Die Meister des Bauwerks
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Balthasar Neumann (1687–1753) Eger Böhmen ok   Ingenieur-Architekt 1734   1753
Andreas Pirot (1708–1763) Frankfurt am Main     Hof-Tapetenwirker 1737   1740
Johann Georg Oegg (1703–1782) Silz Tirol WikippediaOegg   Hofschlosser 1739   1746
Anton Joseph Högler (nach 1705–1786) Würzburg Franken     Hofmaler 1739   1750
Giuseppe Antonio Bossi (1699–1764) Porto Ceresio Italien ok   Stuckateur 1741   1752
Johann Baptist Thalhofer (nach 1700–1777) Unbekannt     Hofmaler 1744   1745
Materno Bossi (1739–1802) Porto Ceresio (Italien) ok   Stuckateur 1780   1795

Werneck
Ehemaliges Sommerschloss der Fürstbischöfe von Würzburg

Lage
Im sanften Hügel- und Waldgebiet drei Wegstunden südwestlich von Schweinfurt liegt in einer Talsenke am Flüsschen Wern seit dem 13. Jahrhundert eine Wasserburg, die Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn Anfang des 17. Jahrhunderts als Renaissanceschloss neu aufbaut. Werneck ist in erster Linie Verwaltungsmittelpunkt des Hochstifts Würzburg und Sitz des Oberamtsmannes, aber auch Sommer- und Jagdschloss der Fürstbischöfe. 1723 brennt das Schloss während eines Jagdaufenthaltes von Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn in den oberen Stockwerken aus. 1724 wird es unter der Leitung von Balthasar Neumann wieder aufgebaut.[1] Die Stuckaturarbeiten übernehmen die Brüder Castelli, die gleichzeitig in der neuen Residenz von Würzburg arbeiten. 1729 wird der leidenschaftliche Jäger und Baumäzen Friedrich Carl von Schönborn Fürstbischof von Würzburg und Bamberg.[2] Sofort richtet er das Auge auf das Wernecker Schloss, das er für die Anlage eines Fasanengartens auswählt.

Fasanerie
Fasane sind ein begehrtes Wildpret. Ihre Jagd gehört zu der dem Adel vorbehaltenen Hohen Jagd und ist «eine der angenehmsten Belustigungen und Zeitvertriebe für grosse Herren». Ein bekanntes Porträt von Friedrich Carl von Schönborn zeigt ihn als Jäger, mit Jagdhund und einem erlegten Fasan. Die Fasanenjagd ist nur mit Pflege und Nachzucht möglich. Die dazu notwendigen Fasanengärten sind wiederum ein Privileg des Adels. Der Fasanengarten, den Balthasar Neumann 1731 für Friedrich Carl in der Achse des Schlosses plant, ist im Umfang mit dem heutigen Schlosspark gleich und besteht aus einer in den quadratischen Garten eingefügten Diagonalstruktur. Die Geometrie wird von eine breiten Strasse in der Schlossachse durchtrennt, die zum «Fasanenschlösschen» am entgegengesetzten südlichen Ende des Gartens führt. Die ersten 147 Hennen und 27 Hähne werden 1733 in den ummauerten Garten eingesetzt. 1737 findet die erste Jagdpartie im Fasanengarten statt.

Planungen für einen Schlossneubau
Schon 1733 muss Balthasar Neumann auch Pläne für einen neuen Schlossbau erstellen. Obwohl das alte Echter-Schloss der Aufgabe eines Sommersitzes und Jagdschlosses vollständig genügt, gewinnt bei Friedrich Carl von Schönborn die Baulust Oberhand. Er wartet im Mai dieses Jahres in seinen Besitztümern um Wien ungeduldig auf die ersten Pläne zum neuen Schloss, die er mit seinem Hausarchitekten Johann Lucas von Hildebrandt[3] besprechen will. Neumann kennt Hildebrandt aus dessen umfassenden Planungen für die Residenz Würzburg. Er kennt auch die fürstbischöfliche Bevorzugung des Wieners bei allen wichtigen Entscheiden, die sich sogar im persönlichen Umgang ausdrückt. So redet Friedrich Carl den Obristlieutenant Neumann mit dem Du eines Vorgesetzten an, während er mit seinem «Jean Luca» in der dritten Person verkehrt. Neumann versucht in Werneck den Einfluss Hildebrandts mit verzögerten Planlieferungen nach Wien zu begegnen. Sein Zeichner, der Ingenieurleutnant Joseph Raphael Tatz, der vorher bei Hildebrandt gearbeitet hat, hintergeht ihn dabei.[4] 1734 reist Neumann nach Göllersdorf, wo er im Schloss Schönborn mit dem Bauherrn und Hildebrandt die Planung bespricht. Wenig, wie die Eckausführung der Eckpavillons, wird jetzt noch geändert. Neumann hat sich mit seiner Planung im Wesentlichen durchgesetzt.[5]

Die Bauarbeiten 1734–1745
Die geplante Schlossanlage ist im Hauptgebäude eine dreigeschossige, nach Norden geöffnete Dreiflügelanlage mit ausgeprägt vorstehenden Eckrisaliten und einem Mittelrisalit in der südlichen Gartenfassade. Ein langgestreckter zweigeschossiger Wirtschaftblock mit Innenhöfen bildet den Abschluss gegen den an die Nordfassade verlegten Fluss Wern, über den eine Brücke zu den Innenhöfen führt. Das Hauptgebäude, in der ersten Planung von 1733 noch vierflügelig und geschlossen, kann seine Abstammung aus dem deutschen Schlossbau der Renaissance nicht verleugnen.[6] Vielleicht lehnt sich Neumann anfänglich noch an das alte Echter-Schloss an, sicher nimmt er aber auf Wunsch des Bauherrn schon bald das Gesamtkonzept des Schönborn-Schlosses von Hildebrandt in Göllersdorf auf.[7] In der architektonischen Gestaltung ist das Vorbild Pommersfelden spürbar.[8]
Schon vor der Reise nach Göllersdorf hat Neumann mit Fundationsarbeiten am Hauptbau begonnen, die er aber bis zur Genehmigung seiner Pläne durch Hildebrandt einstellen muss. Erst im Sommer 1734 bequemt sich Hildebrandt zur Rücksendung mit Korrekturen. Im Frühjahr 1735 kann Neumann die Fundationsarbeiten fortsetzen. Seit 1733 ist die Wern als Schlossgraben an die geplante Nordfront des Vorschlosses verlegt. Gleichzeitig wird die heutige Eingangsbrücke erstellt. Ein bauliches Problem stellt das alte Echter-Schloss dar. Für die Gewinnung von Steinmaterial wird es teils abgebrochen, teils auch in das Corps de Logis integriert. Sein Ostflügel wird zudem noch lange bewohnbar gehalten.[9] Neumann kann sich dabei auf den Würzburger Bauunternehmer Johann Joseph Fischbacher verlassen, der alle Bauten im Generalakkord übernimmt.[10] Im Spätherbst 1736 ist die westliche neue Schlosshälfte ab dem Mittelrisalit eingedeckt.[11] Während 1737 hier die Gewölbe und Treppen gebaut werden und der Innenausbau beginnt, wachsen die nördlichen Vorschloss-Bauten erst in die Höhe. Auch diese Bauten können im Spätherbst gedeckt werden.[12] Zimmermeister ist Johann Leonhard Stahl.[13] 1739 und 1740 zeigen die Jahresrechnungen mit 31 585 Gulden und 28 389 Gulden die höchsten bisherigen Ausgaben, da nun unter Hochdruck auch im Inneren gearbeitet wird. Mit der 1743 erfolgten Eindeckung des nordöstlichen Kirchenrisalites, der anstelle eines erst 1740 gesprengten Turmes des Vorgängerschlosses steht, ist der letzte Bauteil unter Dach. Eine angespannte Finanzlage im Hochstift führt aber erst 1745 zum Abschluss der wichtigsten Bauarbeiten. In diesem Jahr kann auch die Schlosskirche eingeweiht werden.

Der Innenausbau 1736–1746
Schon vor dem Eindecken der westlichen Schlosshälfte Ende 1736 wird mit den inneren Arbeiten begonnen. Für die Wände bestellt der Fürstbischof beim Hoftapetenwirker Andreas Pirot Gobelins mit Chinoiserien, die zwischen 1737 und 1740 geliefert werden. Inzwischen wirken Würzburger Stuckateure, Schreiner und Bodenleger am Ausbau. Während der auch in der Würzburger Residenz tätige Hofschlosser Johann Georg Oegg schon 1737 auch in Werneck arbeitet, ist der dortige Hofstuckateur Giuseppe Antonio Bossi erstmals 1741 auch in Werneck tätig und wird mit seiner Werkstatt die fürstbischöflichen Wohn- und Repräsentationsräume stuckieren. Als Maler sind Johann Thalhofer und Anton Joseph Högler tätig. Schon 1742 kann der Fürstbischof, der als eigentlicher Gesamtleiter der Ausstattung auftritt, erstmals einen Sommer in Werneck verbringen. 1744 sind alle Appartements möbliert.[14] Im Juli dieses Jahres kann der Gesandte der Kaiserin Maria Theresia mit allen Ehren in den fertig ausgestatteten Räumen empfangen werden. 1745 kommt für die Stuckierung der Schlosskirche nochmals der Trupp des Giuseppe Antonio Bossi nach Werneck. Bossi beginnt im gleichen Jahr mit der Stuckierung des Hauptsaales im Mittelrisalit. Bossi arbeitet noch 1746 in Werneck. Der Hauptsaal ist der einzige Raum, der beim Tod von Friedrich Carl von Schönborn im Juli 1746 unvollendet ist. Der Schlossneubau in Werneck, das Zeugnis seiner grossen Jagdleidenschaft, hat bis dahin 295 000 Gulden fränkischer oder 368 000 rheinische Gulden gekostet.[15]

Werneck 1746–1803
Auf den weltmännisch gebildeten Kunstliebhaber, Mäzen und Reichspolitiker Schönborn folgt mit Anselm Franz von Ingelheim ein obskurer und korrupter Regent ohne jeden Sinn für Kunst oder gar für Jagdvergnügen.[16] Alle Arbeiten in Werneck und auch in Würzburg werden eingestellt, selbst Neumann wird entlassen. Möbel und Gemälde lässt Ingelheim an andere Orte schaffen. Nur gerade die Ausmalung des Hauptsaales kann 1748 noch fertiggestellt werden. 1749 wird Carl Philipp von Greiffenclau zu Vollrads Fürstbischof.[17] Er setzt Oberst Balthasar Neumann wieder als Hofarchitekt ein und lässt den Hauptsaal und die Schlosskirche fertigstellen. Nochmals ist Bossi, nun für die Altäre der Hofkirche, in Werneck tätig. 1753, beim Tod von Balthasar Neumann, ist das Schloss vollendet. Der seit 1755 regierende Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim ist wie Friedrich Carl von Schönborn leidenschaftlicher Jäger, hält sich viel in Werneck auf und legt Wert auf Ausbau des Gartens.[18] Er beschert Werneck mit seinen grossen Jagdpartien, an denen auch Damengesellschaft erlaubt ist, die letzten grossen Tage. Nach seinem Tod kehrt Tristesse in Werneck ein. Der Garten verwildert und wieder werden Gemälde und Möbel entfernt. 1796 und 1798 ist die Gegend um Werneck Kriegsschauplatz. Dass das Schloss dabei nicht zerstört wird, kann als Glücksfall bezeichnet werden. Mit dem Ende des Alten Reiches gehen auch die geistlichen Staaten am Rhein und Main unter. Bayern ergreift bereits 1802 vom Hochstift Würzburg Besitz. 1803 dankt der letzte Würzburger Fürstbischof, Georg Karl von Fechenbach, ab. Ihm wird Werneck als Wohnsitz zugewiesen. Er bleibt nur drei Jahre und zieht nach Veitshöchheim. Das Wernecker Schloss mit 140 Zimmern und Sälen, sieben Küchen und Stallungen für 65 Pferde ist selbst für einen adeligen Pensionär zu gross. Zudem ist das alte Fürstbistum Würzburg und damit auch Werneck in einem unwürdigen Länderschacher von Bayern an den Grossherzog von Toskana abgetreten worden.[19]

Die Toskana-Zeit
Die unwirkliche Neuschöpfung des Grossherzogtums Würzburg endet schon 1814, als das Land erneut von Bayern beansprucht wird. Für Werneck bedeutet das Intermezzo der Toskana-Zeit der Jahre 1806–1814 eine erneute Wertschätzung, aber auch Umgestaltungen im Empire-Stil. Die Umbauten erfolgen in der gleichen Art wie die Toskana-Zimmer der Würzburger Residenz und werden bis 1811 von Baudirektor Nicolas Alexander Salins de Montfort durchgeführt. Der Grossherzog finanziert sie aus seiner Privatschatulle. Die Gäste des Grossherzogs, darunter die Kaiserin Marie Louise, fühlen sich in Werneck wohl. Auf dem Rückzug von Russland nimmt 1813 auch Marschall Michael Ney Quartier in Werneck. Die neun Jahre der Toskana-Zeit bescheren Werneck nochmals ähnlich grosse Tage wie zu Zeiten des Fürstbischofs Seinsheim.

Im Königreich Bayern
Der bayrische König als neuer Besitzer lässt Werneck verwahrlosen. 1852 wird das Schloss geräumt. Das Inventar kommt in andere königliche Schlösser oder wird versteigert. 1853 verkauft König Maximilian II. das Schloss Werneck für 155 000 Gulden an die Landkreise Unterfranken und Aschaffenburg zur Gründung einer Kreisirrenanstalt.[20] Die nun folgenden inneren Umbauten bedeuten die vollständige Vernichtung des Innenausbaus der Rokoko- und Toskana-Zeit. Selbst das grosszügige Treppenhaus Balthasar Neumanns wird zerstört. Nur die Schlosskirche bleibt verschont. Die Wirkung der Gesamtanlage des Barocks wird mit einer Aufstockung der Vorschloss-Bauten um ein Geschoss und mit dem Anfügen von zwei symmetrischen Flügelbauten in West-Ost-Richtung stark verändert.[21] Die neuen Flügelbauten übernehmen die barocke Architektur. Sie verdoppeln aber die Gesamtlänge des «Vorschlosses». Verbunden mit der Aufstockung verändert die Vorschlossanlage jetzt die alte allseitige Dominanz des Hauptgebäudes. Auch der barocke Garten fällt einer neuen patientengerechten Parkanlage zum Opfer. Ein neuer See vor der südlichen Gartenfassade zerstört die barocke Wegachse endgültig. Nördlich der Schlossanlage, entlang der Ausfallstrasse über Geldersheim nach Meiningen, entsteht bis Ende des Jahrhunderts aus ursprünglich wenigen Häusern eine Ortschaft mit über 2000 Einwohnern.[22]

Werneck 1918 bis heute
Nach den eingreifenden baulichen Veränderungen und der Zerstörung der inneren Substanz im 19. Jahrhundert setzen nun erste denkmalpflegerische Massnahmen ein. Zunehmend wird der Wert der Anlage als Baudenkmal erkannt. 1928 wird die Schlosskirche ein erstes Mal von Eingriffen des 19. Jahrhunderts befreit. Im Zweiten Weltkrieg wird die Heil- und Pflegeanstalt geräumt, die Patienten fallen zum grossen Teil dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer. Trotz der nachfolgenden Nutzung als Kriegsschule der Luftwaffe bleibt Werneck im Krieg erneut unversehrt. Der Gebäudekomplex wird nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Krankenhaus.[23] Die notwendigen Erweiterungen respektieren jetzt, mit zwei hässlichen Ausnahmen im Westen des Vorschlosses, die barocke Schlossanlage und halten Distanz. Umfangreiche Restaurierungen von 1965 bis 1978 betreffen das Äussere. Das Hauptgebäude vermittelt heute wieder das Erscheinungsbild des 18. Jahrhunderts. 1980–1982 wird die Schlosskirche nochmals restauriert. Sie ist einziger Zeuge der ehemals reichen Innenausstattung. Nur sie und der Schlosspark können besichtigt werden.

Pius Bieri 2011

Benutzte Literatur:
Schneider, Erich: Die ehemalige Sommerresidenz der Würzburger Fürstbischöfe in Werneck. Neustadt an der Aisch 2003.

Anmerkungen:
[1] Balthasar Neumann (1687–1753), zu dieser Zeit fürstlich würzburgischer Ingenieur-Hauptmann, kommt soeben von einem Aufenthalt in Paris zurück, der ihm vom Fürstbischof in der Angelegenheit des Residenzneubaus vermittelt wird.

[2] Friedrich Carl Graf von Schönborn (1674–1746) ist 1705–1731 Reichsvizekanzler in Wien, hat grossen Grundbesitz in der Umgebung Wiens und frönt dort der Jagdleidenschaft zusammen mit seinem Freund Prinz Eugen von Savoyen.

[3] Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745), kaiserlicher Hofingenieur, nach 1724 erster Hofbaumeister, ist seit 1730 intensiv mit Planungen für Residenz Würzburg tätig.

[4] Joseph Raphael Tatz (Lebensdaten unbekannt), aus Österreich, ist 1721 und 1722 als Zeichner bei Balthasar Neumann tätig. 1726–1730 ist für Hildebrandt in Wien tätig. Tatz kommt dann, von Friedrich Carl eingefädelt, 1731 als Leutnant wieder in Baubüro Neumann nach Würzburg. Hier ist der Zeichner Tatz sofort ein unloyaler und verräterischer Untergebener und wird Informant und Planlieferant für Hildebrandt und den Fürstbischof, dessen Protektion er geniesst. Neumann kann aber nach 1734 Tatz von entscheidenden Tätigkeiten fernhalten. 1742 kommt er wegen einer Schmähschrift gegen Neumann ins Soldatenstockhaus. 1745 verschwindet er aus den Akten.

[5] Eine Pergamenturkunde im Knauf des Marienturmes der Würzburger Festung vom 6. Februar 1743 bestätigt, dass «Werneck ganz neu von Fundament erbaut, samt den grossen Fassanen-Garten etc. durch dero Bau-Direktoren Balthasar Neumann der Zeit Obristen der Artillerie auch des löbl. fränk. Kreises ersten Ingenieur und Architekt».

[6] Erst 1740 wird dieser Nordflügel endgültig aufgegeben. Zwei in den Hof vorstehende Treppenhäuser markieren heute seine Lage.

[7] Schloss Schönborn bei Göllersorf, 1710–1718 von Johann Lucas von Hildebrandt gebaut, ist nur zweigeschossig, aber ähnlich Werneck als Dreiflügelanlage mit südlicher Gartenfront konzipiert.

[8] Schloss Weissenstein bei Pommersfelden, 1711–1717, von Johann Dientzenhofer für Lothar Franz von Schönborn erbaut

[9] Der Abbruch des im heutigen Ehrenhof gelegenen Gebäudes, dessen Türme in das neue Schloss eingreifen, dauert bis 1740. Im August dieses Jahres sprengt Neumann mit vielen prominenten Zaungästen den Nordostturm an der Stelle der heutigen Hofkirche.

[10] Johann Joseph Fischbacher aus Hassfurt wird 1732 auf Initiative Neumanns und mit Unterstützung von Friedrich Carl in die Würzburger Maurerzunft aufgenommen, wo er bald einen grösseren Baubetrieb führt. Neumann schätzt ihn und vertraut dem Unternehmer, der ihn auf den Baustellen wesentlich entlastet. Fischbacher stirbt 1744 an einem Schlaganfall.

[11] Eindeckung mit Schieferziegeln.

[12] Eindeckung mit gebrannten Breitziegeln.

[13] Johann Leonhard Stahl aus Böblingen. Bis zum Tode von Joseph Greissing, des Baumeisters von Ebrach und Münsterschwarzach, ist er dessen Palier. 1721 heiratet er die Witwe Greissing und wird Hofzimmermeister. Er baut auch die Abtei Obertheres 1721–1740 in der Nachfolge Greissings zu Ende. Er wird viel mit dem gleichnamigen Bruchsaler Baumeister und Schüler Balthasar Neumanns, Johann Leonhard Stahl (1729–1774) verwechselt.

[14] Die Ausstattung mit Gemälden ist in einem Verzeichnis dokumentiert, das über 250 Ölbilder auflistet. Meist sind es holländische und italienische Meister.

[15] Im gleichen Zeitraum, 1732–1746, wendet das Hochstift für die neue Residenz in Würzburg 750 214 fränkische oder 937 767 rheinische Gulden auf. Zum Vergleich: Das nivellierte Durchschnitts-Jahreseinkommen in Bayern beträgt noch 1803 nur 100 rheinische Gulden. 1738 kommt ein Maurer-Taglöhner bei 40 Wochen Beschäftigung mit freier Kost auf 80 rheinische Gulden, während ein Stuckateur-Meister in dieser Zeit 240 Gulden erwirtschaften kann.

[16] Anselm Franz von Ingelheim (1683–1749), Fürstbischof von Würzburg vom 29. August 1746 bis zum 9. Februar 1749. Selbst kirchentreue Biographen haben Mühe, eine direkt auf seine persönliche Initiative zurückführende positive Leistung zu finden. Sie verschweigen dafür die destruktive Wirkung seiner schamlosen Simonie. In wenigen Jahren nimmt er durch Ämterverkauf und ähnlichen Geschäften 300 000 Gulden ein.

[17] Carl Philipp von Greiffenclau zu Vollrads (1690–1754), Fürstbischof von Würzburg vom 14. April 1749 bis zum 25. November 1754.

[18] Adam Friedrich von Seinsheim (1708–1779) ist vom 7. Januar 1755 bis zum 18. Februar 1779 Fürstbischof von Würzburg und ab April 1757 auch Fürstbischof von Bamberg. Seine Mutter ist Anna Philippina Gräfin von Schönborn (1685–1721). Sie ist die jüngere Schwester des Fürstbischofs Friedrich Carl.

[19] Schon 1805 übergibt Bayern im Tausch mit dem Land Tirol das ehemalige Hochstift Würzburg an den Habsburger Ferdinand III., den früheren Grossherzog von Toskana, der dafür sein «Kurfürstentum» Salzburg aufgibt, welches im Frieden von Pressburg als Herzogtum an Österreich fällt. Der Tauschhandel wird von Napoleon für seine zwei Schützlinge, den Bayernkönig und den Grossherzog von der Toskana, organisiert.

[20] Den republikanisch aufgewachsenen Autor dieses Artikels erstaunt es immer wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit und Unverfrorenheit der deutsche Adel Besitztümer, die weder im Erbgang noch durch Kauf in Familienbesitz gelangt sind, dem deutschen Steuerzahler wieder verkaufen kann. Das letzte ähnliche Beispiel ist der Verkauf des ehemaligen Klosters Salem an Baden-Württemberg.

[21] Die Bauten des Vorschlosses sind bis zu diesem Zeitpunkt eingeschossige Flügel zwischen zweigeschossigen Eckrisaliten. 1884 wird der westliche, 1890 der östliche Flügel an die südlichen Eckrisalite des barocken Vorschlosses angefügt. Die neuen, über einem Sockelgeschoss zweigeschossigen Flügelbauten erhalten wiederum je einen Eckrisaltabschluss. Ihre barocke Bauart, die Flügelausrichtung und die neue Gesamtlänge von 260 Meter verändern die Anlage derart, dass aus der von Nord-Süd-Tiefenstaffelung von Vorschloss und Schloss nun eine Ost-West-Ausrichtung der Anlage wird, die durchaus barock wirkt, aber vom Sommersitz der Würzburger Fürsten ein falsches Bild gibt.

[22] Heute hat die Marktgemeinde Werneck über 10 000 Einwohner, der Kernort beim Schloss etwa 2500 Einwohner.

[23] Die psychiatrische Klinik wird in Neubauten verlegt. Im Schloss und in den Bauten des Vorschlosses sind heute eine orthopädische Klinik und Pflegeheime untergebracht.


  Ehemaliges Sommerschloss der Fürstbischöfe von Würzburg in Werneck  
  Werneck1
 
Ort, Land (heute) Herrschaft (18.Jh.)
Werneck
Unterfranken Bayern D
Hochstift Würzburg
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Würzburg 1734
Bauherr und Bauträger

ok Fürstbischof Friedrich Carl Reichsgraf von
leer Schönborn (reg. 1729–1746)
WikipediaGreiffenclau Fürstbischof Carl Philipp von Greiffenclau zu leer Vollrads (reg. 1746 –1754)
 
  Die Gartenfassade des Schlosses und heutigen Krankenhauses. Sie hat sich seit der Barockzeit nicht verändert. Bild: Wikipedia by Bbb.   pdf  
   
Werneck1740
Grundriss 1740 aus dem Baubüro Neumann.  
> Informationen zum Plan.
   
Werneck2
Im Luftbild von Süden sind die beiden symmetrischen, 1884–1890 für die Krankenhausnutzung angefügten Flügelbauten deutlich zu sehen. Sie verändern die Tiefenstaffelung (Süd-Nord) der barocken Anlage in eine Breitenstaffelung (West-Ost).
Bild: Sigismund von Dobschütz in Wikipedia.
 


Drei Ansichten, 1738 gezeichnet von Joseph Raphael Tatz im Baubüro Neumann, zeigen den Schlossneubau noch mit dem geschlossenen Hof der ursprünglichen Vierflügelanlage. Anstelle des Nordflügels werden später die beiden Türme gebaut.
 
Werneck1738-1
Gartenfassade (SO) Planungstand 1738. Kunstbibliothek Berlin, Hdz.4747. Grösse 500 x 353 mm. Hier seitlich beschnitten. Feder über Bleistiftvorzeichnung.  
Werneck1738-3
Die Eingangsfassade (NW), Planungsstand 1738.
Kunstbibliothek Berlin. Hdz 4749. Grösse 522 x 380 mm. Hier seitlich beschnitten.
 
Werneck1738-4
Südwestfassade. Planungsstand 1738. Die Vorschlossbauten (siehe auch die Eingangsfassade oben) sind entsprechend diesen Plänen gebaut und werden erst 1884–1890 aufgestockt.
Kunstbibliothek Berlin. Hdz 4748. Grösse 502 x 354 mm. Hier seitlich beschnitten.
 
Werneck4
Blick von den Vorschlossbauten zum Innenhof der Dreiflügelanlage. Die beiden Türme über den Treppenhäusern werden erst nach 1740 anstelle des bis dahin noch geplanten vierten Flügels (siehe oben) gebaut.
Bild: Wikipedia by Bbb.
 
Werneck5
Der Kircheneingang im Nordostpavillon, flankiert vom östlichen Turm.
Bild: by HVWerneck in Wikipedia.
 
WerneckKirche1745
1745 zeichnet Johann Michael Fischer aus Trappstadt im Büro Neumann diese «Scenograffia» der Schlosskirche als Vorlage für einen Kupferstich.
Original ehemals Sammlung Eckert im Mainfränkischen Museum Würzburg. Zerstört 1945.
 
Werneck8
Die Schlosskirche ist der einzige noch erhaltene Innenraum aus der Barockzeit. Stuckaturen 1745 von Giuseppe Antonio Bossi. Die Orgel des Hoforgelmachers Johann Philipp Seuffert ist nur noch im Prospekt erhalten.
Bild: Wikipedia by Bbb.
 
Werneck6
Das Tor, ein Werk von Johann Georg Oegg um 1740, wird erst 1853 an diese Stelle versetzt. Obwohl Oegg 1737–1746 auch für Werneck arbeitet, soll dieses einzige Zeugnis seiner Tätigkeit (alle seine Arbeiten in Werneck sind heute verschwunden) von Würzburg stammen. Ist es ursprünglich Teil des Ehrenhofgitters der Residenz Würzburg, dessen Teile 1821 in alle Welt verkauft werden?
Bild: by Tilman2007 in Wikipedia.
 
Werneckgarten1744
Der Barockgarten mit dem Fasanengarten südlich der Schlossanlage in einer Zeichnung des Baubüros Neumann (Johann Michael Fischer aus Trappstadt 1744). In dieser Form überdauert der Garten bis zur Umwandlung in eine englische Parkanlage in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Originalplan in der Kunstbibliothek Berlin. Hdz 4752. Grösse 523 x 754 mm. Plan im Original nach Süden orientiert, hier 180 Grad gedreht.
 
Werneck7
Anstelle des Barockgartens ist heute eine bescheidene englische Parkanlage mit wenig offenen Flächen und viel Wald, aber auch mit einem romantischen Weiher in der ehemaligen Sichtachse vom Schloss zur Fasanerie vorhanden.
Bild: Wikipedia
 
Gesamtanlage des Sommerschlosses Werneck und den Terrassen in einem Grundrissplan 1740 aus dem Baubüro Neumann.

Der Plan stellt den ausgeführten Bau dar. Original in der Kunstbibliothek Berlin (Hdz 4751).
Grösse 521 x 570 mm.

Der Plan ist hier um 180 Grad gedreht, das Original weist Südorientierung auf.
Die Gebäudefläche ist zur Verdeutlichung rosa angelegt.

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