Die Meister
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Johann Benrhard Fischer von Erlach (1656–1723) Graz FischerErlach   Hofarchitekt 1696   1707
Johann Grabner (1628–nach 1707) Salzburg?     Hofbaumeister 1696   1707
Lorenz Stumpfegger (1641–1709) Salzburg?     Hofmaurermeister 1696   1707
Bernhard Michael Mandl (um 1660–1711 Böhmen     Bildhauer 1699   1707
Sebastian Stumpfegger (um 1670–1749) Salzburg     Bildhauer 1703   1707
Gregor Götzinger (Lebensdaten ungebekannt) Salzburg?     Bildhauer 1703   1707
Hans Schwäbl Salzburg?     Bildhauer 1703   1707
Diego Francesco Carlone (1674–1750) Scaria Val d'Intelvi CarloneDiego   Stuckateur, Bildhauer 1705   1707
Paolo d'Allio (1655–1729) Scaria Val d'Intelvi Allio   Stuckateur 1705   1707
Johann Christoph Egedacher (1666–1747) München     Orgelbauer 1707   1708

Uni Alte Benediktiner-Universität Kirche Universitäts- oder Kollegienkirche Altaere Altäre der Kollegienkirche

Universitäts- oder Kollegienkirche zur Unbefleckten Empfängnis Mariä

inhalt:
1    Bau der Kollegienkirche 1696–1707 2    Bauplatz und Bauherr
3    Johann Bernhard Fischer von Erlach
4    Planungen nach Änderungen während der Bauphase
5    Bauverlauf und beteiligte Meister
6    Die Kollegienkirche nach 1707 7    Zusätzliche Ausstattungen und Veränderungen 1707–1800
8    Umnutzungen und Eingriffe im 19. Jahrhundert
9    Restaurierungen und Veränderungen der Moderne
10    Zur Architektur der Kollegienkirche 11    Die Gestalt des Baukörpers
12    Die Stuckaturen und der Altarraum
13    Der Dedikationsstich 1707
14    Die Schaufassade
15    Die Rezeption der Kollegienkirche im süddeutschen Barock

Bau der Kollegienkirche 1696–1707

Bauplatz und Bauherr
Mit dem Bau des Südflügels sind 1655 die Neubauten der Universität fertiggestellt. Die Bebauung gegenüber dem Nordflügel ist um diese Zeit noch nicht vorhanden. Die Bürgerbauten nördlich der Universität entstehen erst Mitte des 18. Jahrhunderts als Bautiefenverdoppelung der Häuser an der Getreidegasse. Die Südfassaden dieser Bauten bilden dann die Begrenzungen der Gasse entlang der Universität und des Platzes vor der Schaufront der Kollegienkirche. Östlich des bis 1655 gebauten Universitätsgevierts ist bis zu den Gebäuden entlang der Kirchgasse (Sigmund-Haffner-Gasse) noch eine grosse Restfläche des ehemaligen Frauengartens erhalten. Schon während der Regierung von Fürsterzbischof Paris Lodron ist hier eine eigene Universitätskirche geplant. Ihre Planung ist nicht erhalten. Ein Dokument von 1696 beschreibt ihre Lage, wonach sie an der gleichen Stelle wie das dann bis 1707 gebaute Bauwerk geplant ist, wahrscheinlich als abschliessender Ostflügel ähnlich dem Gebäudevolumen des akademischen Saals. Dieser dient als Aula, Theater und Gottesdienstraum bei grösseren Anlässen. Das eigentliche Sakralbauwerk der Universität, das Sacellum, ist inzwischen für die gewachsene Zahl der Studenten zu klein geworden.
Der seit 1687 regierenden Fürsterzbischof Johann Ernst[1] kann sich mit der  Mehrzwecknutzung des akademischen Saals nicht abfinden und verfügt 1694 per Dekret den Bau einer neuen Universitätskirche, weil nach seiner Meinung das Profane nicht mit dem Heiligen vermischt werden dürfe. Die Kirche will er der Unbefleckten Empfängnis Mariä widmen. Er wird sich 1707 am fertig gestellten Bauwerk als Erbauer und Gönner verewigen.[2]

Johann Bernhard Fischer von Erlach
Seit 1693 zieht der Fürsterzbischof für alle wichtigsten Bauvorhaben Johann Bernhard Fischer[3] bei, der 1696 vom Kaiser das Adelsprädikat «von Erlach» erhält. Der in Wien wohnhafte Fischer verkörpert den neuen Typus des nur noch entwerfenden, leitenden, aber nicht mehr für die Bauausführung verantwortlichen Architekten, wie dies in Frankreich schon längere Zeit Usanz ist. Er ist nebst seinem Konkurrenten Johann Lucas Hildebrandt einer der beiden ersten deutschstämmigen Architekten mit diesem neuen Berufsverständnis. Die beiden Wiener Platzhirsche der Architektur stehen nun ein Vierteljahrhundert in Konkurrenz und beflügeln sich gegenseitig. Sie lösen die bisher in Wien und Prag dominierenden «Italiener» ab. Fürsterzbischof Johann Ernst schliesst sich dieser italophoben Tendenz des österreichischen Adels an. Mit dem Beizug von Johann Bernhard Fischer beweist er eine glückliche Hand, wie dies schon mit dem Bau der Dreifaltigkeitskirche und dem Priesterhaus (1694–1702) zum Ausdruck kommt. Die Kollegienkirche, der zweite Kirchenbau Fischers in Salzburg, wird das überragende Hauptwerk seiner Salzburger Tätigkeit. Er plant sie an gleicher Lage wie die ersten Projekte unter Paris Lodron, nun aber als Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes, und dies in bedeutend grösseren Dimensionen. Fischer muss den Grundriss deshalb abdrehen. Er legt die Kirche parallel zur östlichen Randbebauung vor den Kuenbergpalais, was eine Beschwerde des Grafen Kuenberg auslöst. Erst 1697 wird diese vom hochfürstlichen Hofgericht abgewiesen. Die Kirche ist zu diesem Zeitpunkt bereits im Bau, obwohl die Planung erst rudimentär vorhanden ist.

Planung und Änderungen während der Bauphase
Die während der Bauphase durchgeführten Änderungen am Bau sind erheblich, für das Verständnis des Bauwerkes nicht unwichtig und zeigen die übliche rollende Planung eines grossen barocken Bauwerks, aber auch Schwächen im Entwurf von Johann Bernhard Fischer von Erlach.
Im Einschub wird erläutert, wie Fischer die wichtigen dienenden Räume im Chorbereich erst spät plant und sie deshalb nur noch als Anhängsel bauen kann, wie die eindrückliche Kirchenfassade mit dem konvex vortretenden Mittelteil erst um 1699 ihre endgültige Form findet und wie der gebaute Dachstuhl deutsch und nicht französisch wird.

Anhang11 Zum erweiterten Beschrieb der Veränderungen bis 1707

Bauverlauf und beteiligte Meister 1696–1707
Baubeginn ist am 12. März 1696, 16 Monate nach dem Dekret des Fürsterzbischofs. Am 6. Mai folgt die feierliche Grundsteinlegung. Der Neubau wird von der hochfürstlichen Hofbaumeisterei betreut, die auch Vertragspartnerin ist. Sie überträgt die Bauleitung dem schon 68-jährigen Hofmaurermeister Johann Grabner.[4] Johann Bernhard Fischer wird verpflichtet, für die laufenden Bauten (Dreifaltigkeitskirche, Kollegienkirche, Maria Kirchental) mindestens dreimal im Jahr nach Salzburg zu kommen. Als ausführender Maurermeister ist Lorenz Stumpfegger genannt.[5] Sein Sohn Sebastian Stumpfegger wird 1702/03 mit weiteren fünf Salzburger Meister für Steinmetzarbeiten verpflichtet. Schon 1699 erfolgt der Auftrag für  die Skulpturen der Fassade an den Bildhauer Bernhard Michael Mandl.[6] Dann schreitet der Bau, auch wegen der vielen Änderungen, nur langsam voran. Um 1703 kann der Dachstuhl aufgerichtet werden. Die Gewölbe sind spätestens zwei Jahre später aufgemauert, denn im Mai 1705 wird mit der Stuckateurgemeinschaft Diego Francesco Carlone und Paolo d'Allio aus Scaria im Val d'Intelvi ein Vertrag über die Stuckierung des Innenraums geschlossen.[7] Der Beizug italienischer Stuckateure, trotz der Italophobie des Fürsterzbischofs, kann nur mit der totalen Absenz von Stuckateur-Figuristen im salzburgisch-österreichischen Raum erklärt werden. Im Oktober 1706 werden der Werkstatt Carlone-d'Allio auch der Figuralstuck am Hochaltar und in der Apsis-Rundung vergeben. Verträge über restliche Stuckarbeiten im Innenraum und an der Aussenfassade folgen. Die Werkstatt Carlone-d'Allio beendet ihre Arbeiten im Frühjahr 1707. In der kurzen verbleibenden Zeit bis zur Einweihung werden durch die Salzburger Meister Sebastian Stumpfegger, Hans Schwäbl und Gregor Götzinger die Steinmetzarbeiten zum Hochaltar, der Balustraden und der Pflästerung ausgeführt.[8] Ihre Kalkstein-Brüstungen und die Pflästerung in dynamisch gestalteten roten und grauen Kalksteinplatten sind bis zur Einweihung am 20. November 1707 fertig. Die Querschiffaltäre sind zu diesem Zeitpunkt nur als Provisorien aufgestellt, die Kapellenaltäre fehlen.

Die Kollegienkirche nach 1707

Zusätzliche Ausstattungen und Veränderungen 1707–1800
Die Einweihungsfeierlichkeiten dauern acht Tage, vom 20. bis zum 27. November 1707. Die Kirche bietet trotz den erwähnten fehlenden Ausstattungen das heutige Bild. 1708 wird das Geläute aufgezogen. Im gleichen Jahr baut Johann Christoph Egedacher die barocke Emporen-Orgel ein.[9] Erst nach 1718, dem 100-Jahr Jubiläum der Universität, folgt aufgrund von Stiftungen der Benediktinerkonföderation die fehlende Altarausstattung, die schon anlässlich der Einweihung 1707 detailliert beschrieben ist. Bis 1724 werden die vier Kapellenaltäre und die Nischenstatuen aufgestellt.[10] 1725 und 1726 können auch die Querschiffaltäre eingerichtet werden. Der Hochaltar von 1707, von Fischer unter Verzicht auf ein Retabel als Einheit mit den Apsis-Stuckaturen gestaltet, wird 1738 neu erstellt.
Die Querschiff- und Kapellenaltäre finden in der umfangreichen säkular geprägten Literatur zur Kollegienkirche kaum Beachtung, weshalb hier der 1912 von Hans Tietze verfasste, letzte vernünftige Beschrieb als Grundlage eines Einschub-Blattes über die Altäre und ihre Meister dient.

Altaere Zum Beschrieb der Altäre in der Kollegienkirche

Mit dem neuen Hochaltar ist die Ausstattung der Kollegienkirche 1738 im Wesentlichen fertig.  Gewölbefresken unterbleiben vorerst bewusst, sie hätten Fischers Konzept des weissen Tempels vor allem im Altarbereich erheblich gestört. Spätere Anläufe für Gewölbefresken scheitern am Geldmangel.
1778 wird in diesen weissen Raum als letztes Ausstattungselement der Benediktinerzeit eine neue Kanzel eingebaut. Das weisse Stuckmöbel am südöstlichen Vierungspfeiler atmet noch den Geist des ausklingenden Barocks.

Die Kollegienkirche im 19. Jahrhundert
Salzburg ist in den ersten 15 Jahren des 19. Jahrhunderts Spielball der verfeindeten Koalitionsmächte. Franzosen und Bayern nutzen die Kollegienkirche 1801 und dann wieder 1805 bis 1809 als Kriegsgefangenenlager, Heu- Stroh- und Getreidemagazin. 1803 erfolgt die Säkularisation aller Abteien in Schwaben und Bayern. Damit entfällt die bisherige Trägerschaft der Universität. Sie lebt unter staatlicher Führung noch bis zur endgültigen Aufhebung 1810. Seit 1803 ist auch das Fürsterzbistum säkularisiert. Salzburg, unter den Fürsten des 18. Jahrhunderts schon stark nach Wien orientiert, kommt 1816 endgültig zu Österreich. Die Kollegienkirche übersteht die Wirren der wechselnden Herrschaften ohne grössere Schäden. Noch unter bayrischer Herrschaft erfolgt 1812 eine Neuweihe. Das Bauwerk übersteht auch das 19. Jahrhundert unversehrt, sieht man von der Zerstörung der Egedacher-Orgel ab. Hauptgrund ist die Wertschätzung des Bauwerks als «im edelsten griechisch-römischen Style von dem berühmten Hof-Architekten Kaiser Leopold I., Johann Bernhard Fischer von Erlach… erbaut».[11] Eine erste Gesamtrenovation findet 1862/63 satt. Einige Eingriffe sind erwähnenswert. So erhält das Bauwerk 1866 nach über 150 Jahren ein Eisenblechdach anstelle der ursprünglichen Holzschindeldeckung.[12] Und 1882 werden die acht grossen Ovalöffnungen (Okuli) der Seitenfassaden im Obergadenbereich aus Feuerschutzgründen zugemauert, allerdings so, dass ihre Erscheinung erhalten bleibt. Die vorher zur Lüftung des Dachraums dienenden Fenster führen seither unter Kunsthistorikern zu wildesten Spekulationen.[13]

Restaurierungen und Veränderungen der Moderne
Das seit 1897 als Staatseigentum eingetragene Kirchenbauwerk wird 1927/28 aussen, 1946 innen, 1984 wieder aussen restauriert. 2003–2013 findet die letzte grosse Gesamtrestaurierung statt. Die Kirche, von Fürsterzbischof Johann Ernst 1694 per Dekret als Abkehr von der Vermischung des Profanen mit dem Heiligen gefordert, dient jetzt wieder profanen Zwecken. Trotz den fragwürdigen künstlerischen Rauminstallationen, den Bühnenaufbauten und anderen Event-Einrichtungen wirkt der Innenraum noch immer sakral. Sähe Johann Ernst aber das tägliche dichte, jahrmarktähnliche Chaos von motorisierten Marktfahrern auf dem Kirchenvorplatz, die keinen Meter Respektzone vor den Kirchenstufen kennen, würde er sich im Grab umdrehen.

Die Architektur der Kollegienkirche

Die Gestalt des Baukörpers
Die Kollegienkirche ist über ein in der Hauptrichtung um das doppelt verlängerte griechische Kreuz gebaut. Die Kreuzarme sind 13,5 Meter breit. Die gerade geschlossenen Querschiffarme treten nur risalitartig vor. Alle Arme werden von Tonnengewölben überfangen. Die Höhe bis zum Gewölbescheitel beträgt 29,5 Meter und ist damit nur wenig unter der Höhe der Domgewölbe. Kolossalpilaster gliedern die zweigeschossigen Schauwände und fassen die Öffnungen von acht oval geformten Räumen, welche die Kreuzarm-Zwickel ausfüllen. Diese ovalen Räume sind im Erdgeschoss Kapellen, die durch eine Gewölbeöffnung mit den gleich geformtem Oratorien im Obergeschoss optisch verbunden sind. Auskragende Balkone mit roten Marmorbalustraden erweitern diese oberen Oratorien in die Kreuzarme. Santino Solari wendet das Balkonelement schon 1614–1628 im Dom an.[14] Der zentrale Bodendurchbruch der Oratorien zu den Erdgeschosskapellen setzt sich in der Vertikalen mit einer hohen Laterne über das Dach fort. Der Innenraum ist in der Vierung mit einer Tambourkuppel bekrönt, die zentrierend alle Raumabschnitte mit ihrem dreidimensionalen Bezugssystem zusammenfasst. Das beschriebene Raumgefüge ist im Grundriss und Schnitt derart ausgewogen, dass der gebaute Innenraum als Zentralraum wirkt. Fischer plant seinen Bau nicht im luftleeren Raum. Die Herkunft der Raumarchitektur von römischen und französischen Vorbildern lässt sich nicht verleugnen.[15] Diese klassischen, ihm aus seinem Italienaufenthalt und aus Stichwerken bekannten Vorbilder formt Fischer zu einem äusserst klaren Bauwerk um.

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Gehe zm Vergleich mit den Vorläufer-Bauwerken in Paris und Rom
Vergleiche

Im Vergleich zum Dom ist vor allem die empfundene Höhenentwicklung eindrücklich. Dies wegen des steilen Zuschnitts der Kreuzarme. Das Verhältnis von Raumbreite zu Wandordnungs-Höhe (Oberkante Kranzgesimse) beträgt beim Dom 19/21,5 Meter (oder 1:1,13), bei der Kollegienkirche aber 13,5/23 Meter (oder 1:1,7).[16] Dazu gesellt sich der starke Richtungszug der neutralen Tonnengewölbe. Die neue Rauminterpretation Fischers, verbunden mit der grossen Lichtfülle und der vollständigen Absenz von Farbe, begeistert schon die Zeitgenossen, später auch die Klassizisten, heute die Verehrer des «weissen Tempels der Weisheit».[17]
Die äussere Erscheinung ist ambivalent. Die offensichtlich von Fischer nachträglich als Anhängsel geplanten Sakristei- und Erschliessungsräume am Chorhaupt stören die stringente äussere Gestaltung des Hauptkörpers mit der dominanten Mittelkuppel. Beim Blick vom Mönchsberg verschwinden sie, und der Baukörper offenbart seine hohe Qualität.

Die Stuckaturen und der Altarraum
Für die Stuckausstattung der Kollegienkirche kann die Werkstatt Carlone-d'Allio verpflichtet werden. Die beiden Leiter, der junge Figurist Diego Francesco Carlone und der ältere Cousin Paolo d'Allio müssen wegen den Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges ihre Tätigkeit in der Oberpfalz aufgeben und sind deshalb bis 1714 in Salzburg und Oberösterreich tätig. Im Gegensatz zu ihren bisherigen meist freien Schöpfungen müssen sie sich in Salzburg den Entwürfen Fischers fügen. Im Kirchenraum sind die Stuckaturen deshalb zurückhaltend ornamental und nur mit wenig Figuralplastik ergänzt. Fischer will seine Raumhierarchie nicht durch Stuckaturen gestört sehen. Anders im Altarraum. Hier kann Diego Francesco sein Können zeigen. Ein Entwurf Fischers ist nicht vorhanden, aber unzweifelhaft folgt Carlone auch hier seinen Vorgaben. Im Altarraum spürt man das Herkommen Fischers aus der Bildhauerei. Er verzichtet auf einen Retabel-Altar und benutzt die volle Höhe und Breite der Apis als Retabel. Zwei weisse Triumphsäulen mit heute auffällig dunkel gefassten Riesenpostamenten bilden die Begrenzung.[18] Die dahinterliegende Apsis-Rundung ist in ihrer vollen Höhe als Wolkenglorie der Immaculata von Carlone in Stuck gestaltet. Im Zentrum der Glorie mit ihren Wolkengebilden und den jubilierenden Engeln steht die Immaculata auf der Mondsichel über der Weltkugel. Sichel und Strahlenkranz sind die einzigen golden gefassten Teile in der weiss gefassten Stuckplastik. Dem Meisterwerk Carlones dürfte die Raumverschmutzung der kommenden Jahre zu mehr Lesbarkeit verhelfen.

Der Dedikationsstich 1707
Anlässlich der Einweihung der Kollegienkirche überreicht der Abt von St. Peter dem Fürsterzbischof Johann Ernst einen Dedikationsstich im Format von 61,5 cm Breite und 93,8 cm Höhe. Unter dem Titel «Prospectus interior dimidii templi» dominiert die Innenansicht der Kirche das Blatt. Unten sind kleiner die Seitenfassade, die Schaufassade und der Grundriss dargestellt. Die Vorzeichnung stammt vom Benediktinerfrater Aemilian Rösch aus Mondsee. Stecher ist der Augsburger Johann Ulrich Kraus.
Die Innenansicht wird als gewaltiges Schauspiel der Architektur dargestellt. Sie kombiniert den Innenraum mit Kuppel, Querschiff und Altarbereich in einer Weise, die ein Besucher derart gar nicht wahrnehmen kann. Trotzdem sind Raumgestalt und Details völlig korrekt dargestellt. Deutlich ist auch die Wolkenglorie mit den Engeln um die Immaculata gestochen, ein Fotograf könnte sie heute nicht derart klar hervorheben. Im Stich ist auch die einzige Darstellung der Mensa und des Tabernakels von Johann Bernhard Fischer zu sehen. Die reine Architekturdarstellung, in der Menschen fehlen, wird erläuternd als Ansicht des halben Tempels beschrieben. Der Betrachter soll sich so den ganzen Innenraum vorstellen können.

Die Schaufassade
Fischer entwirft die Fassade der Kollegienkirche relativ spät. Die Schauseite steht mit dem Innenraum nur indirekt in Beziehung und unterscheidet sich zu diesem durch die Ableitung von der bewegten Formensprache des römischen Spätbarocks. Fischer plant die Zweiturm-Fassade mit sieben Achsen vorerst in klassischer Manier flach, ähnlich dem unteren Geschoss der Domfassade von Solari. Erst um 1700 findet er zur Gestalt des konvex vorgewölbten dreiachsigen Mittelteils. Beidseitig sind die Türme angefügt. Eine vertiefte und damit trennende Achse lässt sie ebenfalls vortretend wirken. Die zwei Geschosse der Kirche fasst Fischer mit einer Kolossalordnung zu einem Fassadengeschoss zusammen, das er mit einem stark ausladenden Gesims abschliesst. Der konvexe Mittelteil ist mit einer Attika überhöht, die drei grosse Hochoval-Öffnungen aufweist. Nur die Mittelöffnung dient der Belichtung. Ein ebenfalls konvexes Frontispiz enthält im Giebelfeld das Doppelwappen Salzburg und Thun. Die Turm-Obergeschosse, mit einer etwas feineren Doppelpilaster-Gliederung, enden auf gleicher Höhe wie das Frontispiz. Nur die von Guarino Guarini beeinflussten Turmkronen überragen die Mittelfassade um wenige Meter.
Die Fassade der Kollegienkirche ist in ihrer dynamisch bewegten Durchbildung und in der Detailgestaltung nebst dem Klassiker Bernini von den Protagonisten des späten römischen Hochbarocks wie Borromini und Guarini beinflusst.[19]
Sie ist das eigentliche hochbarocke Meisterwerk Fischers in Salzburg, das durch Stichwerke, vor allem aber durch die anwesenden süddeutschen Benediktiner der Universität schnell bekannt und entsprechend rezipiert wird. 

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Gehe zu den Vorbildern der bewegten konvexen Fassade

Die Rezeption der Kollegienkirche im süddeutschen Barock
Träger der Salzburger Universität sind mehrheitlich die süddeutschen Benediktinerabteien, insbesondere die schwäbischen Reichsabteien. Viele ihrer Professoren und Rektoren werden noch während ihrer Tätigkeit in Salzburg vom Heimatkloster als Abt gewählt und legen dann bei Neubauten ihren Baumeistern die Kollegienkirche als Vorbild nahe. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen.[20]
Ottobeuren:
Die Reichsabtei Ottobeuren ist seit 1617 massgebende Förderin der Universität. Ihr Klosterarchitekt Pater Christoph Vogt ist schon 1707 zweimal in Salzburg, wo er auch mit dem in Salzburg lehrenden Pater Sebastian Textor aus Ottobeuren Kontakt aufnimmt und mit dem Bau der Kollegienkirche konfrontiert wird. Ein Exemplar des Dedikationsstiches findet den Weg nach Ottobeuren. Vogt baut dort 1711–1725 die neue Klosteranlage. Obwohl die alte Kirche noch beibehalten wird, hängt er in seiner Gesamtplanung als «Idea» die genaue Kopie der Kollegienkirche vor. Sie wird später in anderer Form von Johann Michael Fischer gebaut.
Weingarten und Ehingen:
Zur Zeit des Neubaus der Kollegienkirche ist der Reichsabt von Weingarten, Sebastian Hyller, Präses der Salzburger Benediktinerkonföderation. 1715 beginnt der Abt mit dem Kirchenneubau in Weingarten. Sein Baumeister Franz Beer ist schon mit der Kollegienkirche vertraut, denn 1712–1716 baut er für das Kloster Zwiefalten die Konviktskirche in Ehingen als eine Kreuzkuppel-Kirche in Anlehnung an Salzburg. Beer formt in Weingarten das Vorbild der Kollegienkirche zu einer überzeugenden Wandpfeilerhalle mit Querhaus und Kuppel um, lehnt sich aber in der Schaufront an das Salzburger Vorbild an. Die Fassade ist 1720 vollendet.  
Einsiedeln
Bruder Caspar Moosbrugger kommt 1717 als Baumeister der Benediktinerabtei Einsiedeln in engen Kontakt mit seinem Landsmann, dem Vorarlberger Klosterbruder Andreas Schenk, der den Kirchenneubau in Weingarten leitet. 1720 beginnt Moosbrugger mit dem Kirchenneubau in Einsiedeln, dessen Zweiturmfassade jetzt in Anlehnung an Weingarten den konkav vorspringenden Mittelteil erhält.

Pius Bieri 2017

Literatur:

Hübner, Lorenz: Beschreibung der hochfürstlich-erzbischöflichen Haupt- und Residenzstadt Salzburg, Band 1, Salzburg 1792.
Zauner, D. Judas Thaddäus: Chronik von Salzburg, Neunter Theil, Salzburg 1818.
Tietze, Hans: Die kirchlichen Denkmale der Stadt Salzburg (mit Ausnahme von Nonnberg und St. Peter), Wien 1912.
Ebhardt, Manfred: Die Salzburger Barockkirchen im 17. Jahrhundert. Baden-Baden 1975.
Steinitz, Wolfgang: Salzburg, ein Kunst- und Reiseführer. Salzburg 1984.
Huber, Horst Richard: Stadt Salzburg, in: Dehio-Handbuch «Salzburg» der Kunstdenkmäler Österreichs. Wien 1986.
Salzburger Barockmuseum (Hrsg.): Barockberichte 18/19, Beiträge von Manfred Koller, Reinhard Rudolf Heinisch, Karin Uetz, Jutta Tremmel-Endres. Salzburg 1998.
Fürst, Ulrich und Prange, Peter: Der Prospectus Interior der Salzburger Kollegienkirche auf dem Dedikationsstich von 1707, in: Barockberichte 24/25. Salzburg 1999.
Fürst, Ulrich: Die «lebendige und sichtbahre Histori». Regensburg 2002.
Gobiet, Roland (Hrsg.): Kollegienkirche Salzburg. Beiträge von Hermann Fuchsberger, Andreas Kreul, Stefan Nadler, Peter Prange, Barbara Rinn, Franz Wagner und weitere Autoren. Salzburg 2013.

Anmerkungen:

[1] Johann Ernst Graf Thun-Hohenstein (1643–1709). Fürsterzbischof 1687–1709. Siehe zu ihm die Biografie in dieser Webseite.

[2] «In Honorem Bmae Mariae sine Macula conceptae erexit et donavit Ioannes Ernestus Archiep[i]s[copus] et P[rin]c[e]ps Salisb. MDCCVII» (Zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis Mariä durch Johann Ernst, Fürsterzbischof von Salzburg, gebaut und übergeben 1707) steht über dem inneren Eingangsportal geschrieben. Daraus darf nicht abgeleitet werden, dass Johann Ernst den Kirchenneubau mit Baukosten über 200 000 Gulden privat finanziert hat. 1694 stiftet er 20 000 Gulden. Zur Stiftungstätigkeit des Fürsterzbischofs und zur damit verbundenen Propaganda siehe seine Biografie in dieser Webseite.

[3] Johann Bernhard Fischer (1656–1723) aus Graz, ursprünglich Bildhauer. Aufenthalt in Rom im Umkreis Berninis, seit 1688 für den Wiener Adel tätig. Vor dem Bau der Kollegienkirche ist Fischer in Salzburg am Johannesspital und am Priesterhaus mit der Dreifaltigkeitskirche tätig. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[4] Johann Grabner (1628–nach 1707). In der Schrift zu den achttägigen Einweihungsfeierlichkeiten von 1707 (erschienen Salzburg 1708) wird Johann Grabner im Hochamt am Montag (21. November) als Hochzeits-Jubilar gefeiert. Für ihn wird ein hochzeitliches Ehren-Fest gehalten, «welches unter einen grossen Gefolg sowohl Hoch- als Nidern Stands-Personen der Ehrngeachte Hanns Grabner / Hof-Maurer-Meister / im 79sten seines Alters / und im 56sten Jahr seiner ersten Verehligung mit Anna seiner Ehewürthin / 77-jährigen Alters / in Gegenwart Ihrer Hoch-Fürstl. Gnaden u. u. und Dero gantzen Hoffstatt / in eben dieser Academischen Kirchen / wobey ermeldter Grabner dessen Auferbauung von Anfang biß zu End /als Hoch-Fürstlicher Maurermeister beygewohnet». Diese Feier zeigt die damals grosse Wertschätzung des leitenden Baumeisters.

[5] Zuschreibung von Karin Uetz (1998) an die «ortsansässige Firma Stumpfegger». Lorenz Stumpfegger (1641–1709) ist domkapitularischer Maurermeister und Stuckateur. Der Sohn Sebastian Stumpfegger (um 1670–1749) wird 1702 für Steinmetzarbeiten verpflichtet. In einem Gutachten zu den Nachtragsforderungen des Stuckateurs Carlo Antonio Brenni für die Arbeit in der Kajetanerkirche bezeichnet sich Sebastian 1700 als Stuckateur.

[6] Bernhard Michael Mandl oder Mändl (um 1660–1711) aus Böhmen, wichtigster Salzburger Bildhauer der Jahre 1690–1711, arbeitet viel für die Bauwerke Johann Bernhard Fischers in Salzburg.

[7] Diego Francesco Carlone (um 1674–1750) aus Scaria Val d'Intelvi, Sohn des Giovanni Battista. Zu Diego Francesco und Giovanni Battista siehe die Biografien in dieser Webseite. Die Zusammenarbeit mit Paolo d'Allio (1655–1729), dem älteren Cousin von Diego Francesco, ist Werkstatttradition. Zu Paolo d'Allio (Aglio) siehe die Biografie in AIA.

[8] Schon 1703 sind die Salzburger Meister Hans Schwäbl und Gregor Götzinger als Steinmetze zusammen mit Sebastian Stumpfegger tätig. Von beiden sind die Lebensdaten nicht erforscht.

[9] Johann Christoph Egedacher (1666–1747) aus München, Hoforgelbauer in Salzburg. Zu ihm siehe den Wikipedia-Beitrag. Die Orgel der Kollegienkirche fehlt im Werkverzeichnis, ist aber als grösseres Instrument ausgeführt. Der Vertrag lautet auf 3900 Gulden. 1708 werden 3011 Gulden bezahlt. Werk und Gehäuse der Egedacher-Orgel werden 1868 durch eine neue Orgel (III/P/32) von Johann Mauracher ersetzt, deren Gehäuse und Prospekt im Rundbogenstil trotz den später aufgebrachten vergoldeten Neobarock-Ranken hilflos wirkt.

[10] Erwähnt werden die Abteien Admont (Lukas-Kapelle), die Abtei Kremsmünster (Benediktus-Altar), welche die Altarblätter spenden. Weitere Abteien spenden den Borromäus-Altar. Vom Fürsterzbischof Franz Anton Graf von Harrach zu Rorau (1665–1727), der seit 1709 regiert, sind keine Stiftungen für die Kollegienkirche bekannt. Alle Aufträge für den weiteren Ausbau kommen jetzt vom Rektor der Universität.

[11] Benedikt Pillwein 1839

[12] Heute ist die Kirche mit Kupferblech gedeckt.

[13] Die mit Werkstein gefassten Okuli liegen in der sogenannten Sargwand über dem Gewölbeansatz, genau gleich wie beim Salzburger Dom. Sie dienen dort der notwendigen Belüftung, vor allem aber sind sie ein Instrument der Fassadengliederung. Nie wäre es einem Kunsthistoriker eingefallen, diese Belüftungs-Okuli des Doms als mögliche Belichtungsquellen (ähnlich den Stichkappen-Gewölben) für den Innenraum zu sehen. Bei der Kollegienkirche liegen sie etwas tiefer, aber noch immer in der oberen Gewölbehälfte. Dies führt seit 1977 zur Spekulation einer von Fischer geplanten Gewölbebelichtung. Karin Uetz (1998) lehnt in ihrer Untersuchung diese Theorie ab. Sie geistert aber noch 2013 im Bildband (Hrsg. Roland Gobiet) weiter. Dass Okuli in dieser Grösse höchstens Löcher in die Deckentonne gerissen hätte und eine richtige Tonnenbelichtung nach dem Vorbild von S. Andrea della Valle oder der Sorbonne gar nicht möglich wäre, muss schon Fischer festgestellt haben. Zudem erreicht er ja mit den grossen Fenstern der Obergeschoss-Oratorien bereits eine bedeutend bessere Belichtung als alle erwähnten Vorbilder.

[14] Siehe dazu den Beschrieb des Salzburger Doms in dieser Webseite. Die Öffnungen der Oratorien im Salzburger Dom sind heute verschlossen und lassen die ursprüngliche Absicht des Lichteinfalls vermissen.

[15] Vorläufer des Bautyps sind die römische Kirche San Carlo ai catinari (1612–1650) und die Kirche der Sorbonne (1632–1642). Zu den Verwandtschaften der Kollegienkirche mit diesen ebenfalls als Kollegienkirchen dienenden Bauwerken siehe den Anhang 2.

[16] Die Masse sind den Plänen Tietzes 1912 entnommen. Aber schon bei Tietze fehlt der Querschnitt. Meines Wissens sind bis heute weder der Querschnitt noch die genauen Masse in zugänglichen Werken veröffentlicht. Selbst im jüngsten Werk zum Abschluss der Restaurierung (Hrsg. Roland Gobiet) fehlen die Gebäudepläne.

[17] Benennung von Roland Peter Kerschbaum in: Tempel der göttlichen Weisheit und marianisches Heiligtum. Salzburg 2013.

[18] Die auffällig dunkelrote Fassung der Triumphsäulenpostamente (im Gegensatz zur Weissfassung aller anderen, ebenfalls drei Meter hohen Postamenten) erdrückt den kleinen Hochaltar förmlich. Sicher hätte Fischer ein derartiges Auseinanderreissen seiner Altarwand nicht geduldet.

[19] Zur Ableitung der Fassadengestaltung von Bernini, Borromini und Guarini siehe den Anhang 2.

[20] Für die Kirchenbauwerke von Ottobeuren, Weingarten und Einsiedeln siehe die entsprechenden Beiträge in dieser Webseite.

 


  Die Universitäts- oder Kollegienkirche in Salzburg  
  Danreiter1750  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Salzburg A

Fürsterzbistum Salzburg
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Salzburg   1696
Bauherr und Bauträger

JE   Fürsterzbischof Johann Ernst Graf Thun -
        Hohenstein (reg. 1687–1709)
 
 
  Die Kollegienkirche mit dem Nordflügel der Universität in: «Die Saltz-burgische Kirchen-Prospect» (Augsburg 1750). Quelle: Bayerische Staatsbibliothek.   pdf  
   
SalzburgKollegienkirche1
Die Kollegienkirche vom Mönchsberg gesehen. Foto: Bieri 2017.  
   
SalzburgKollegienkircheGrRiss
Grundriss der Kollegienkirche mit Erläuterung der Altäre.  
Beschrieb der Altäre.  
Lageplan mit Universität um 1800.  
SalzburgKollegienkirche2
Die Kollegienkirche mit dem Nordflügel der Universität, gesehen von der ehemaligen Collegiums- oder Universitätsgasse (heute Universitätsplatz).
Vergleiche mit dem Stich 1750 im Titel oben!
Der Zeichner Franz Anton Danreiter (Stecher Karl Rembshart) nimmt einen Standpunkt ein, der heute nicht mehr möglich wäre, aber eine klare Gebäudedarstellung erlaubt.
Vergleiche auch die nach 1780 völlig veränderten Fassaden des Nordflügels.
Foto Bieri 2017.
 
SalzburgKollegienkirche3
Die Schaufassade der Kollegienkirche.
Foto: Bieri 2017.
 
SalzburgKollegienkirche4
Chorpartie der Kollegienkirche.
Foto: Bieri 2017.
 
SalzburgKollegienkirche5
Die Westseite der Kollegienkirche, fotografiert 2010, damals gegenüber heute noch weniger dicht bewachsen. Auch der Max-Reinhardt-Platz ist noch unverstellt und ohne Marktfahrer. Foto: Mister No in Flickr.  
SalzburgKollegienkirche6
Der südliche Kreuzarm mit dem Altarraum. Foto: Bieri 2017.
 
SalzburgDedikation1707
Der gleiche Altarraum-Ausschnitt im Dedikationsstich 1707. Zum Stich siehe den Text im nebenstehenden Gebäudebeschrieb und die Gesamtdarstellung unten. Der Stich zeigt eine Klarheit der Carlone Stuckaturen und der Triumphsäulen, die in der heutigen Weissfassung praktisch verschwinden. Im Stich ist auch der bis 1738 bestehende Altar dargestellt.  
SalzburgKollegienkirche7
Der weisse Innenraum mit Querschiff, Kuppel und Chor. Vergleiche mit dem Dedikationsstich unten! Foto: Bieri 2017.  
SalzburgKollegienkirche1707
Der Dedikationsstich 1707 zeigt die perspektivische Innenansicht. Unten sind die Pläne der Kirche eingefügt, oben die  Wappen Salzburg und Thun. Zur Erläuterung der Wappen gehe zur Biografie Johann Ernst Graf Thun-Hohenstein in dieser Webseite.  Zum Stich siehe den Text im nebenstehenden Gebäudebeschrieb. Bitte mit Anklicken vergrössern!
Bildquelle: Seite 35 in Band I der Bau-und Ausstattungsgeschichte der Klosteranlage Ottobeuren (Gabriele Dischinger 2011).
 
SalzburgKollegienkirche8
Der Innenraum Richtung Eingang und Orgelempore (Orgel 1868). Der schön gestaltete Boden in roten und ockerfarbenen Kalksteinplatten ist einziger Farbakzent im sonst nüchtern weissen Raum. Foto: Bieri 2017.  
SalzburgKollegienkircheFassade1912
Die Schaufassade in einem Aufnahmeplan 1912. 
Quelle: Hans Tietze (siehe Literatur).
 
SalzburgKollegienkirche1725Fisicher
Johann Bernhard Fischer von Erlach stellt die Fassade 1725 in seinem Werk «Entwurff Einer Historischen Architectur» als perspektivischen Prospekt dar. Er zeichnet die Fassade stark überhöht und fügt ihr gar die Kuppel bei, die vom Standpunkt des Universitätsplatzes unmöglich zu sehen ist. Bildquelle:
Universitätsbibliothek Heidelberg.
 
Die Rezeption der Kollegienkirche im süddeutschen Barock:  
Ottobeuren1718
1718 zeichnet der Sohn des Ordensbaumeisters P. Christoph Vogt den Idealplan der Abtei Ottobeuren als Vogelschau-Prospekt. Der Klosterneubau ist seit 1711 nach den Plänen Vogts im Bau. Die Kirche wird erst 1737 begonnen, folgt aber in ihrer Ausrichtung der Kirche auf dem Prospekt, wo sie noch als klare Kopie der Kollegienkirche Salzburg eingefügt ist. Bildquelle: Seite 358 in Band II der Bau-und Ausstattungsgeschichte der Klosteranlage Ottobeuren (Gabriele Dischinger 2011).  

Weingarten

Die Stiftskirche der Abtei Weingarten wird 1715 nach Plänen von Franz Berr II begonnen. Die 1723 gestochene Idealvorstellung von Kirche und Konventanlage zeigt die in diesem Jahr schon gebaute Schaufassade nach dem Vorbild der Kollegienkirche.
Bildquelle: Kunstführer 1972 Hugo Schnell, Seite 13.
 
Einsiedeln
Einsiedeln verdankt die 1723 gebaute Schaufassade der Stiftskirche einem engen Kontakt des Klosterbaumeisters Br. Caspar Moosbrugger mit der Abtei Weingarten. Nicht die Kollegienkirche, sondern Weingarten ist Vorbild.
Foto: Bieri 2009.
 
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Vorläuferbauwerke  
Vergleiche1

Schon Cornelius Gurlitt sieht 1889 die Grundriss-Verwandtschaft mit der Universitätskirche der Sorbonne (Chapelle Sainte Ursule) in Paris. Jaques Lemercier baut sie 1632–1642 für Kardinal Richelieu, nach den Revolutions-Zerstörungen 1793 erfolgt ihr klassizistischer Wiederaufbau. Das Gebäude ist spätestens seit den Planveröffentlichungen in der «Architecture française» von Jean und Daniel Marot (1670 und später) allgemein bekannt. Wenn Fischer die Kirche nicht aus eigener Anschauung kennt, dann sicher aus den Stichdarstellungen, die mehrfach veröffentlicht werden. Einige Kunsthistoriker bestreiten die Vorbildfunktion. Die Kirche der Sorbonne stimme mit ihren Raumverhältnissen (Breite der Arme 9,75 Meter, Wandhöhe 11 Meter) nicht mit der Kollegienkirche überein. Ihnen entgeht, dass Gurlitt nicht behauptet, Fischer habe die Sorbonne kopiert, sondern lediglich auf die Grundrissähnlichkeit hinweist!  

Die erwähnten Kunsthistoriker führen stattdessen die römische Kollegienkirche San Carlo ai catinari (1612–1650 von Rosato Rosati) an, die im Raumverhältnis (Breite der Arme ~14 Meter, Wandhöhe mit Attika ~18 Meter) tatsächlich etwas schlanker ist und sogar die Breite der Kollegienkirche hat. Selbst die Anordnung der Sakristei von San Carlo stimmt mit den späteren Anfügungen Fischers an das Salzburger Bauwerk überein. San Carlo ai catinari dürfte Fischer aus seinem Romaufenthalt kennen. Auch Solari kennt sie, wie die Domfassade zeigt. Sie ist wahrscheinlich Vorbild der Universitätskirche der Sorbonne. Aber wie die Kirche der Sorbonne kopiert Fischer auch San Carlo nicht. Anregungen nimmt er von beiden auf. Dass die Verwandtschaft der Salzburger Kollegienkirche mit der Sorbonne bedeutend grösser als mit San Carlo ai catinari ist, sieht man im Vergleich der Grundrisse und Schnitte. Das Mansarddach, das Fischer in Salzburg durchsetzten will, weist zusätzlich auf seine Kenntnis der Pariser Kirche und des klassizistischen französischen Barocks hin.

 

 

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Vorbilder für die Fassade der Kollegienkirche

Zur Zeit des Romaufenthaltes von Johann Bernhard Fischer ist Rom noch immer das Barockzentrum Europas. Gianlorenzo Bernini lebt zurückgezogen, sein Nachfolger Carlo Fontana schart die Schüler um sich. Bernini lehnt die plastisch bewegte Architektur des inzwischen verstorbenen Francesco Borromini als Verirrung ab. Architektur und Skulptur müssen für ihn getrennt bleiben. Fontana ist weniger dogmatisch, wie die Fassade der Kirche San Marcello al Corso zeigt. Fischer, der in Rom auch Zugang zu nicht ausgeführten Projekten Berninis hat, nimmt die Werke Borrominis sicher zur Kenntnis. Er bleibt aber mit seinen Werken dem klassischen Hochbarock Berninis verpflichtet. Das Fassadenmotiv der konkaven Mittelrisalit-Wölbung ist eine schon mehrfach durch Bernini angewendete Lösung. Für Fischer ist das Motiv bei seinen ersten Wiener Projekten für Garten-Lustgebäude und Lusthäuser selbstverständlich.
Die konkav gewölbte Fassade der Kollegienkirche ist aber in ihrer dynamisch bewegten Durchbildung und in der Detailgestaltung bei Fischer eine Ausnahme. Bei ihr sind Einflüsse des einzigen Borromini-Schülers, des Theatinerpaters P. Guarino Guarini (1624–1683) vorhanden. Guarini führt den bewegten und kurvierten, von Bernini als Verirrung bezeichneten Barock weiter. Er findet mit seinen Arbeiten und Schriften vorerst in Böhmen, dann in Süddeutschland Nachfolger und ist Wegbereiter des süddeutschen Barocks. Fischer dürfte Bauwerke von Guarini kennen, sei es aus eigener Anschauung in Turin oder aus dem 1686 erschienenen Stichwerk. Bei den Turmbekrönungen der Kollegienkirche ist Guarini direkt ablesbar. Der grosse Wiener Konkurrent Fischers, Johann Lucas Hildebrandt, ist bedeutend mehr von Guarini beeinflusst. Zur Zeit der Planung der Kollegienkirche-Fassade baut Hildebrandt ab 1699 im böhmischen Deutsch-Gabel ein Kirche, die innen und aussen von der kurvierten, bewegten Architektur Guarinis durchdrungen ist. Zufall oder gegenseitige Beflügelung? Hildebrandt wird bei seinen Bauwerken weiterhin den «Verirrungen» treu bleiben, während die Schaufassade der Kollegienkirche einziges Bauwerk Fischers bleibt, das spätbarocke Ansätze aufweist.

 
Beispiele von konvex gewölbten, dynamisch bewegten Fassaden von Francesco Borromini und Guarino Guarini, welche Johann Michael Fischer aus eigener Anschauung oder aus Stichwerken kennen dürfte.
S. Carlo alle Quattro Fontane, Rom   Sainte-Anne-la-Royale, Paris   Santa Maria Ettinga, Prag   S. Filippo Neri, Casale-Monferrato   Palazzo Carignago, Turin
SanCarlinoFassade   GuariniParis   GuariniPrag   GuariniCasale   CarignanoFassade
SanCarlinoGrRiss     GuariniPragGrRiss     CarignanoGrundriss
1638–1667 von Francesco Borromini.
Bildquellen:
Foto Welleschik in Wikipedia,
Plan aus Rossi 1683.
  1662–1666 von Guarino Guarini. Die Kirche wird anders gebaut und 1823 abgebrochen
Quelle: Guarini, Disegni 1686 (Nachdruck 1737).
  Entwurf 1679 von Guarino Guarini, nicht ausgeführt.
Ettinga ist Altötting. Veröffentlichung in: Guarini, Disegni 1686 (Nachdruck 1737).
  Entwurf 1679/80 von Guarino Guarini. Die Kirche wird nicht nach seinen Plänen gebaut. Fischer übernimmt Details als Anregung. Quelle: Guarini, Disegni 1686 (Nachdruck 1737).   1679–1685 von Guarino Guarini.
Bildquellen:
Foto aus Ricci 1922.
Plan aus Brinckmann 1915.
Quellenerläuterungen
Rossi 1683
Giovanni Giacomo de Rossi: Insignium Romae templorum prospectus exterioresinterioresque a celebrioribus architectis inventi…, Roma 1683.
Guarini, Disegni 1686 Dissegni d'architettura civile et ecclesiastica inventati, e delineati dal padre d. Guarino Guarini modonese de chierici regolari theatini matematico dell'Altezza Reale di Savoia, Torino 1686. Erweiterter Neudruck 1737 unter dem Titel: Architettura civile del padre D. Guarino Guarini.
Ricci 1922 Corrado Ricci: Baukunst und dekorative Skulptur der Baockzeit in Italen. Stuttgart 1922.
Brinckmann 1915 Albert Erich Brinckmann, Baukunst des 17. und 18. Jh., Berlin 1915,


Pius Bieri 2017

 

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Anhang 1: Planung und Änderungen während der Bauphase  


Die äusseren Anbauten am Chor

Fischer scheint das Bauwerk anfänglich ohne die notwendigen dienenden Räume für den liturgischen Gebrauch zu planen. In einem Riss mit Bemerkungen, die bis heute als Forderungen des Benediktinerkollegiums und des Fürsterzbischofs nach einer Verlängerung des Chors interpretiert werden, wird die bei jeder Kirche notwendige Sakristei eingetragen.[1] Zaghaft ist auch eine Wendeltreppe angedeutet. Die Erreichbarkeit der Oratorien in den südlichen Obergeschossen, bei Fischer in den Ursprungsplanungen mittels der beiden Wendeltreppen in den Türmen nur für die nördlichen Oratorien eingetragen, scheint den zukünftigen Nutzern offensichtlich nicht geheuer.

1696   Der um 1696/98 vom Benediktinerkollegium verfasste Vergleichsplan zeigt in der oberen Hälfte  den Projektstand und unten die «alternativen Forderungen zur Vergrösserung». Die Südostkapelle ist zum Zeitpunkt des Alternativplanes  gebaut und dient hier als Grundlage des massstäblichen Vergleichs mit dem heutigen Bauwerk.

Beim Bewegen des Mauszeigers über den Plan erscheint der Vergleich des heutigen (blauen) Grundrisses mir dem (roten) Alternativplan.

Feststellungen:
Die Schaufassade mit den Türmen und der Vorhalle ist noch nicht geplant. Nicht die Vergrösserung des Bauwerkes, sondern eine Sakristei wird vom Kollegium gefordert!

Fischer nimmt die Forderungen nachträglich auf, kann oder will aber den bereits im Bau befindlichen Hauptkörper nicht mehr ändern. Er plant jetzt die zweigeschossigen, symmetrisch beidseits des Chors gelegenen Anbauten. Westlich legt er die Sakristei und als östliches Pendant die Kreuzkapelle. Dem verbindenden Raum hinter der Apsisrundung schliesst er einen Treppenhaus-Baukörper an, der wegen des grossen Fensters der Apsis nieder bleiben muss. Es sind architektonische Zwangslösungen, die nur im Grundriss wie aus einem Guss geplant erscheinen.[2] Mit diesen «Anhängseln» ist nun, nebst dem Kirchenbetrieb, auch die vernünftige Erschliessung der südlichen Oratorien im Obergeschoss möglich. Heute werden die für den Durchgang und die Paramenten-Aufbewahrung bestimmten Räume als «Festsäle» der Universität genutzt. 


Die Fassade
Die Kirchenfassade nimmt erst um 1699/1700 ihre endgültige Form an.  Im Gegensatz zu den Zwangslösungen am Chorhaupt gelangt Fischer bei der Fassade in mehreren Planschritten von der ursprünglich flachen Zweiturmfassade zu der eindrücklichen und prägenden Lösung mit dem konvex vortretenden Mittelteil.
  Perteth1701
Der 1701 gedruckte Stich «Johann Ernst Thun und seine Stiftungen» ist nach einer Zeichnung von Johann Friedrich Pereth entstanden, die kurz vor 1699 datiert ist. Hier erscheint erstmals der Mittelbau (nur in den beiden unteren Geschossen) halbrund vortretend. Zum Stich siehe auch die Biografie von Johann Ernst Graf Thun-Hohenstein in dieser Webseite.
 



Der Dachstuhl
Eher kurios wirkt die Entstehung des Dachstuhls mit seinen Abänderungen während der Bauphase. Fischer deutet in den Plänen nur Dachbegrenzungen eines flachen Mansarddaches an und überlässt die Verantwortung für die Ausführung einem salzburgischen Zimmermeister. Dieser überbrückt die grosse Spannweite (14 Meter) mittels eines Kehlbalkendaches mit liegendem Stuhl und Hängewerk. Das Dach wird deshalb steiler. Um trotzdem den Eindruck des «französischen» Daches zu erwecken, kappt der Zimmermeister die Sparren im Giebelbereich und gibt ihnen eine flachere Neigung.[3] Die Lösung zeigt die grosse Selbstständigkeit des ausführenden Meisters, der Fischer mit seinen rudimentären Kenntnissen der Zimmermannskunst nichts entgegensetzen kann. Aber noch in seinem 1725 veröffentlichten Längsschnitt stellt Fischer ein um einen Meter niedrigeres Mansarddach vor. Es hätte mit der dargestellten Konstruktion statisch nicht funktioniert.[4] Beim bereits ausgeführten Dachstuhl kann er immerhin durchsetzen, dass das Dach im Bereich des Fassaden-Frontispizes abgebrochen und durch einen aufwendigen flachen Anschluss mit Dachgraben ersetzt wird.

Pius Bieri 2017

 

 

Anmerkungen:
[1] Gebetsmühlenartig werden die Bemerkungen auf dem Plan als eine geforderte Raumvergrösserung gedeutet. Dass die kritisierte und als Vergleichszeichnung dargestellte ältere Planung gar keine Sakristei erlaubt hätte, scheint den vielen Fischer-Fans unter den Kunsthistorikern nebensächlich.

[2] Karin Uetz hat im wichtigen Beitrag «Betrachtungen zur Baugeschichte der Salzburger Kollegienkirche» in: Barockberichte 18/19 (1998) die Choranbauten und ihre Anschlüsse im Dachbereich untersucht und die nachträgliche Planung und Ausführung minutiös nachgewiesen. Fischer selbst nimmt die Anbauten in sein Stichwerk auf. Im Grundriss schreibt er zum Treppenhaus: «Eine Doppelte Grosse Schnecke auff sondere arth gemacht, wo man zu die obige Oratoria gehet». 

[3] Die Sparren sind damit nicht mehr Teil des Tragsystems, das im zweiten Stock durch ein einfaches Hänge-Sprengwerk (mit der verlängerten mittleren Hängesäule) übernommen wird. Die Gesamthöhe der mittleren Hängesäule beträgt sieben Meter oder die Hälfte der Spannweite

[4] Die statisch wirksame Höhe des im  Längsschnitt Fischers (1725) gezeichneten Mansard-Daches von ungefähr drei Meter hätte für eine tragfähige Konstruktion bei 14 Meter Spannweite nicht gereicht. Zum Vergleich: Das Mansarddach der Kirche der Sorbonne (1635–1642 von Jacques Lemercier) hat bei 9,75 Meter Spannweite eine Höhe von 540 cm. Mansarddächer mit der Spannweite der Kollegienkirche sind auch bei späteren Kirchenbauwerken nicht bekannt.

 

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