für die Abtei Ochsenhausen während dieser Zeit nach Plänen von Vogt die Kirchen in Schönebürg und Ummendorf, muss also in intensivem Kontakt mit dem Liebhaberarchitekten aus Ottobeuren stehen. Ist die radikal-symmetrische Lösung mit Eckrisaliten in Siessen vielleicht Anregungen Vogts zu verdanken? Das würde den Verdienst von Vater und Sohn Beer nicht schmälern, denn gute Architektur entsteht um 1700 nur auf der Grundlage kollektivistischer Planung.
[10] Dominikus Zimmermann ist 1716–1721 im Dominikanerinnenkloster Maria Medingen (heute Kloster-Mödingen) Baumeister und Stuckateur der neuen Kirche. Seine Ausbildung als Baumeister erhält er bei Johann Jakob Herkommer in Füssen.
[11] Fidel Sporer (1731–1811) ist Schöpfer der Kanzel von Weingarten und des Skulpturenzyklus in der Schussenriedener Bibliothek. Im «Dehio» werden die Figuren der Dominikanerheiligen dem Pfullendorfer Johann Michael Hegenauer (1723–1793) zugeschrieben.
[12] Johann Georg Messmer (1715–1798), Gehilfe von Franz Joseph Spiegler, wohnt 1759–1781 im Siessener Haus an der Bogengasse 15 in Saulgau, dem ältesten Haus Saulgaus, an der Stelle des 1251 gestifteten Stadthauses.
[13] Im 19. Jahrhundert wird interessanterweise das Rokoko als «Zopfstil» verdammt, obwohl der «Zopf» ein frühklassizistisches Element ist und heute klar dem Frühklassizismus oder Louis XVI zugeordnet wird.
[14] Die Altäre werden nach der Säkularisation des Augustiner-Chorherrenstifts St. Michael zu Wengen in Ulm 1829 vom Altsteusslinger Pfarrer Wiehn gekauft und können 1948 von Siessen erworben werden. Die Altäre aus der Mitte des 18. Jahrhunderts überleben damit die völlige Zerstörung der Wengenkirche 1944, der auch alle 1743 erstellten Deckenfresken von Franz Martin Kuen zum Opfer fallen.
[15] Wolfram Köberl, geboren 1927, ist bekannt für seine Nachschöpfungen kriegszerstörter barocker Deckenfresken, zum Beispiel der Fresken von Johannes Zick im Bruchsaler Fürstensaal.
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Ehemaliges Dominikanerinnenkloster Siessen | ||||||||||||||||||||||
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Um 1800 malt Nikolaus Hug (Konstanz) dieses Aquarell des Klosters von Osten. > Quelleninfo. |
Der Innenraum der Kirche überrascht durch seine heitere Festlichkeit. > Vergrössern! | |
Die Luftaufnahme aus Norden zeigt links das Gästehaus (1687), davor anschliessend die profanierte alte Klosterkirche (13. Jh.), das heutige Haus St. Dominikus. Erhöht ist das barocke Geviert des Klosters und der Kirche zu sehen, mit den rechts anschliessenden grossen westlichen Erweiterungsbauten aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Bild: © Lucian Wiesner, Balingen. |
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Die Lage von Altkloster und barockem Neubau, eingetragen in eine Google-Earth- Aufnahme.Blau: Neukloster 1716–1733. Gelb: Abgebrochene Teile des Altklosters, mit mittelalterlicher Kirche (Rot) und Gästehaus 1687. Der Zugang führt von Süden durch das Gästehaus. Siehe dazu auch den Aufsatz zur Baugeschichte des Altklosters (PDF 5.5 MB). |
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Der Grundriss von Konventgebäude (1716–1722) und Kirche (1726–1733) mit der Raumeinteilung um 1936. | |
Ein Kupferdruck, kurz nach der Fertigstellung von Kloster und Kirche um 1728 entstanden, stellt die Bauten in einer Vogelschauansicht aus Osten dar. Die Architekturdetails sind präzise erfasst. Verschwunden ist heute der Voluten-Schweifgiebel der Querschiffe und der barocke Turmhelm. | |
Der Kirchengrundriss zeigt, wie Dominikus Zimmermann die Wandpfeiler optisch von der Wand löst. Durch aufliegende Gurt- und Schildbögen schafft er sogenannte Pendentifkuppeln und kann mit seinen hoch angesetzten Ohrenfenstern viel Licht in den Innenraum bringen. | |
Die Westfassade der Kirche. Man vermisst die geschwungenen Quergiebel und den barocken Turmabschluss. Bild: Andreas Praefcke in Wikipedia. |
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Der Régencestuck von Dominikus Zimmermann bildet zusammen mit den Kuppel- und Zwickelfresken seines Bruders Johann Baptist ein Gesamtkunstwerk, das schon in das nahende Rokoko weist. Im Querhaus-Kuppelfresko ist zentral der hl. Dominikus dargestellt, wie er von Maria und dem Jesuskind den Rosenkranz erhält und ihn an die Erdenbewohner, hier dargestellt durch die vier Erdteile, weiterreicht. Diese sogenannte Rosenkranzspende ist ein Hauptthema in den Kirchen des Dominikanerordens. | |
In der Mittelkuppel des Langhauses ist der Besuch Jesu bei Martha und Maria dargestellt. In einer zum Himmel geöffneten Scheinarchitektur ist die Szene der Bewirtung wie aus dem Leben gegriffen dargestellt. Die Zwickelfresken nehmen Bezug auf Themen der Eucharistie. | |
Der Hochaltar ist eine bemerkenswerte Rekonstruktion, die einen Rokokoaltar von 1762 ersetzt. Dieser wird 1878 zerstört. Nur die Figuralplastik (Fidel Sporer?) und das Altarblatt werden gerettet. Der Altar wird von Wolfram Köbrl (Innsbruck) neu entworfen und fügt sich seit 1988 wie selbstverständlich in die anspruchsvolle Umgebung ein. | |
Das gerettete Hochaltarblatt wird von Matthäus Zehender 1684 für einen neuen Altar in der alten Kirche (heute Haus St. Dominikus) geliefert. Altar und Bild kommen um 1730 in die neue Kirche. 1763 wird das Altarblatt für einen neuen Rokokoaltar oben durch Johann Georg Mesmer verlängert. 1878 verschwindet es auf dem Dachboden, wo es 1941 wieder auf entdeckt wird. Das Bild stellt die beliebte Rosenkranzspende der Muttergottes an den knienden hl. Dominikus dar. Gegenüber von ihm knien die Klosterstifter. Dominikus und der eine Stifter weisen auf die zwischen ihnen liegende Landschaft, im Norden begrenzt durch den Bussen und im südlichen Vorderrund mit der Vogelschauansicht des Klosters Siessen. Die Klosterdarstellung ist heute durch den Strahlenkranz des Tabernakels verdeckt. |
«Sießen von der Mittagseite»
Aquarell um 1800 mit einem Beschrieb unterhalb des Bildes, sign. N. Hug v. Const. Original im Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv.
Das Aquarell zeigt das Kloster von Osten, die Gebäude des 18. Jahrhunderts leicht erhöht hinter dem Alt-Kloster und dem Gästehaus (1687).
Siehe auch Bilderläuterungen in dem Aufsatz zur Baugeschichte des Altklosters (PDF 5.5 MB).
Urheberrecht: Der Scan des mehrfach veröffentlichten zweidimensionalen Bildes ist nach Deutschem Urheberrecht gemeinfrei
(Scan aus Führer).