Die Meister des Bauwerks
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Georg Dientzenhofer (1643–1689) Oberuilpoint (Bayern) DientzenhoferGeorg   Baumeister (Planer?) ~1682   ~1682
Joh. Leonhard Dientzenhofer (1660–1707) St. Margarethen (Bayern) DientzenhoferLeonhard   Palier (Baumeister) ~1682   1686
Johann Schmuzer (1642−1701) Wessobrunn SchmuzerJohann   Baumeister (Planer) 1683   1683
Wolfgang Dientzenhofer (1648–1706) St. Margarethen (Bayern) DientzenhoferWolfgang   Baumeister 1692   1697
Carlo Domenico Lucchese (1663–n.1717) Melide (Tessin) LuccheseCD   Stuckateur, Altarbauer, Maler 1696   1701
Bartolomeo Lucchese (1666–n.1724) Melide (Tessin) LuccheseB   Maler, Freskant, Stuckateur 1696   ~1698
P. OPraem Hugo Straus (1706–1770) Stadtamhof StrausHugo   Klosterarchitekt 1739   1752
Ulrich Lambeck (1733–?) Schlicht b. Vilseck     Stuckateur 1760   1763
Johann Michael Wild (1717–1783) Auerbach     Freskant, Maler 1760   1763

Speinshart

Prämonstratenser-Abtei und Kirche St. Maria

Gründung 1145, Propstei bis 1459, Abtei bis 1556
Der Speinsharter Forst ist im Hochmittelalter ein bedeutendes Waldgebiet, das die Grenze des Stammesherzogtums Bayern zum Herzogtum Franken bildet.[1] In der Mitte des 12. Jahrhunderts wird hier, in einer sumpfigen Niederung beim Flüsschen Creussen, das Kloster Speinshart gegründet.[2] Die Klostertradition nennt als Gründungsjahr 1145. Stifter sind die Edelfreien Adelvolc und Richenza von Reifenberg.[3] Speinshart ist anfänglich eine Niederlassung regulierter Chorherren mit einer der «Beata Maria Virgo» geweihten Kirche.[4] Zwischen 1163 und 1181 wird der Chorherrenkonvent durch Berufung von Mönchen aus der Abtei Wilten der Prämonstratenserregel unterstellt.[5] Wie das Mutterkloster Wilten ist damit Speinshart in die Zirkarie Schwaben eingegliedert. Der ursprünglich kleine Besitz der Neugründung kann Anfang des 13. Jahrhunderts dank der Erbschaft zweier Neffen der Stifterfamilie vergrössert werden. Wertvolle Inkorporationen von Kirchen, wie 1285 derjenigen von Eschenbach, und weitere Schenkungen folgen. Der Aufbau eines geschlossenen Klosterterritoriums bleibt aber aus. Der Eigenbesitz des Klosters steht unter kaiserlichem Schutz. Mit der Übernahme von lukrativen Lehen begibt sich Speinshart im 14. Jahrhundert aber zunehmend in die Abhängigkeit der Territorialherren der Oberpfalz. Seit 1410 amtet der Wittelsbacher Johann von Pfalz-Neumarkt als Schutzvogt. Die Pröpste und die neuen Schutzherren verstehen sich gut. Während den Hussitenkriegen bleibt Speinshart im Gegensatz zu Waldsassen und Walderbach unbehelligt. Das 15. Jahrhundert ist wegen seiner fähigen Vorsteher ein Höhepunkt der vorreformatorischen Klostergeschichte.[6] 1459 verleiht der Abt von Prémontré dem Probst von Speinshart und seinen Nachfolgern die Pontifikalien. Bezeichnend für ihre Nähe zum Landesherr ist der Ehrentitel «paelatus palatinus», den Kurfürst Friedrich I. dem ersten Abt verleiht. Schnell verändert sich Anfang des 16. Jahrhunderts die Lage. 1539 hat das Kloster noch vier Chorherren. Die Reformation macht sich bemerkbar. Der 1552 eingesetzte letzte Abt und seine zwei verbliebenen Chorherren treten zur lutheranischen Lehre über. 1556 führt Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz die Reformation in der Oberpfalz endgültig durch. Das Kloster Speinshart lebt jetzt als Schule unter weltlicher Administration weiter. Ein Administrator, bis 1580 noch der inzwischen verheiratete Abt, vertritt Speinshart auf den Landtagen.

Rekatholisierung der Oberpfalz im Dreissigjährigen Krieg
1621 siegt Kurfürst Maximilian I. von Bayern in der Schlacht am Weissen Berg über den Kurfürsten und «Winterkönig» Friedrich V. von der Pfalz. Dieser verfällt in Reichsacht. Maximilian I. nutzt die Gunst der Stunde und besetzt im gleichen Jahr die Oberpfalz. Er beginnt sofort mit der Rekatholisierung. 1628 wird ihm das Land endgültig zugesprochen. In einem Religionsmandat fordert er von allen Einwohnern eine bedingungslose Rückkehr zum katholischen Glauben. Die kurzfristige Folge ist die Verwüstung der Oberpfalz durch schwedische und kaiserliche Truppen mit Höhepunkten in den Kriegsjahren 1631 bis 1635. Im Westfälischen Frieden wird die Oberpfalz als Teil Bayerns bestätigt. Die Hälfte des führenden Adels wechselt trotz verlockenden Angeboten den Glauben nicht mehr und wandert aus. Die längerfristigen Folgen sind der Verlust von wirtschaftlicher Erfahrung und von Kapital. Besser gelingt die Rekatholisierung der Bevölkerung, die mehrheitlich den alten Glauben wieder annimmt. Mit ihm hält auch der lebensfreudige und volkstümliche Barock in der Oberpfalz Einzug.
 
Wiederherstellung von acht Oberpfälzer Klöster
Die im Zusammenhang mit der Rekatholisierung naheliegende Rückgabe der Klöster an ihre Orden wird durch den Kurfürsten Maximilian I. noch verhindert. Er führt die hohen Einnahmen der Klosterherrschaften während des Dreissigjährigen Krieges seiner Hofkammer zur Deckung der Kriegskosten zu, ein Drittel muss er den zuständigen Bischöfen überlassen. Maximilian I. stirbt 1651. Der Druck der Kurie und der Orden auf seinen Nachfolger Ferdinand Maria wird nun derart gross, dass dieser die Rückgabe zügig an die Hand nimmt. Widerstand erwächst ihm jetzt vor allem vom Regensburger Fürstbischof, der auf seine Einnahmen nicht verzichten will. Als dieser 1661 stirbt, wird der Weg frei. 1669 erfolgt die Rückgabe von acht der alten Klosterherrschaften, darunter auch Speinshart, an ihre Orden. Die alte Eigenständigkeit wird ihnen allerdings abgesprochen. Sie sind nun vorerst Priorate von bayrischen Abteien. Schon diese verlieren im säkular orientierten und absolutistischen Staatskirchentum Kurbayerns immer mehr Rechte. Den Oberpfälzer Klöstern, in den Augen des Landesherrn nun ihm untergeordnete Herzogsklöster, werden aber alle politischen Rechte, insbesondere die Vertretung im Landtag, dauerhaft verwehrt.

Speinshart als Priorat von Steingaden
Als neues Mutterkloster bestimmt der Kurfürst schon 1661 die Prämonstratenserabtei Steingaden. In einer Gruppe von vier Konventualen trifft der zum Administrator und Präses bestimmte Pater Marian Steiger, Prior von Steingaden, im Dezember des gleichen Jahres in Speinshart ein. Marian Steiger ist der erste von fünf Präsiden aus Steingaden, welche zwischen 1661 und 1691 das wiedererrichtete Kloster leiten.[7] 1669 wird Speinshart dem Orden feierlich zurückgegeben. Es ist nun der Zirkarie Bayern zugehörig.

Die vorbarocke Klosterlandschaft
Die kleine Gruppe von Mönchen aus Steingaden trifft in Speinshart ein Kloster an, dessen Gebäude das vorreformatorische Aussehen bewahrt haben. Eine Vogelschauansicht mit der Überschrift «CLOSTER SPAINSHARDT ORDINIS SANCTI NORBERTI» zeigt die Klosterlandschaft von Westen. Vorlage ist eine Bestandeserfassung des 16. Jahrhunderts, welche die Gebäude mit ihrer Lage festhält, die Grössenverhältnisse aber arg vernachlässigt. Ein viergeschossiger Kirchturm steht als rustikaler Bau in Quaderwerk frei vor der Westfassade der romanischen Basilika.[8] Er hat keine Glockenstube und ein einfaches Satteldach. 1690 veröffentlicht Anton Wilhelm Ertl im Kurbayrischen Atlas Speinshart in einer Ansicht aus Nordwesten. Die Gebäude sind äusserst korrekt erfasst. Der Glockenturm mit gotischem Spitzhelm hat vier ausladende Dacherker. Derart wird er schon 1606 beschrieben. Die leider noch immer mit «um 1670» bezeichnete, oben beschriebene Vogelschaudarstellung wird damit in 16. Jahrhundert verwiesen.

Klosterneubau 1683–1689 und 1713–1715

1674 stirbt Präses Marian Steiger in Speinshart. Als sein Nachfolger wird Pater Hieronymus Hail bestimmt. Er steht als Präses dem Kloster bis 1684 vor.[9] Mit ihm setzt der Umbau der zweigeschossigen Süd- und Ostflügel zu einer einheitlich gestalteten barocken Anlage ein. Die Planung der Vierflügelanlage, deren vierter Nordflügel die Kirche ist, wird Georg Dientzenhofer zugeschrieben. Die Abfolge und Datierung der Bauarbeiten ist noch heute unklar.[10] Sie setzen zwar 1678 als Umbauarbeiten am Ostflügel an, steigen aber erst mit dem Baubeginn am Südflügel ab 1683 merklich an. Sie werden jetzt wahrscheinlich mit Berücksichtigung einer neuen Planung des Wessobrunners Johann Schmuzer weitergeführt. Dieser hält sich 1682 in Speinshart auf und liefert einen Riss, wofür er sechs Gulden erhält. Palier ist aber nach Baubeginn Leonhard Dientzenhofer, der jüngere Brüder von Georg Dientzenhofer.[11] Der Amberger Maurermeister Georg Peimbl, in der Regel Palier von Georg Dientzenhofer, dürfte diese Funktion nach 1687 übernommen haben. Wie bei vielen barocken Bauwerken ist auch in Speinshart ein pragmatisches Vorgehen bei der Planung zu beobachten, der Bauherr zieht mehrere Planer bei, die ihre Erfahrung einfliessen lassen. Pragmatisch ist auch der Umgang mit Vorhandenem. Die neuen Ost- und Südflügel übernehmen aufgehendes Mauerwerk der Vorgängerbauten. Sie sind jetzt dreigeschossig. Das Erdgeschoss verfügt über ein zusätzliches Mezzaningeschoss, ungewöhnlich für einen Klosterbau. Die Kreuzgänge weisen damit die eindrucksvolle Höhe von über sechs Meter auf.
1684 wird Präses Hieronymus zum Abt von Steingaden gewählt. Sein Nachfolger P. Augustinus Agricola setzt die begonnenen Bauarbeiten in Speinshart fort. Die Bauarbeiten sind 1689 vorläufig beendet. Die Bauabrechnung zeigt, dass die grösste Bautätigkeit in den Jahren 1684 und 1686 stattfindet.[12] Die Baukosten betragen rund 12 000 Gulden. Erst 1713–1715 folgt mit dem Bau des nördlichen und westlichen Kreuzgangflügels, und mit grösster Wahrscheinlichkeit auch des neuen Prälaturflügels, die völlige Fertigstellung.[13]

Kirchenneubau 1692–1700
Im Mai 1691 wird der seit einem Jahr als Präses tätige P. Gottfried Blum zum ersten nachreformatorischen Abt von Speinshart gewählt.[14]  Er lässt die alte romanische Basilika von Mitte Mai bis Mitte Juni 1692 abtragen und beginnt anschliessend mit dem Neubau der Klosterkirche. Als Planer zieht er Wolfgang Dientzenhofer bei.[15] Dieser entwirft ihm, wahrscheinlich nach einer älteren Planung seines Bruders Leonhard, eine Wandpfeiler-Emporenkirche. Sie ist in einen strengen Rechteckgrundriss eingeschrieben. Im Osten schliesst Dientzenhofer das Bauwerk fassadenbündig an den neuen Ostflügel an, übernimmt die Aussenbreite der romanischen Seitenschiffe und verlängert das Langhaus bis zu den Doppeltürmen. In einem der beiden Türme ist der alte freistehende Glockenturm enthalten.[16] Als westlichen Abschluss legt Dientzenhofer über eine Eingangsvorhalle mit beidseitigen Kapellen den «Abteystockh», eine zweigeschossige Prälatur, die dann allerdings erst nach dem Spanischen Erbfolgekrieg auch in die neue Abtei-Westfront integriert werden kann. Der «Abteystockh» als Westvorbau der Stiftskirche ist auch bei anderen Prämonstratenser-Kirchen[17] vorhanden. In Speinshart trägt er entschieden zum überzeugenden Gesamteindruck des Klosters mit den beiden in die Dachlandschaft integrierten Türmen bei. Die Kirche ist 1695 im Rohbau fertig.

Das Kirchenbauwerk
«In der Harmonie des Raumes liegt in erster Linie das Geheimnis der künstlerischen Wirkung des Innern der Speinsharter Kirche».[18]
Die Kirchen von Wolfgang und Leonhard Dientzenhofer sind durchwegs Wandpfeilerhallen mit Emporen. Die Speinsharter Lösung mit den über das Kranzgesims angeordneten Emporen verhilft dem Raum, ähnlich dem süddeutschen Erstlingsbauwerk in Dillingen, zu grossen Fenstern und viel Licht. Die geometrisch klare Komposition ist im Querschnitt ersichtlich. Der Grundriss, gebildet aus einem Emporenjoch zwischen den Türmen, drei Langhausjochen, dem eingezogenen, vierungsähnlich gestalteten Chorjoch und dem abschliessenden Altarjoch ist optimal in die vom romanischen Bestand vorgegebenen Bedingungen eingepasst. Auffallend sind die kräftigen, mit Doppelpilastern besetzten Wandpfeiler. Unter Verzicht auf Gurtbögen verschleift er die Joche des Langhaus-Tonnengewölbes derart, dass die flachen Gemäldezonen nun im Achsbereich der Wandpfeiler liegen.[19] Auch im Chor schafft er mit einem flachen Stutzgewölbe, der sogenannten böhmischen Kappe, ideale Voraussetzungen für die anschliessende Gestaltung mit Stuck und Fresken.

Stuck und Fresken der Brüder Lucchese
Die jochverschleifende Gewölbeausbildung erfährt durch die Stuckaturen von Carlo Domenico und Bartolomeo Lucchese eine Steigerung.[20] Der kräftige, hochplastische und weisse Stuck beherrscht den Kirchenraum. Es ist ein letztes Aufbäumen des fantasievollen und von keinen Vorlagen beeinflussten üppigen Hochbarocks in oberitalienischer Tradition. Lustvoll überspielen die Brüder Lucchese mit monumentalen Sitzfiguren die Ansätze der Stichkappen und bilden darüber mit Voluten ein zweites architektonisches Gerüst. Unzählige Putten halten das meist aus Fruchtgirlanden gebildete Rahmenwerk der Gemälde. Die letzteren werden Bartolomeo Lucchese zugeschrieben.[21] Die Fresken sind im Kolorit hell und warm, kräftige Blautöne heben sich ab. Ähnlichkeiten mit den Fresken von Carlo Antonio Bussi lassen sich nicht verleugnen.[22] Die Darstellungen beinhalten Marienszenen im Chor und Szenen der Norbert-Vita im Langhaus. Sie sind vom Abt vorgegeben und in Rissen dem Vertrag beigefügt. Dieser datiert vom August 1696. Die Vertragssumme lautet auf 4600 Gulden und hat auch den Hochaltar in Stuckmarmor zum Inhalt.[23] Die Brüder beginnen im September 1696 mit den Arbeiten. Die Zahlungen beginnen in diesem Jahr mit 341 Gulden und enden 1701 mit der Schlusszahlung von 1145 Gulden. Zur Technik ist beizufügen, dass die Brüder bei ihren Stuckaturen keinen Gips verwenden.

Hochaltar und Seitenaltäre
Der Stuckmarmor-Säulenretabel der Brüder Lucchese ist ein grosses Meisterwerk und in seiner bewegten Leichtigkeit der Zeit voraus.[24] Das Altarblatt stellt Maria mit Kind auf der Mondsichel dar, wie sie die Schlange ersticht. Diese Maria-Immaculata-Darstellung wird Antonio Triva zugeschrieben.[25] In der Kartusche über dem Altarblatt liest man die Jahreszahl 1695. Das Datum kann sich nicht auf die Aufstellung des Altars beziehen, denn dieser wird erst 1700 fertiggestellt.[26]
Die zwei Seitenaltäre und die sechs Wandpfeileraltäre sind einfacher gestaltete Stuckmarmorarbeiten mit Blättern meist ungenannter Maler. Sie sollen, obwohl ein Altarblatt noch Bartolomeo Lucchese (1697) zugeschrieben wird, erst ab 1714 aufgestellt worden sein. Gefasst werden sie sogar erst 1742. Offensichtlich sind sie aber nach älteren Entwürfen gefertigt. Ihre Aufstellung an den Wandpfeilern ist bewusst gewählt. Kulissenhaft wird so dem Eintretenden eine barocke Schaubühne präsentiert.[27]

Chorgestühl und Kirchenstühle
Gleichzeitig mit dem Hochaltar wird um 1699 im Psallierchor das Chorgestühl eingerichtet. Es umfasst 25 Stallen, obwohl der Konvent 1699 erst 11 Mitglieder zählt. Das Chorgestühl stammt wahrscheinlich von der gleichen Werkstatt wie das bekannte Gestühl von Waldsassen. Es wird mit 28 Stallen geliefert, muss dann aber wegen des fehlenden Durchgangs Richtung Kreuzgang um drei Stallen reduziert werden. Die Stallen von Speinshart sind zwar schlichter als diejenigen von Waldsassen, gehören aber trotzdem zu den hervorragenden Gestühlen des hochbarocken Akanthus-Stils.
Ausgeprägt hochbarock-plastische Akanthusranken zeigen auch die Kirchenbank-Docken zum Mittelgang. Der Akanthus rahmt plastische Darstellungen der Elemente, Putten tragen Schwerter und Leidenswerkzeuge, einzelne Wangen zeigen Abtinsignien. Hervorgehoben wird der Akanthus durch eine sanfte Farbfassung. Der Bildhauer dieser abwechslungsreich gestalteten Docken ist ebenfalls unbekannt. Die Aufstellung der Bänke fällt in die Zeit nach dem Spanischen Erbfolgekrieg.

Spanischer Erbfolgekrieg, Kirchweihe 1706
Mit der Teilnahme des bayrischen Kurfürsten im Spanischen Erbfolgekrieg auf Seite der Franzosen wird die Oberpfalz 1702–1704 Kriegsschauplatz. Die vom Kurfürsten geförderten Klöster und die Klosterdörfer sind jetzt beliebtes Ziel kaiserlicher Generäle, um Kontributionen zu erpressen. Zwar kehrt 1704, nach der Niederlage von Höchstädt, Ruhe ein. Aber auch während der bis 1711 dauernden kaiserlichen Verwaltung Kurbayerns werden in Speinshart alle Bauvorhaben und auch die weitere Kirchenausstattung zurückgestellt. Trotzdem erfolgt 1706 die Weihe der im Langhaus offensichtlich noch nicht vollendeten Kirche.

Fertigstellungen nach 1713

1711 stirbt der verdienstvolle erste Abt Gottfried Blum. Als Nachfolger wird der Otto Peisner gewählt.[28] Abt Otto führt die durch den Spanischen Erbfolgekrieg unterbrochenen Arbeiten weiter und lässt 1713–1715 auch den Konvent-Westflügel vollenden. An der Orgelempore ist sein Wappen angebracht. Dies, weil er 1716 eine neue Orgel mit 18 Registern einrichten lässt und in den folgenden Jahren die Empore zum Kirchenraum vergrössert. Das Orgelgehäuse ist mit ähnlich reichem Akanthus-Schnitzwerk wie die Kirchenbänke versehen. Es ist noch heute erhalten, während das Orgelwerk 1996 vollständig ersetzt wird.

Einheitliche Architektur der Brüder Dientzenhofer
Nach über 30 Jahren Bauzeit sind 1715 alle Gebäude des Klostergevierts vollendet. Ihre durchgehend einheitliche Gestaltung trotz der langen Bauzeit verdient Beachtung. Die Konzeptplanung wird heute nicht mehr Johann Schmuzer, sondern Georg Dientzenhofer zugesprochen. Sein Bruder Leonhard Dientzenhofer, der die Arbeiten 1683–1686 auch leitet, dürfte massgebend für die Gestaltung, vielleicht auch für die erste Kirchenplanung verantwortlich sein. Wolfgang Dientzenhofer ist dann als ausführender Planer der Kirche und dem westlichen «Abteystockh» derjenige, der die gestalterischen Vorgaben des Bruders weiterführt. Dazu zählt die ausgewogene, ruhige Fassadengliederung. Stockwerksbänder betonen die Horizontale. Selbst an der Kirchenwestfassade, am «Abteiystockh», verzichtet er auf die übliche Vertikalgliederung seiner böhmischen Lehrmeister. Erst der spätere Klosterarchitekt P. Hugo Strauss zeichnet in seiner (nicht verwirklichten) Idealplanung bei beiden Westrisaliten wieder eine Vertikalgliederung. Innerhalb der Stockwerksbänder akzentuiert (später?) eine Feldergliederung die Fensterachsen, welche mit vertikalen Rotockerfeldern betont werden. Bänder und Felder werden auch an der  Kirchenfassade konsequent durchgezogen. Damit wird er Fassade eine Harmonie gegeben, die auch bauphasenbedingte Unregelmässigkeiten überspielt.
Als nach 1713 das Klostergeviert mit dem Westflügel geschlossen wird, hält sich der ausführende Baumeister detailgetreu an die Vorgaben der Brüder Dientzenhofer und vollendet auch den architektonisch hochinteressanten Kreuzgang, dessen Ecken als oktogonalen Zentralräume ausgebildet sind.

Die Gesamtanlage und ihr Idealplan
1734 stirbt Abt Otto Peisner nach 23-jähriger Regierung. Die Zahl der Konventmitglieder ist jetzt auf 20 gestiegen. Einer der Neueintretenden unter Abt Otto ist Hugo Straus aus Stadtamhof.[29] Er leistet 1725 gleichzeitig mit Dominikus von Lieblein[30] Profess, der 1734 als Nachfolger von Abt Otto mit erst 27 Jahren zum Abt gewählt wird. Seinem Profess- und anschliessenden Studienkollegen P. Hugo Straus ermöglicht der neue Abt ein Studium der Geometrie und der Architektur in Prag und ein Studium der Rechte in Bamberg. Zurück in Speinshart, übernimmt P. Hugo Straus die Projektierung und Leitung aller Bauaufgaben der Abtei. 1739 beginnt er mit den Neubauten um den grossen Klosterhof und baut vorerst die Brauerei und das Malzgebäude. Grundlage ist eine klare Neubauplanung, die er 1749 als Kupferstich in Nürnberg drucken lässt. Nach diesem Idealplan baut er sofort nach dem Brand der Ökonomiegebäude (1746) den Nordflügel mit dem Eingangstor und den Ostflügel mit den Durchgängen zum kleineren Osthof. Dass er dabei den alten Umrissen der Anlage folgen muss, negiert er im Plan, wo er barock idealisiert eine Addition von Rechteckhöfen darstellt. Würde er nämlich derart rechtwinklig bauen, kämen einige Teile nicht auf die sichere Baugrund-Insel, sondern in nichttragendes ehemaliges Moorgebiet zu liegen. Einige der Bauwerke werden später nicht verwirklicht und oder sind weitere Idealisierung in die Stichvorlage eingeflossen. Nicht gebaut sind die Verlängerung des Südflügels nach Westen, der Neubau des Krankentraktes zwischen der Wieskapelle und der Kirche, und der Neubau des Osthofs mit der Kornscheune.

Prälatur und Bibliothek in der Rokokozeit

1760 bis 1763 lässt Abt Dominikus die Prälatur- und Gasträume im zweiten Obergeschoss des Westflügels neu ausstatten. Die Rokoko-Stuckdecken und Deckengemälde sind Werke einheimischer Künstler.[31] Der grösste Raum, das Tafelzimmer der Gäste, ist heute Musiksaal.
Die Bibliothek im zweiten Obergeschoss, am Südende des Ostflügels, nimmt in der Breite zwei und in der Länge drei Fensterachsen ein. Sie ist damit ein eher kleiner und zudem noch eingeschossiger Raum. Ihre Grösse entspricht dem bescheidenen Bücherbestand des Klosters in der Barockzeit. Umso ungewöhnlicher ist das Deckengemälde von Johann Michael Wild. Er malt es 1773. In einer illusionistischen Architekturperspektive malt er eine doppelstöckige, zum Himmel geöffnete Bibliothek mit lebhaften Szenen im irdischen und himmlischen Raum. Thema ist die Verbundenheit des Ordens mit der Wissenschaft. Um aber das Bild im realen Raum zu erfassen, müsste dieser ein Stockwerk mehr haben. Diese doppelte Höhe des Raumes bleibt entweder Wunsch, oder bei den grossen und unbekannten Eingriffen des 19. Jahrhunderts wird ein Zwischenboden eingezogen.

Säkularisation

Schon 1796 werden am Münchner Hof Planungen für die Auflösung aller oberpfälzischen Konvente vorangetrieben. Der hochverschuldete bayrische Staat sieht darin keine Enteignung.  Die Klöster seien ja schon seit der Reformation aufgehoben. 1669 habe das Kurfürstentum den Orden nur die Gebäude, Güter und grundherrlichen Rechte restituiert und fordere sie jetzt lediglich zurück. Schon 1801 verbietet der Kurfürst deshalb neue Abtswahlen. Anfang 1802 erfolgt die administrative Unterstellung durch den Staat. Im Februar 1803 beginnt die eigentliche Vermögenssäkularisation. Im Juni des gleichen Jahres wird der Besitz versteigert. Der letzte Abt Dominikus Wagner,[32] zwanzig Konventualen und zwei Laienbrüder müssen Speinshart verlassen, erhalten eine Pension oder übernehmen Pfarrstellen.

Gebäudeschicksale nach der Aufhebung
Die Stiftskirche wird Pfarrkirche der neuen Pfarrei Speinshart.[33] Die Baupflicht trägt seither der Staat.
In das unverkäufliche Konventgebäude werden das Rentamt Eschenbach, die Pfarrwohnung und eine Volksschule eingerichtet. Diese Nutzung verhindert einen vollständigen Abbruch. Nur der nördliche Kreuzgangflügel wird abgebrochen. Allerdings sind heute viele Räume durch Umbauten zerstört.
Die den Klosterhof bildenden Gebäude, nach 1803 an Private verkauft, werden umgenutzt, zweckentfremdet und teilweise abgebrochen. Zudem wird die Strasse von Tremersdorf nach Neustadt durch den Klosterbezirk verlegt.

Neubelebung 1921
1921 kann der Prämonstratenserorden die Konventgebäude vom neuen Freistaat Bayern zurückerwerben.[34] Speinshart wird 1923 von Prämonstratensern des ehemals böhmischen und seit 1918 tschechoslowakischen Klosters Tepl besiedelt.[35]   Vorerst bleibt es Priorat von Tepl. Seit 1944 wird Speinshart wieder als Abtei bezeichnet, aber der kleinen Gemeinschaft von fünf Chorherren und zwei Fraters steht kein Abt, sondern ein Administrator vor. Es ist seit 2006 der Abt des Klosters Windberg in Niederbayern.[36]

Gebäuderestaurierungen
Die Klosterkirche wird im 18. Jahrhundert ohne spätbarocke Eingriffe gut unterhalten und bleibt auch im 19. Jahrhundert vor «Restaurationen» verschont. Erstmals am Anfang des 20. Jahrhunderts, dann 1959–1963 und neuestens 2008–2011 wird die Raumschale restauriert. Gleichzeitig erfolgt auch eine Aussenrestaurierung der Kirche. Die Farbgebung der Kirche wird Vorbild für die gleichzeitig laufende Fassadenrestaurierung der Konventgebäude. Diese soll bis 2016 beendet sein. Damit ist eine seit 1996 dauernde Sanierungstätigkeit beendet, zu denen auch die Ökonomiegebäude um den grossen Klosterhof gehören.

Pius Bieri 2015

Wichtigste benutzte Literatur zu Speinshart:

 

Eder, A.: Geschichte des Klosters Speinshardt, in: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg, Band 25. Regensburg 1868.

 

Hager, Georg: Die Kunstdenkmäler des Königreiches Bayern, zweiter Band, Regierungsbezirk Oberpfalz und Regensburg, Bezirksamt Eschenbach. München 1909.

 

Scherl, Josef.: Die Grundherrschaft des Klosters Speinshardt, seine wirtschaftliche Betätigung und seine rechtliche Stellung bis zu seiner 1. Säkularisation, in: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg, Band 90. Regensburg 1940.

 

Gürth, P. Alcuin Heribert OSB: Über Wolfgang Dientzenhofer. Dissertation, in: Verhandlungen des historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 99, 1958.

 

Mörtl, Adolf: Das barocke Kloster, in: 850 Jahre Prämonstratenserabtei Speinshart, 75 Jahre Wiederbegründung durch Stift Tepl 1921–1996. Ausstellung in der Prämonstratenserabtei Speinshart. Ausstellungskatalog. Regensburg 1996.

 

Müller, Winfried: Die zweite Auflösung der Abtei Speinshart, in: 850 Jahre Prämonstratenserabtei Speinshart, 75 Jahre Wiederbegründung durch Stift Tepl 1921–1996. Ausstellung in der Prämonstratenserabtei Speinshart. Ausstellungskatalog. Regensburg 1996.

 

Wartena, Sybe: Die süddeutschen Chorgestühle von der Renaissance bis zum Klassizismus. München 2008.

 

Hartig, Michael: Speinshart, Prämonstratenserkloster und Pfarrkirche. Kleine Kunstführer 557. Regensburg 1951 (2014).

 

360 Grad Panoroma Klosterhof: http://www.kloster-speinshart.spitzen-tech.de/

Anmerkungen:
[1] «Silva Speicheshard, quae Bavariam e Francia dividit» schreibt Adalbert von Utrecht in der «Vita s. Heinrici II imperatoris» um 1010–1026. Das Gebiet ist zu dieser Zeit noch kaum besiedelt. 1108 kommt es  als Schenkung in den Besitz des Hochstifts Bamberg, welches schon 1119 das Kloster Michelfeld gründet.

[2] Die Lage im Sumpfgebiet ist geologisch bedingt. Das Kloster liegt auf einer trockenen Muschelkalkplatte mit dem Umfang der Klostermauern des barocken Klosters. Siehe dazu den Lageplan.

[3] Die Stammburg des Geschlechtes liegt fünf Reitstunden westlich, bei Forchheim. Der Bruder der beiden Stifter, Eberhard, wird zur Zeit der Gründung Fürstbischof von Bamberg. Zwei Neffen, die Brüder Reinold und Eberhard von Reifenberg, fallen 1290 im 3. Kreuzzug. Speinshart kommt Anfang des 13. Jahrhunderts in den Besitz ihres Erbes.

[4] Das Marienpatrozinium ist im 17. Jahrhundert auch Maria de Victoria, später nur noch Maria Immaculata.

[5] Wilten bei Innsbruck ist bis 1138 ebenfalls ein Konvent regulierter Chorherren und wird durch Berufung von Mönchen aus Rot an der Rot (bei Memmingen) in den Ordensverband der Prämonstratenser eingegliedert. Die übliche Darstellung, dass Speinshart von Wilten gegründet sei, trifft damit erst für das letzte Drittel des 12. Jahrhunderts zu.

[6] Die vorhandenen Geschichtsquellen beschreiben nur die wirtschaftlichen Erfolge der Pröpste und Äbte der vorreformatorischen Zeit. Über den Konvent dieser Zeit ist so gut wie nichts bekannt. Die Zahl der Chorherren, meist dem Ritteradel entstammend, dürfte kaum das 1522 genannte Dutzend überschreiten.

[7] Lebensdaten dieser eminent wichtigen Persönlichkeiten für den Wiederaufbau von Speinshart sind leider, mit Ausnahme des ersten Abtes Gottfried Blum, nicht erforscht. Die Reihe der Präsiden von Speinshart lautet:
1. P. Marianus Steiger (Präses 1661–1674).
2. P. Hieronymus Hail (Präses 1674–1684, dann 1684–1687 Abt in Steingaden).
3. P. Augustinus Bauer oder Agricola (Präses 1684–1687, dann 1687–1699 Abt in Steingaden.
4. P. Benediktus Heim (Präses 1687–1690). 5. P. Gottfried Blum (Präses 1690–1691, Abt in Speinshart 1691–1711).

[8] Die drei Schiffe der romanischen Basilika enden im Osten mit einer Apsis. Ein Querhaus fehlt. Die Kirche dürfte in Grösse und Grundriss der Stiftskirche von Ursberg nahekommen.

[9] Seine Lebensdaten sind gelöscht. Dies, weil er 1687 als Abt von Steingaden das Kloster verlässt und zum reformierten Glauben übertritt. «Hieronymos Apostatae et multorum millium Furi succedit in Ababatia Staingadiensi A. R. P Augustinus Agricola anonice electus» schreibt der Chronist von Ettal für den 1. Oktober 1687.

[10] Dendrochronologische Untersuchungen sind offensichtlich auch bei der kürzlich erfolgten Restaurierung unterlassen worden. Deshalb schwankt die Datierung für die Fertigstellung des Westflügels noch heute zwischen 1689 bis 1715.

[11] Johann Leonhard Dientzenhofer (1660–1707, siehe Biografie). Er plant 1686 die Kirche von Trautmannshofen, die dann der Bruder Georg Dientzenhofer (1643–1689, siehe Biografie) ausführt und welche anschliessend Wolfgang Dientzenhofer (1648–1706, siehe Biografie) fertigstellt. Nach 1686 übernimmt Leonhard Dientzenhofer die Bamberger Jesuitenkirche und den Klosterneubau in Ebrach, ist aber noch im gleichen Jahr auch in Speinshart tätig, wie dies im Vertrag von Trautmannshofen (4. Juni 1686) mit «Leonhardt Dinzenhofer zu Speinshardt» umschrieben ist.

[12]  Ausgaben für den Klosterneubau 1679 bis 1689 (vergrössern!): Ausgaben

[13] Der alte Prälaturtrakt, dessen Westfassade ungefähr an Stelle der Innenwand des heutigen West-Kreuzgangs zu suchen ist, wird gemäss Eder und Mörtl erst bis 1715 durch den vorgelagerten heutigen Westtrakt ersetzt. Die Baukosten von 12 000 Gulden ergeben für zwei Flügel einen Kubikmeterpreis von rund einem halben Gulden, was etwa dem Kostenantrag von Raitenhaslach (1688: 0,41 Gulden) oder von Neresheim (1699–1714: 0,7 Gulden) entspräche. Ein dritter Flügel wäre in diesem Kostenrahmen tatsächlich nicht machbar. Der Bau könnte zusammen mit dem Kirchenneubau und dessen westlichem Prälaturvorbau nach 1697 zwar begonnen, dann aber nach dem Übergreifen des Spanischen Erbfolgekrieges  eingestellt worden sein. Deshalb ist die überlieferte Datierung des Westflügelbaus mit 1713–1715 richtig.

[14] Gottfried Blum (1652–1711), von Seeon, 1681 Profess in Steingaden, 1690 Präses in Speinshart, 1691-1711 Abt.

[15] Wolfgang Dientzenhofer siedelt 1689 von Prag nach Amberg über. Mit dem Wegzug seines vorher in Amberg wohnhaften Bruders Leonhard nach Bamberg (1686) und dem Tod seines Bruders Georg (1689) übernimmt er die laufenden Bauwerke in der Oberpfalz, zu denen trotz des Beizugs von Johann Schmuzer (1682) auch Speinshart zählen darf. Siehe auch die Anmerkung 11 und die Biografie auf dieser Webseite.

[16] Gemäss «Dehio» (2008) ist es der südliche Glockenturm, die Darstellung des 16. Jahrhunderts und der Stich von 1690 stellen allerdings eine nördliche Lage dar.

[17] Die gleiche Anlage ist auch in Ursberg und Schussenried zu finden.

[18] Georg Hager in: Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern (1909).

[19] Ebenfalls auf Gurtbögen verzichtet Dientzenhofer in der Benediktiner-Klosterkirche Michelfeld (1689–1695). Hier ist aber keine Jochverschleifung vorhanden, das heisst die flache Gemäldezone befindet sich wie bei Gurtbögen-Unterteilungen in der Jochmitte, während diese in Speinshart in der Jochachse ausgebildet ist. Ein Zusammenhang mit der ausgeprägten Architektursprache in Anlehnung an Borromini und Guarini, welche Christoph Dientzenhofer ab 1700 in Prag übernimmt und welche Johann Dientzenhofer 1710–1716 in Banz erstmals im süddeutschen Raum anwendet, dürfte aber nicht bestehen.

[20] Zu den Brüdern Lucchese aus Melide bei Lugano siehe die Biografie in dieser Webseite.

[21] Nur ein Passus im Vertrag von 1696 weist auf Bartolomeo als Maler hin. Nebst Speinshart werden ihm auch die Fresken im Riesensaal des Schlosses Ehrenburg in Speinshart zugeschrieben. Anschliessend arbeitet er in Thüringen ausschliesslich als Unternehmer im Generalakkord und engagiert für die Fresken seinen Schwager Castelli.

[22] Carl Antonio Bussi (1658–1690) aus Bissone ist Schwiegersohn von Carpoforo Tencalla und bekannt für die Fresken im Dom von Passau. Er malt Kirche San Carpoforo in Bissone um 1682/83 aus. Bissone ist Nachbardorf von Melide. Bartolomeo Lucchese könnte bei ihm gelernt haben.

[24] Der Hochaltar in Speinshart soll vom Agnesaltar im Dom zu Passau (1693, Giovanni Battista Carlone) beinflusst sein.

[25] Antonio Domenico Triva (1626–1699) aus Reggio Emilia, seit 1670 Hofmaler in München. Die Zuschreibung im «Dehio» (2008) ist allerdings nicht nachvollziehbar.

[26] Die Inschrift verwirrt die jüngere Kunsthistorikergeneration derart, dass sie weder den Vertrag von 1696 noch die Abrechnungen bis 1701 beachten. Es gäbe auch keinen Sinn, einen Hochaltar in die feuchte Rohbauumgebung, noch vor der Stuck- und Freskenausstattung, aufzustellen. Die hat schon Georg Hager 1909 erkannt. Siehe dazu die bei Hager aufgeführten Bemerkungen zum Vertrag und die Datierung der Zahlungen.

[27] Das beabsichtigte «theatrum sacrum» könnte mit den an die Aussenwand versetzten Kapellenaltären nach italienischer Art nicht erreicht werden.

[28] Otto Peisner oder Peissner(1680–1734) von Auerbach, Abt in Speinshart 1711–1734.

[29] P. Hugos Straus oder Strauss (1706–1770) aus Stadtamhof vor Regensburg, Profess 1725, Studium der Philosophie in Waldsassen, der Theologie in Neustift und Ingolstadt, Primiz 1730. 1736 Studium der Mathematik und Baukunst in Prag, anschliessend Studium der kanonischen Rechte in Bamberg. In Speinshart ist er Professor, Cellerar, Ökonom, Prior, Archivar, Sekretär des Abtes. Er hat den Titel eines apostolischen Notars.

[30] Dominikus von Lieblein (1707–1771) aus Geiselwind im Steigerwald, Profess 1725, Studium der Philosophie in Waldsassen, Theologie in Ingolstadt und Bamberg, 1731 Priesterweihe in Würzburg, 1734–1771 Abt von Speinshart.

[31] Stuck: Ulrich Lambeck aus Schlicht bei Vilseck (geb. 1733). Deckenbilder: Johann Michael Wild (1717–1783) von Auerbach, Bürger von Amberg.

[32] Dominikus Wagner (1754–1824) aus Schwandorf, Abt in Speinshart 1794–1803.

[33] Die neue Pfarrei umfasst die Bewohner des Klosterbezirks und die Höfe um Speinshart sowie die Dörfer Tremersdorf und Bibrach. 1804 zählt dieser Pfarrverbund 1417 Seelen. Noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist ausserhalb der ehemaligen Klosterringmauern kein neues Gebäude gebaut. Die heutige ungeordnete Häuserlandschaft nördlich des Klosters entsteht erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts.

[34] Der Kaufpreis beträgt 200 000 Reichsmark, vor der nun ansetzenden Hyperinflation ein guter Kauf.

[35] Tepl (Teplá) liegt 15 Kilometer östlich von Marienbad oder 100 km östlich von Speinshart. 1948–1990, unter der kommunistischen Herrschaft, ist das Kloster Volkseigentum und wird als Kaserne genutzt. Es wird anschliessend wieder von Prämonstratensern besiedelt.

[36] Abt Hermann Josef Kugler, seit 2003 Abt in der Prämonstratenserabtei Windberg, welche ebenfalls (1923) neu besiedelt wird.

 

 


Kirchenbänke
   
Bank1   Bank2   Bank3

Die Kirchenbänke von Speinshart werden erst nach dem Spanischen Erbfolgekrieg erstellt. Die Bankdocken zum Mittelgang zeigen bei jedem zweiten Paar die Leidenswerkzeuge Christi, gehalten von Putten. Ausgeprägt hochbarock-plastische Akanthusranken rahmen die Darstellungen. Hervorgehoben wird der Akanthus durch eine sanfte Farbfassung. Der Bildhauer dieser abwechslungsreich gestalteten Docken ist unbekannt.
Foto: Bieri 2016.

     
Barbaraberg    
Barbaraberg   Babaraberg2
Die Wallfahrtskirche auf dem Barbaraberg bei Speinshart ist schon auf der Vogelschaudarstellung des Klosters im Zustand des 16. Jahrhunderts als Sacellum S. Barbarae in Monte festgehalten. Sie wird 1741–1756 neu gebaut, wie sie dann auch im Stich des Klosters von 1749 wieder dargestellt ist. Vom böhmisch geprägten Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes ist  heute nur noch die Westfassade erhalten. Planer und Bauleiter des architektonisch ungewöhnlichen, aber im 19. Jahrhundert abgebrochenen Bauwerks ist der Speinsharter Pater Hugo Straus. Im Türsturz ist der Wappenschild des Abtes Dominikus von Lieblein angebracht, als Vereinigung des Konvent- und Klosterwappens (oben, Maria und Turm) mit dem persönlichen Wappen des Abtes (Schrägbalken mit drei Lilien, begleitet von Sternschnuppe und flammendem Herz). Über dem Sturz ein Kartusche mit dem kaum mehr lesbaren Chronogramm der Jahreszahl 1770.
Foto: Bieri 2016.

 


  Prämonstratenser-Abtei Speinshart  
  Speinshart2
 
Ort, Land (heute) Herrschaft (18.Jh.)
Speinshart, Bayern D Kurfürstentum Bayern

Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Regensburg 1678/1683
Bauherr und Bauträger
Präses P. Hieronymus Hail (reg. 1674–1684)

Präses P. Augustinus Agricola (reg. 1684–1687)

Abt Gottfried Blum (reg. 1690–1711)

Abt Otto Peisner (reg. 1711–1734)

Abt Dominikus von Lieblein (reg. 1734–1771)
 
  Die Prämonstratenser-Abtei Speinshart von Süden gesehen.
Foto 2016 Bieri.
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SpeinshartLageplan
Lageplan der Abtei Speinshart um 1800. Für Vergrösserung (Legende) bitte anklicken!  
   
SpeinshartStifter
Das Stifterbild an der Decke der Vorhalle zur Kirche verweist auf die Gründung. Zu sehen sind die Stifter Adelvolc und Richenza, welche das Kirchenmodell tragen. Im Vordergrund knien zwei Brüder der Stifterfamilie, welche das Kloster der Muttergottes widmet. Ein Knappe mit Pferd zeigt das Stifterwappen. Stuckputten tragen Spruchbänder mit der Gründungsgeschichte. Das Fresko hat ein spätmittelalterliches Tafelgemälde zum Vorbild.  
SpeinshartAlt
«CLOSTER SPAINSHARDT ORDINIS SANCTI NORBERTI» ist die Vogelschauansicht des Klosters betitelt. Sie zeigt das Kloster, trotz des verfänglichen Titels, im Zustand vor 1600. Dies, weil der Kirchturm schon 1606 nicht mehr in dieser Art vorhanden ist. Siehe dazu die Erläuterung und Legende in der Vergrösserung. Bitte anklicken.  
Speinshart1690
Anton Wilhelm Ertl stellt im Kurbayrischen Atlas von 1690 Speinshart in jeder Hinsicht korrekt dar. Die Klosteranlage ist aus Nordwesten gesehen. Siehe dazu die Bezeichnungen und Erläuterungen in der Vergrösserung. Bitte anklicken.  
SpeinshartGrRiss
Der Grundriss des barocken Zustandes basiert auf einem Plan in: «Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern» (1909). Bitte für Legende und Erläuterung anklicken.  
Speinshart1749
1749 wird dieser Idealplan der Klosteranlage Speinshart nach einer Vorlage des Klosterarchitekten Pater Hugo Straus in Kupfer gestochen. Straus ist auch der Planer der erweiterten Anlage. Sie zeigt die weitgehend schon nach seinem Plan ausgeführten Bauten des Klosterhofs. Nur die Verlängerung des Abtei-Südflügels wird später nicht ausgeführt. Im Hintergrund ist die ebenfalls von P. Hugo Straus gebaute Wallfahrtskirche Barbaraberg zu sehen. Zum Beschrieb des Kupferstiches und der Legende gemäss «Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern» (1909) bitte das Bild anklicken. Original: 337 x 282 mm. Museen der Stadt Regensburg.
 
SpeinshartBautafel
Die Westfassade des Klosters mit dem «Abteistock» vor der Kirche und dem Prälaturflügel, wie er bis 1715 fertiggestellt wird.
Bild: Bieri (Bautafel 2011).
 
Speinshart3
Kirche und Kloster aus Nordwesten.
Bild: Bieri 2016.
 
Speinshart7
Das Klostergeviert aus Nordosten gesehen.
Bild: Bieri 2016.
 
Speinshart13
Ausschnitt aus der 1714 fertiggestellten Prälaturfassade mit dem Haupteingang, der allerdings gemäss dem (kaum mehr lesbaren) Chronogramm erst 1685 unter Abt Hermann Joseph von Brodreis gebaut wird.
Bild: Bieri 2016.
 
Speisnahert13 Ausschnitt
Das Chronogramm lautet:
SVB PERILLVSTRI PRAEVLE HERMANNO ITA AEDIFICATA EXSVRGO.
Es ergibt MDCLLLXVVVVIIIII gleich MDCCLXXXV (1785).
Der Wappenschild des Abtes zeigt oben die üblichen zwei Wappen der Abtei. Heraldisch links ist es das Klosterwappen, der Turm der Reifenberger. Heraldisch rechts ist die Muttergottes dargestellt. Sie ist wahrscheinlich das Wappen des Konventes und erscheint vielfach auch als Wappenbekrönung. Unten ist das persönliche Wappen des Abtes zu sehen.
Bild: Bieri 2016.
 
Speinshart6
Der Kircheninnenraum ist mit Ausnahme der Altäre im Langhaus seit 1700 unverändert geblieben. Er lebt vom hochbarocken Stuck und den Fresken der Brüder Lucchese.
Bild: Bieri 2011.
 
Speinshart8
Abt Otto Peisner bestellt 1716 eine neue Orgel und vergrössert um diese Zeit auch die Orgelempore, auf der sein Wappen angebracht ist. Heute ist nur noch das reich mit Akanthus-Schnitzwerk versehene Gehäuse original, das Orgelwerk (18 Register) wird 1996 mit 23 Registern neu gebaut.
Das Fresko über der Orgel stellt den Aufenthalt des hl. Norbert (im Rittergewand mit Federhut) bei Abt Kuno in Siegburg dar.
Bild: Bieri 2011 .
 
SpeinshartSchnitt
In: «Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern» (1909) ist der Kirchenquerschnitt mit der Dachstuhlkonstruktion des Langhauses dargestellt. Die ausgewogenen Proportionen der Wandpfeiler-Emporenhalle sind eingetragen. Hochinteressant ist auch die Dachstuhllösung von 1694/95. Ein mit dem doppelt liegenden Dachstuhl verbundenes Hängesprengwerk sorgt für die Kräfteableitung in die Wandpfeiler.  
Speinshart10
Im Langhaus sind die Wandpfeiler mit den Emporen bündig, durch das kräftige Pfeilergebälk aber stark betont.
Bild: Bieri 2016.
 
Speinshart9Wiki
Der Chorraum ist querschiffartig ausgeweitet. Die Emporen sind doppelt angeordnet und treten zurück.
Bild: Tilmann2007 in Wikipedia
 
Speinshart5
Der Hochaltar von Carlo Domenico Lucchese ist zwar mit dem Datum 1695 versehen, wird aber erst 1700/01 aufgestellt. Er ist ein aussergewöhnlich reifes und schon in den Spätbarock weisendes Meisterwerk. Im Deckengewölbe des Altarraums ist das Mittelfresko der Krönung Mariens zu sehen. Es ist von 13 Scheitel- und Spickelfresken mit musizierenden Engeln umgeben.
Bild: Bieri 2011.
 
Speinshart11
Ein Blick vom Chorbogen in das Gewölbe (böhmischen Kappe) des Psallierchors, mit dem Stuck und den Fresken der Brüder Lucchese. Das Hauptfresko zeigt Mariä Himmelfahrt. Die Ausführung aller Stuck- und Freskenarbeiten erfolgt genau nach dem zweiten Vertragspunkt im Vertrag von 1696. Zum Vertrag.
Bild : Bieri 2016.
 
Speinshart4
Dank dem Verzicht auf Gurtbögen kann Baumeister Leonhard Dientzenhofer das Langhausgewölbe jochverschleifend überwölben. Mit ihrem fantasievollen Stuck steigern die Brüder Lucchese die Wirkung. Die beiden Hauptfresken stellen in Chorrichtung (unten) die Bekehrung des
hl. Norberts und in Langhausmitte (oben) seine Einkleidung durch die Muttergottes und den Empfang der Ordensregel durch den hl. Augustinus dar.
Bild: Bieri 2016.
 
Speinshart12
Am Klostertor verweist ein Chronogramm auf den Grossbrand von 1746, welcher die Osthälfte des grossen Klosterhofs vernichtet.  
HIC
stetIt IgnIs qVI XXX
D
eCeMbrIsest ortVs
 
Das Chronogramm ergibt MDCCXXXVVIIIII gleich MDCCXLVI (1746), oder übersetzt: Hier blieb das Feuer stehen, das am 30. Dezember 1746 ausbrach.
Foto Bieri 2011.
 
Speinshart16
Auf den Brand von 1746 weist ein weiteres Chrongramm an den ehemaligen Pferdestallungen hin.  
EqVILe, atqVe partIs hVIVs
anneXa habItatIo tota negLIgentIa
serVI perIere ab Igne, DeCeM
brI
 
Das Chronogramm ergibt MDCLLVVVVVIIIIIIIIIII gleich MDCCXLVI (1746), oder übersetzt: Der Pferdestall und alle damit verbundenen Wohnungen
dieses Teiles wurden wegen der
Nachlässigkeit des Knechtes durch das Feuer im Dezember 1746 zerstört.
Foto: Bieri 2016.
 
Speinshart14
Mit dem Wiederaufbau der Trakte nach dem Brand hat sich der Klosterbaumeister P. Hugo Straus verdient gemacht. Auch die an die Pferdestallungen angrenzende Wieskapelle (erbaut 1747–1752) ist sein Werk.
Foto: Bieri 2016.