Die Meister
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Franz Beer I (1659–1722) Au Vorarlberg ok   Baumeister-Architekt 1719   1722
Johann Michael Beer von Bildstein (1696–1780) Au Vorarlberg ok   Palier 1719   1722
Dominikus Zimmermann (1685–1766) Gaispoint Wessobrunn ok   Altarbauer und Stuckateur 1721   1723
Franz Haagen (um 1660–1734) Reichstadt (Böhmen)     Hofmaler in Neuburg 1721   1723
Br. OP Valentin Zindter oder Zündter (17. / 18. Jh.) Unbekannt     Kunstschreiner, Altarbauer 1721   1723
Johann Baptist Zimmermann (1680–1758) Gaispoint Wessobrunn ZimmermannJB   Freskant, Stuckateur 1722   1723

Wörishofen
Dominikanerinnenkloster und Kirche Maria Königin der Engel

Wörishofen als Neugründung im 18. Jahrhundert
1243 ermöglicht eine Schenkung von reichem Grundbesitz in und um Wörishofen an den Dominikanerorden die Ansiedlung eines Dominikanerinnenklosters in der Innenstadt von Augsburg. Patriziat und Grossbürgertum schicken nun ihre Töchter in das neue Kloster Sankt Katharina, das beherrschendes Frauenkloster der Reichsstadt wird. Das Kloster und dessen Grundbesitz sind, wie Augsburg selbst, reichsunmittelbar. Schirm und Schutz liegen bis 1717 bei der Stadt. Anfang des 18. Jahrhunderts zeichnen sich im Dominikanerorden Änderungen ab. Er ist nach dem Dreissigjährigen Krieg wieder erstarkt. Die süddeutschen Klöster werden zu einer neuen «Oberdeutschen Provinz» mit dem Namen «Saxonia» zusammengefasst. Wenig später folgt der päpstliche Wunsch an den Orden, dass in jeder Provinz zwei Konvente streng nach den alten Regeln, in völliger Klausur und ohne Fleischspeisen, leben sollten. Damit sind beim Dominikanerorden, der ja ein Predigerorden ist, nur Frauenklöster angesprochen. Als erstes folgt die Priorin Maria Dominica Josepha von Rottenberg vom Kloster St. Katharinenthal im Thurgau[1] diesem Wunsch nach der «strengen Observanz». Sie legt ihr Kloster durch Franz Beer II 1715–1718 entsprechend neu an und lässt unter anderem die Korridore an die dem Rhein zugewandte Aussenseite legen, damit die Zellen nur in den Innenhof und nicht zur Welt gerichtet sind.[2] Als zweites Kloster ist vom Ordensprovinzial beabsichtigt, Sankt Katharina in Augsburg der strengen Observanz zu unterstellen. Doch hier wehren sich die Frauen. Nun werden sie vor die Wahl gestellt, entweder in Augsburg die strenge Observanz einzuführen oder auf ihrem Besitz in Wörishofen ein entsprechendes Kloster zu bauen. Sie entscheiden sich 1718 für die zweite Variante. Wörishofen ist damals ein stattliches Dorf mit einem ummauerten und leicht höher gelegenen Amtshof dicht vor der Pfarrkirche. An diese prominente Gebäudegruppe schliessen sich entlang der brunnengesäumten Landstrasse und dem parallel verlaufenden und mit drei Brücken überdeckten Wettbach die Hofzeilen an. Diese Grundstruktur, auf einem Flurplan um 1600 festgehalten, ist im heutigen Bad Wörishofen noch deutlich zu erkennen. Südlich des Amtshofes wird das neue Kloster zu liegen kommen.

Ordensprovinzial P. Andreas Roth und Baumeister Franz Beer
Treibende Kraft für das zweite Kloster der strengen Observanz in der Provinz «Saxonia» ist der Ordensprovinzial Pater Andreas Roth (1654–1735), der dieses Amt 1701–1704 und 1717–1721 ausübt. Er ist  ursprünglich Konventuale des Augsburger Dominikanerklosters und um 1708 dort Prior und Beichtvater in Sankt Katharina. Er ist kein Neuling in Baufragen. 1716 beruft er Dominikus Zimmermann für den Neubau des Klosters Maria Medingen. Er fördert den ebenfalls 1716 begonnenen Neubau des Klosters Siessen bei Saulgau, mit Franz Beer als Baumeister. Über sein wichtigstes Bauwerk, den Klosterbau in Wörishofen, verfasst der seit 1721 als Beichtvater im dortigen Amtshaus[3] lebende Pater Andreas Roth eine Chronik. Er beschreibt darin den Auftrag an den «Maurermeister» Franz Beer. Nach dem Neubau des Klosters Siessen, schreibt Roth, habe Beer nun in Wörishofen ein letztes Bauwerk erstellt, das nach seinem Tod  vom ältesten Sohn zu Ende gebracht werde. Der Maurermeister Franz Beer, der zusammen mit seinem Sohn den Neubau des Klosters Siessen bis 1718 unter Dach bringt und nun in Wörishofen unter Vertrag genommen wird, ist deshalb mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht der von Kunsthistorikern dauernd zitierte Franz Beer II von Bleichten (1660–1726), der zum Zeitpunkt der Niederschrift und der Einweihung noch lebt. Der verstorbene Baumeister, von dem Pater Andreas Roth spricht, ist Franz Beer I, der Namensvetter des im gleichen Jahr geadelten Konstanzer Baumeisters. Der Maurermeister von Au verstirbt am 9. Mai 1722. Die Notiz des Ordensprovinzials weist deshalb Franz Beer I die beiden Klosterbauten in Siessen und Wörishofen zu.[4] Sein Sohn Johann Michael I, der spätere Adlerwirt von Bildstein und Palier seines Vaters in Siessen und Wörishofen, ist der von Roth genannte älteste Sohn, der das Bauwerk «zum End gebracht» hat.[5] Diese Folgerungen werden von bayrischen Kunsthistorikern bis heute nicht berücksichtigt. Zwar wissen sie, dass einige der an Franz Beer II zugeschriebenen Bauwerke auch von seinem Namensvetter Franz Beer I erstellt sein können. Sie sind aber nicht gewillt, aufgrund von Indizien eine Neubeurteilung zu prüfen und klammern sich an die alten Zuschreibungen an Franz Beer II. Die Beweisführung kann dann recht eigenartige Wege nehmen, indem der schwächere Teil der Kirchenfresken im Nonnenchor nicht falschen Restaurierungen oder Mitgliedern der Werkstatt Johann Baptist Zimmermann, sondern dem mit Franz Beer II immer zusammenarbeitenden Jacob Carl Stauder zugeschrieben wird.[6]  

Das Bauwerk
Vater und Sohn Beer übernehmen den Klosterbau von Wörishofen im Akkord zu 8800 Gulden und den Kirchenbau zu 2200 Gulden. Auf dem Hofplatz südlich des Amtshauses bauen sie ab 1719 eine zweigeschossige Vierflügelanlage um einen quadratischen Innenhof mit Kreuzgang. Zwei Flügel stehen im Osten in unterschiedlicher Länge vor. Sie werden mit einem gestuften Schweifgiebel betont. Das Obergeschoss ist mit Mittelkorridor in bekannter Manier zweibündig ausgeführt. Die Kirche ist als westliche Flügelverlängerung des Nordflügels nur durch ihre Fenstergliederung hervorgehoben. Auch ihr Westabschluss zeigt einen gestuften Schweifgiebel. Der dachreiterartige Kirchturm sitzt an der Nahtstelle von Konventbau zu Kirche. Ein weiterer Hof wird durch zwei Ökonomieflügel südlich der Kirche gebildet. Hier befindet sich auch die von der Kirche zugängliche Gnadenkapelle der Einsiedlermadonna. Im Vergleich zu St. Katharinenthal oder auch zum direkten Vorgängerbau Siessen wirkt die Gesamtanlage architektonisch sehr bescheiden und zeigt im Grundriss eine eher unbeholfene Struktur. Wegen der Zweibündigkeit der Zellen muss mit hohen Mauern, im Osten dicht vor den Gebäuden, der Kontakt «zur Welt» verhindert werden. Der freistehende Abtrittturm an der von den Zellen entferntesten Ecke mag heute amüsant und mittelalterlich wirken, von Planung zeugt er nicht. Der Baumeister Franz Beer und sein Sohn Johann Michael, die schon unter dem Liebhaberarchitekten Christoph Vogt von Ottobeuren einige Bauwerke nur als ausführende, nicht als planende Baumeister erstellt haben, werden sich hier dem absolut bestimmenden Bauherr auch in der Planung gefügt haben. Beer kann nicht, wie sein Konstanzer Namensvetter, grosse Aufträge ablehnen.[7] Auch bautechnisch ist Wörishofen ohne Invention. Die Zweibündigkeit im Obergeschoss mit Mittelkorridor und Lichtnischen sowie die Dachstuhlausführungen sind den Bauherren und Baumeistern seit langem bekannt. Hier nach singulären Lösungen eines grossen Baumeisters zu suchen ist unnötig.[8]
Der Konventbau ist im Herbst 1721 soweit fertig, dass die Zellen des Südflügels bezogen werden können. Inzwischen ist Dominikus Zimmermann mit der Stuckierung der Räume beauftragt worden und 1722 ist auch die Kirche gewölbt. Ihre Stuckaturen und Fresken entstehen 1722–1723, die Ausstattung 1723. Am 12. September 1723 wird die Kirche geweiht. Die Kosten des Bauwerkes in «bahren gelts», also ohne die Fron- und Naturalleistungen betragen zu diesem Zeitpunkt gemäss der detaillierten Abrechnung der Schaffnerin von Sankt Katharina in Augsburg 86 337 Gulden.

Die Meister des Kirchenraums
Ursprünglich ist geplant, das Kloster mit einem eigenen Chor an die Pfarrkirche anzuschliessen. Erst 1719, wenige Monate vor Baubeginn, wird entschieden, dem Kloster eine eigene Kirche zu geben. Damit kann vielleicht die aussergewöhnliche Anbindung der Kirche am Westende des Nordflügels erklärt werden. Sie ist zweigeteilt. Im Osten, bedingt durch den Zugang von der Klausur, liegt im Obergeschoss der vier Fensterachsen beanspruchende Nonnenchor. Dann folgt, getrennt durch den Hochaltar, die mit drei Fensterachsen kürzere, aber zweigeschossige Laienkirche. Die Westempore, für die nicht in der Klausur lebenden Laienschwestern, verkürzt allerdings die Zweigeschossigkeit um ein Joch. Der Innenraum stellt eigentlich einen einfachen Kasten ohne Gliederung dar, überdeckt von einer durchgehenden Gewölbetonne mit Stichkappen. Erst die «Innenarchitektur» bewirkt in der Laienkirche das heutige überwältigende Raumerlebnis.[9] Die Meister dieses Innenraumes sind der Wessobrunner Dominikus Zimmermann als Stuckateur, sein Bruder Johann Baptist Zimmermann als Freskenmaler, der Augsburger Dominikanerbruder Valentin Zindter als Kunstschreiner und der Neuburger Maler Franz Haagen, als Altarblattmaler. Der Bildhauer der Ausstattung ist leider nicht bekannt.

Stuck und Fresken von Dominikus und Johann Baptist Zimmermann
Dass Pater Andreas Roth den Stuckateur und Baumeister Dominikus Zimmermann (1685–1766) für Wörishofen verpflichtet, ist nicht überraschend, denn wenige Jahre vorher hat er für die Dominikanerinnen in Maria Medingen den Kirchenneubau erstellt und kurz vor seinem Auftrag in Wörishofen hat er das Dominikanerinnenkloster Siessen stuckiert. Er stuckiert die Klosterräume in Wörishofen 1721 und beginnt 1722, nach der erfolgten Einwölbung, mit den Stuckarbeiten der Kirche. Die Entlöhnung zeigt auch den grossen Umfang der Arbeiten im Kloster. So erhält er für alle stuckierten Räume im Kloster 1100 Gulden, für die Kirche 832 Gulden. Die Stuckaturen im Kirchenraum sind feines Bandwerk, zu ersten Mal ohne Akanthusranken, erst unter dem Einfluss seines Bruders Johann Baptist nähert er sich dann 1728 in Siessen dem das Rokoko vorwegnehmenden Gitterwerk. Mit dem kongenialen Bruder, dem am Münchner Hof tätigen Stuckateur und Freskant, hat er in Maria Medingen zusammengearbeitet. Wieder wird es Pater Andreas Vogt sein, der die Brüder in Wörishofen nochmals zusammenführt. Für 1722 notiert er, dass das Kirchengebäude «in würcklicher arbeit stunde, so wohl unter der hand und Direction des Maurer Meisters, als auch der beyden gebrüeder Herrn Stockodors Dominici und Herrn Joan Zimmerman als Fresco Mahlers, deren arbeits belohnung oben zu ersehen ist».[10] Das Hauptfresko von Johann Baptist Zimmermann (1680–1758) in der Laienkirche, der Dominikanerhimmel über dem Hochaltar, ist von ihm signiert. Auch die beiden grossen Deckengemälde der Dreifaltigkeit und des Engelsturzes sind sein eigenes Werk. Das Übergreifen in den Stuckrahmen, gemalt oder plastisch geformt, zeigt auch die Zusammenarbeit mit seinem Bruder. Die Fassung des Stuckes, eine Rekonstruktion von 1956, bezieht sich auf die Farben der Fresken und wird, obwohl nicht original, in etwa dem Raumkleid von 1723 entsprechen. Auch die 1958 wieder freigelegten Fresken der Stichkappenkartuschen und der Medaillons sind Werke aus der Zimmermann-Werkstatt, während die Hauptbilder im Nonnenchor eher neubarocke Rekonstruktionen über Fresken von Zimmermann sind.

Ausstattung durch Valentin Zindtner und Franz Haagen
Wer den Kirchenraum von Wörishofen betritt, wird als erstes die drei prachtvollen Naturholzaltäre und die Kanzel mit ihren Intarsien und den Einlegearbeiten in Metall, Elfenbein und Horn bewundern. Besonders der Hochaltar ist eine herausragende Leistung der Sakralkunst auf dem Gebiet des heutigen Bayerns. Der Entwerfer ist unbekannt. War vielleicht der hervorragende Altarbauer Dominikus Zimmermann beteiligt? Wir kennen nur den ausführenden Meister, der bei den Seitenaltären, dem Chor- und Kirchengestühl, der Kanzel, den Beichtstühlen und der Orgel[11] auch für den Entwurf zuständig ist. Es ist Bruder Valentin Zindtner vom Dominikanerkloster Augsburg. Vor seiner Arbeit in Wörishofen stattet er das Dominikanerkloster und die Stiftskirche von Obermedlingen aus.[12] Werke von Bruder Valentin, immer auf kunsthandwerklich höchstem Niveau, sind zwischen 1717 und 1767 nachweisbar. Bekannt ist seine Bibliothekseinrichtung der Zisterzienserabtei Kaisheim, seit 1803 das Prunkstück im ehemaligen Kongregationssaal in Neuburg an der Donau. Der Maler der Altarblätter, Franz Haagen, ist Vater einer der ersten Chorfrauen von Wörishofen. Er ist Hofmaler in Neuburg an der Donau und stiftet die Blätter als Gabe an das Kloster. Der Bildhauer, der nebst den freien Figuralplastiken auch die als Atlanten den Altar tragenden Engel schafft, ist namentlich nicht bekannt. Die Meister dieser Ausstattung schaffen in Wörishofen gemeinsam mit dem Raumkleid der Brüder Zimmermann einen der kostbarsten Sakralräume des frühen 18. Jahrhunderts im süddeutschen Raum.

Vom Kloster der strengen Observanz zum Kloster zum Kloster mit Kurheim
1717 begeben sich die Augsburger Dominikanerinnen vom Schutz und Schirm der konfessionell neutralen Reichsstadt Augsburg in den vermeintlich besseren Schutz des katholischen Kurfürsten von Bayern. 1802 ist es genau dieser vermeintliche Schutzherr, der von der inzwischen selbstständigen Klosterherrschaft Wörishofen Besitz ergreift und damit den Dominikanerinnen die wirtschaftliche Grundlage entzieht. Ihnen wird der Verbleib im Kloster bis auf weiteres gewährt. Mit dem Verbot der Novizenaufnahme soll das Aussterben der religiösen Einrichtung erreicht werden. Der Bestand von 28 Chorfrauen und Laienschwestern reduziert sich bis 1842 auf sieben. In diesem Jahr genehmigt König Ludwig I. von Bayern die Wiedereinrichtung des Konventes. Ausschlaggebend ist der Zuzug von zwei Lehrerinnen mit der Verpflichtung des Schuldienstes für die weibliche Jugend sowie die Einrichtung einer Waisenanstalt. Der neue Dominikanerinnenkonvent erstarkt und hat 1855 wieder einen Bestand von 11 Chorfrauen, 4 Laienschwestern und 10 Novizinnen. In diesem Jahr tritt der 34-jährige Pfarrer Sebastian Kneipp seine Stelle als Spiritual im Kloster an. Im Kreuzgarten baut er ein Badehaus und praktiziert seine naturheilpraktischen Ideen erfolgreich. Die Heilerfolge lassen das Kloster zur Pilgerstätte von Anhängern der Kneipp-Kur werden. Die Gemeinschaft, die 1860 die Klostergebäude vom Staat wieder zurückkauft, muss mit dem Besucherandrang zwangsläufig auf die «Strenge Observanz» verzichten und wechselt 1896 in den «Dritten Orden» der Dominikaner mit dem Schwerpunkt auf karitative Tätigkeit. Noch zu Lebzeiten des Pfarrers Kneipp werden drei Kuranstalten gebaut. Das Klosterdorf erlebt eine rasante Entwicklung und wird 1920 in «Bad Wörishofen» umbenannt. Die Klostergemeinschaft, der Bad Wörishofen die Existenz zu verdanken hat, besteht noch heute und hat sich inzwischen zum offenen Kloster mit angegliedertem Kurheim entwickelt.

Gebäudeschicksale nach der Wiedereinrichtung 1842
Nach der Einweihung 1723 bis zur Säkularisation 1803 werden die Gebäude unterhalten, aber nicht verändert. Das bayrische Königreich vernachlässigt nach der Säkularisation den Unterhalt. Beim 1860 erfolgten Rückkauf der Gebäude sind diese deshalb renovationsbedürftig. Die nun folgenden Renovierungen, in der Kirche sind es bis 1893 schon drei, fallen in eine barockfeindliche Zeit und wirken sich entsprechend aus. Das Kircheninnere erhält bei dieser letzten «Restauration» im 19. Jahrhundert eine zeitgemässe Überfassung, aber nur die Ausstattung des Nonnenchors und die Westorgel werden ersetzt. Gleichzeitig fügt man im Süden die dreigeschossige Verlängerung des Westflügels an. 1955 fallen die Gebäude des Ökonomiehofes einem Brand zum Opfer, der auch die Einsiedlerkapelle zerstört und die Kirche vor allem durch Russ und Löschwasser beschädigt. Nur die Kapelle wird anschliessend neu gebaut, der Ökonomiehof ist seither Autoparkplatz. Das Kircheninnere wird nach diesem Brand aufgrund der Befunde in einen barocken Zustand zurückgeführt, wobei die allerletzten Reste der Originalfassungen undokumentiert verschwinden. Gleichzeitig werden die Fresken zum Teil grossflächig übermalt. Erstmals 1985–1995 werden das Kloster und die Kirche, insbesondere deren Ausstattung, nach modernen denkmalpflegerischen Richtlinien restauriert. Der Besucher kann heute einen Kirchenraum bewundern, der trotz fehlenden Originalbefunden annährend das ursprüngliche Erscheinungsbild zeigt.

Pius Bieri 2010

Benutzte Einzeldarstellungen:
Onken, Thomas: Jacob Carl Stauder, ein Konstanzer Brockmaler. Sigmaringen 1972.
Schiedermair, Werner: Das Dominikanerinnenkloster zu Bad Wörishofen (mit Beiträgen verschiedener Autoren). Weissenhorn 1998.
Paula, Georg: Die Fresken in der Klosterkirche und im Schwesternchor, in: Das Dominikanerinnenkloster zu Bad Wörishofen. Weissenhorn 1998.
Weis, Markus: Die bauliche Erscheinung der Klosteranlage, in: Das Dominikanerinnenkloster zu Bad Wörishofen. Weissenhorn 1998.
Stankowski, Martin: Klosterkirche der Dominikanerinnen Bad Wörishofen, Kunstführer. Regensburg 1995.
Binder-Etter, Elisabeth: Kloster- und Pfarrkirche St. Markus, Siessen, Kunstführer, Regensburg 2008.

Anmerkungen:

[1] St. Katharinenthal ist unter der geistlichen Obhut der Konstanzer Dominikaner und wird 1868 vom Stimmvolk des Kantons Thurgau ohne Entschädigung säkularisiert.

[2] Die Priorin von St. Katharinenthal setzt Franz Beer II, der 1714 in der nahen Benediktinerabtei Rheinau tätig ist, gegen den vom damaligen Ordensprovinzial vorgeschlagenen Augsburger Dombaumeister Valerian Brenner durch.

[3] Pater Andreas Roth zieht 1721 in das ältere Amtshaus der Dominikanerinnen von Sankt Katharina, das als «Hinteres Schlösschen» bezeichnet wird. Während dieses Gebäude, allerdings verändert, bis heute als Klosterhof 6 besteht, wird das 1605-1628 westlich angebaute neue Amtshaus, das «Vordere Schlösschen» im 19. Jahrhundert abgebrochen.

[4] Zu diesem Thema siehe auch die ausführliche und nachvollziehbare Begründung der Zuschreibung des Klosters Siessen an den Maurermeister Franz Beer I im Kunstführer der Kloster- und Pfarrkirche St. Markus Siessen (2008).

[5] Johann Michael Beer I von Bildstein (1696–1780) ist als Palier für seinen Vater in Siessen tätig und vollendet nach dem Tod seines Vaters ab 1722 die Wörishofer Bauten. Sein erstes grosses Werk ist 1740 die Abteikirche Mehrerau. 1760–1767 baut er sein Hauptwerk, die Ostfront und den Chor der St. Galler Stiftskirche. Sein Namensvetter ist Johann Michael Beer II von Bleichten (1700–1767), der 1718–1722 als Palier seines Vaters in Oberschönenfeld tätig ist. Dann ist er in St. Urban tätig. 1725 ist er in Italien und kehrt nach dem Tod seines Vaters 1726 zurück.

[6] Vergleiche dazu Anmerkung 9 zur neuen Zuschreibung der Nonnenchor-Fresken an Jacob Carl Stauder.

[7] Der vermögende Franz Beer II verlässt 1715 den Bauplatz der Stiftskirche Weingarten nach Kautionsforderungen des Bauherrn. Aufträge kann aber Franz Beer I nicht ablehnen, noch 1712 übernimmt die Abtei Ochsenhausen die Schulden des Baumeisters in Bludenz und im Montafon anstelle einer Zahlung für den Neubau der Kirche in Schönebürg.

[8] Der Architekturtheoretiker Joseph Furttenbach zeigt die Lösung der in Wörishofen angewendeten Zweibündigkeit schon 1628 auf Blatt 37 seiner «Architectura Civilis» für ein Frauenkloster. Auch die Belichtung mit Lichthöfen ist her beschrieben. Offensichtlich kennt Pater Andreas Roth und Baumeister Beer dieses Werk besser als der Autor Markus Weis (Konservator am bayrischen Landesamt für Denkmalpflege), der die im obersten Geschoss vielfach angewendete Zweibündigkeit als «im Klosterbau singuläre Lösung» bezeichnet und deren völlig unproblematische Konstruktion unter einem üblichen Kehlbalkendachwerk mit liegenden Bindern als «technisch ausgereifte Ingenieurleistung, die modernste Konstruktionsprinzipien vorwegnimmt» lobt. Das einfache Dachwerk entspricht diesen Superlativen keineswegs. Selbst das aufwändigere Dachwerk der Kirche könnte der begeisterte Autor in einem damals bereits bekannten Werk von Paul Decker, dem 1715 in Nürnberg erschienenen dritten Band der «Civil-Baukunst» finden.

[9] Die für Besucher nicht zugängliche Nonnenkirche hinter dem Hochaltar ist zwar ebenso reich stuckiert wie die Laienkirche, hat aber durch Restaurierungen im 19. Jahrhundert stark gelitten. Dies führt soweit, dass selbst die Fresken heute nicht mehr Johann Michael Feichtmayr zugeordnet werden können. Georg Paula (in: Das Dominikanerinnenkloster zu Bad Wörishofen, Weissenhorn 1998, und in der Ausgabe 2008 des «Dehio») schreibt die «in der Komposition zu bieder» gestalteten Fresken im Nonnenchor Jacob Carl Stauder zu. Er begründet dies mit der dauernden Zusammenarbeit von Stauder mit Franz Beer II von Bleichten. Wie oben erwähnt, muss dieser Baumeister für Wörishofen ausgeschlossen werden. Vor allem aus folgenden Gründen muss der Zuschreibung an Jacob Carl Stauder widersprochen werden.
1. Weder die Maltechnik (Stauder malt auschliesslich al secco mit Öl) noch die Diskrepanz der Komposition in Wörishofen zu den meisterhaften gleichzeitigen Bildern in der Klosterkirche Weissenau sprechen für Stauder.
2. Paula datiert die fraglichen Nonnenchorbilder auf 1721. Zu diesem Zeitpunkt ist die Kirche aber erst im Rohbau, nur der Konvent-Südflügel wird im Herbst dieses Jahres bezogen, dort stuckiert 1721 Dominikus Zimmermann. Unmöglich kann deshalb ein Deckenspiegel in der Kirche, mit welcher der Nonnenchor eine durchgehende Einheit bildet, schon 1721 mit Ölfarbenbilder bemalt werden. Mit der Vorverschiebung des Datums ist allerdings eine Begründung für die gleichzeitige Arbeit von Johann Baptist Zimmermann und Jacob Carl Stauder an der Kirchendecke nicht mehr notwendig. Sie wäre ja wirklich aussergewöhnlich.
3. Das wichtigste Argument gegen eine Anwesenheit des Konstanzer Malers ist aber die präzise Bauabrechnung. Hier wird ausschliesslich Johann Baptist Zimmermann als Maler für Nonnenchor, Laienkirche und Einsiedlerkapelle aufgeführt. Ihm werden 500 Gulden für alle Fresken bezahlt. Keine Zeile weist auf einen weiteren «Fresko»-Maler hin. Und Stauder, der 1721 für ein einziges Deckenbild in Ottobeuren 300 Gulden verlangt, kann in einer solchen Abrechnung nicht einfach verschwinden.

[10] «Dem fresco Mahler, dessen Herrn bruedern für alle gemähl im Chor, Kirchen und Einsidler Capell seind bezahlt worden 500 fl», Johann Baptist Zimmermann erhält 1723 demnach 500 Gulden für alle Fresken im Nonnenchor, in der Laienkirche und in der Einsiedlerkapelle.

[11] Orgel und Beichtstühle sind nicht mehr erhalten. Die heutige Orgel und ihr Prospekt sind ein Werk des 19. Jahrhunderts.

[12] 1720 arbeitet hier auch Dominikus Zimmermann. Seine Stuckarbeiten sind heute zerstört.

 


  Dominikanerinnenkloster Wörishofen  
  Woerishofen1820  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Bad Wörishofen
Unterallgäu
Bayern D
Fürstbistum Augsburg
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Augsburg   1719
Bauherr und Bauträger

ok Pater Andreas Roth OP (1654–1735)

 
  Das Kloster Wörishofen von Osten in einem Aquarell um 1820.   pdf  
Bildinformationen  
   
Woerishofen1
Überraschend ist das Raumerlebnis im Kirchenraum, hier mit Blick zum Chor.  
   
Woerishofen1719
Im Generalat des Dominikanerordens in Rom liegt der Genehmigungsgrundriss von 1719. Der Bauplan ist ohne Verfasserangabe, aufgrund der professionellen Darstellung wird er aber von Franz Beer I oder vielleicht von seinem ebenfalls in Wörishofen tätigen Sohn gezeichnet sein. Der Plan entspricht dem ausgeführtem Bauwerk, nur die geplanten Abortanlagen (Nr. 32) werden durch einem mittelalterlich anmutenden Abortturm ersetzt.  
Woerishofen2
Der lange Nordflügel wird durch die mit Schweif- und Volutengiebel betonten Firstabschlüsse bereichert. Beer verwendet diese Giebel schon 1693 in Gengenbach. Sie sind um 1720 ein überholtes Stilelement.  
Woerishofen3
Im Westen schliesst die Kirche an den Nordflügel an. Ihre Abschlussfassade hat wieder Schweifgiebel und wird mit Pilastern gefasst. Das Häuschen links ist der Kircheneingang für die weltlichen Besucher.  
Woerishofen4
Die westliche Empore dient in Wörishofen (wie in St. Katharinental) nur als Orgelempore. Der Schwestern- oder Nonnenchor liegt hinter dem Altar im Osten (siehe Grundriss oben).  
Woerishofen8
1722–1723 erstellt Dominikus Zimmermann die Régence-Stuckaturen im Nonnenchor und in der Kirche. Sein Bruder Johann Baptist ist Schöpfer der Fresken. Über der Empore malt er das Bild des Höllensturzes von Luzifer.  
Woerishofen7
Der Gewölbestuck über dem kurzen Schiff, hier Richtung Chor gesehen, zeichnet sich grossen Reichtum der Ornamentik aus, die von Akanthuslaubwerk bis zu freiem Gitterwerk reicht. Das Hauptgemälde stellt die Heilige Dreifaltigkeit dar.  
Woerishofen9
Der Hochaltar wird 1723 frei vor die hinter ihm beginnende Nonnenempore gestellt. In seiner lichtdurchlässigen Kolonnenarchitektur und mit seiner plastischen Gestaltung weist er schon in das kommende Rokoko. Ungeklärt ist der Schöpfer. Der Dominikanerbruder Valentin Zindter ist wahrscheinlich Ausführender, der Bildhauer ist nicht bekannt.  
Woerishofen6
Unkonventionell tragen gebückte Engelsatlanten die Freisäulen des Altars.
Bildquelle:
Lothar Spuzem in Wikipedia
 
Woerishofen5
Das Hochaltargemälde ist mit «Fran: Haagen/ Pinxit 1721/ Neuburg» signiert. Der pfälzisch-neuburgische Hofmaler ist Vater einer Chorfrau und schenkt das Werk dem Kloster. Das Bild zeigt Maria als Königin der Engel. Unten ist das Kloster Wörishofen als Vedute aus Norden dargestellt.  
Woerishofen10
Auf der Nonnenempore (Schwesternchor) ist die Kirchendecke nahtlos weitergeführt. Stuck und Fresken werden ab 1722 aufgebracht, da das Gewölbe erst 1721 gemauert wird. Die Bilder unterscheiden sich von denjenigen der Kirchendecke, sie könnten von Gehilfen des Johann Baptist Zimmermann stammen und /oder 1893 übermalt worden sein. Die Zuschreibung an Jacob Carl Stauder ist falsch. Siehe dazu die ausführliche Anmerkung 9 im Text.
Bild: Der Engel ermahnt den schlafenden Joseph, Maria nicht zu verlassen.
Bildquelle: Hermetiker in Wikipedia.
 

Kloster Wörishofen, von Osten gesehen.

Aquarell von Johann Graf um 1820 im Archiv des Dominikanerinnenklosters Wörishofen.
Grösse: B 39,5 cm / H 24 cm.

Veröffentlicht in W. Schiedermair: Das Dominikanerinnenkloster zu Bad Wörishofen 1998.